Vom Pflege-Azubi zum Blogger
Die Tasten klappern. Die Auszubildende Jana Wernitz schreibt konzentriert an einem Artikel. Die 38-Jährige macht jedoch keine Ausbildung zur Redakteurin - nein, sie ist Pflegeschülerin und möchte Altenpflegerin werden. In ihrem Beitrag geht es um medizinische Fachbegriffe, die aktuell im Berufsschulunterricht am Katholischen Schulzentrum Edith Stein in Berlin vermittelt werden. Ihr Artikel wird, wenn dieses Heft erscheint, zu lesen sein auf http://blog.caritas-pflegeazubi.de.
Jana Wernitz ist eine von sieben Pflegeschüler(inne)n der Berliner Caritas Altenhilfe, die seit März über ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft im Internet bloggen. Mit der Idee "Azubi-Blog" hatte sich die Caritas Altenhilfe Berlin im Frühjahr 2015 auf eine Ausschreibung des Deutschen Caritasverbandes (DCV) für ein "Digital-Labor" beworben und gewonnen.1 Die Idee ist ein deutschlandweiter Blog, auf dem Pflegeazubis der Caritas über ihre Erlebnisse und Erfahrungen schreiben, politische Entwicklungen diskutieren und über Vorurteile gegenüber dem Pflegeberuf aufklären. Darüber hinaus erhält der Leser ein Bild der Pflegeausbildung bei der Caritas. Auch Eva Maria Henze ist eine der Bloggerinnen und im zweiten Lehrjahr ihrer Altenpflegeausbildung. "Ich finde es wichtig", sagt sie, "die Pflegeausbildung sichtbar zu machen. Wir brauchen dringend Nachwuchs. Der Blog kann helfen, dass der Beruf attraktiver wahrgenommen wird." Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes geben ihr recht. Bis 2025 werden in Deutschland rund 112.000 Fachkräfte in der Alten- und Krankenpflege fehlen. Viele Träger setzen auf die Ausbildung des eigenen Fachkräftenachwuchses. So auch die Caritas Altenhilfe in Berlin. 73 Auszubildende werden dort derzeit zur Pflegefachkraft ausgebildet. Die Ausbildung eröffnet Zukunftsperspektiven. Wichtig ist aber ein realistisches Bild des Pflegeberufs. Pflegen kann nicht jeder. Genau das soll der Blog vermitteln.
Von der Idee zum Konzept
Die Idee fand auch der DCV interessant. Nun musste aus der Idee noch ein Projekt werden. Hierfür gab es Unterstützung von Dorothée Quarz, Social-Media-Redakteurin im Berliner Büro des DCV, sowie der Geschäftsführerin der Berliner Agentur Wigwam, Maike Janssen. Im Sommer und Herbst 2015 fand das Digital-Labor statt. Von Anfang an waren die Auszubildenden der Caritas Altenhilfe mit an Bord.
Wie soll so ein Azubi-Blog aussehen? Was möchten wir über unseren Beruf und die Ausbildung mitteilen? Unter welchen Kategorien oder Formaten sollen Themen erzählt werden? Wie bringen wir andere dazu, mitzumachen? Dies waren die Fragen, die beim ersten Termin bearbeitet wurden. Alle Facetten des Berufes sollen auf dem Blog Platz finden.
Handwerkszeug gehört dazu
Am zweiten Workshop-Tag gingen die sieben Pflegeschüler(innen) direkt in die Praxis. In der Tagespflege des Seniorenzentrums Kardinal Bengsch in Berlin-Charlottenburg schossen sie Fotos, drehten Videos und tippten danach ihre ersten Texte. Ganz nach dem Motto "Learning by doing" übten die Teilnehmenden gleich das Einstellen der Inhalte auf der Blog-Plattform. Aus den Azubis wurden an nur einem Tag Blogger(innen).
Auch kritische Aspekte der Ausbildung wurden besprochen. Eine Auszubildende verfasste einen Artikel unter der Überschrift "Lehrjahre sind keine Herrenjahre". Darin kritisierte sie die Haltung manch eines Ausbilders gegenüber Auszubildenden. Auch Auszubildende anderer Berufssparten können sich hier wiederfinden. Denn dass man als Auszubildender auch schnell mal in die Rolle des Handlangers gerät, ist vielen nicht neu. Die Autorin hatte jedoch Bedenken, ob sie mit ihrem Artikel ihrem Dienstgeber schaden würde. Auf dem Blog sollen jedoch auch kritische Themen angesprochen werden. Das richtige Sprach- und Feingefühl sind hier wichtig. In diesem Zusammenhang wurden auch Themen wie Persönlichkeits- und Urheberrechte besprochen.
Caritas Stuttgart steigt ein
Aus Stuttgart kam zum zweiten Termin auch Sabine Eisele hinzu, Verantwortliche für die Auszubildenden des Caritasverbandes Stuttgart. Sie hatte durch die Digital-Werkstatt des DCV vom Berliner Projekt erfahren. An der Blog-Idee gefalle ihr, dass Auszubildende mitteilen können, was sie in der Ausbildung beschäftigt. Nebenbei können sie lernen, wie man Texte schreibt, Videos und Fotos bearbeitet - Fähigkeiten, die auch außerhalb des Berufes nützlich sind. Ihre Begeisterung nahm sie mit zurück nach Stuttgart. Schnell wurde dort entschieden, in das Projekt einzusteigen.
Nicht nur Interessierte an einer Pflegeausbildung sind Zielgruppe des Blogs. Auch Pflegeprofis können durch Kommentare den Austausch bereichern und die angehenden Fachkräfte in ihrer Berufswahl stärken. "Schön wäre, wenn wir mit dem Blog eine richtige Community der Pflegenden aufbauen könnten", schwärmt Eva Maria Henze. Sie hofft, dass viele Caritasverbände über ihre Kommunikationskanäle auf den Blog verweisen und sich viele zum Mitmachen finden.
Auf dem Weg ins Internet
Der Blog setzt auf Freiwilligkeit und Motivation. Mitmachen soll einfach sein und
bei Schwierigkeiten muss es schnelle Hilfe geben, zum Beispiel durch praktische Anleitungen und Telefon-Coachings. Überschaubarer Aufwand und Spaß stehen im Vordergrund.
Die Überlegungen gehen weiter: Angedacht sind quartalsweise Themen-Workshops, ein Blogger-Stammtisch oder Jahrestreffen - irgendwann dann hoffentlich für Blogger aus verschiedenen Diözesan- und Ortsverbänden der Caritas.
Anmerkung
1. Siehe www.caritas-digital.de/azubi-blog sowie www.caritas-digital.de/digital-werkstatt
Schöne neue Welt – und die Caritas mittendrin
Soziale Arbeit braucht digitale Medien
Unverzichtbar gut
Bei den Transparenzstandards ist noch Luft nach oben
Jung, ideenreich und gut vernetzt
Personal frühzeitig planen
Der Pflegenotstand ist real
Im Auftrag der Leser
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