Mehr tun für Langzeitarbeitslose und ältere Migranten
Der neue Europäische "Caritas Cares Report" wurde Mitte April von Caritas Europa vorgestellt. Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht beschreibt Herausforderungen im Bereich Armut und soziale Ausgrenzung in der Europäischen Union. Er gibt Empfehlungen, wie diesen Herausforderungen politisch begegnet werden kann. Ein besonderer Fokus liegt auf den Themen "Armut trotz Erwerbstätigkeit" und "Langzeitarbeitslosigkeit". Der Bericht und die Empfehlungen gründen auf Länderberichten von 21 verschiedenen Mitgliedsorganisationen der Caritas, die einerseits Erfahrungen der Caritasverbände und andererseits offizielle Daten beinhalten. Er soll dazu beitragen, dass die Themen Armut und soziale Ausgrenzung in der Europäischen Union trotz der in vielen Ländern sehr schwierigen Ausgangslage wahrgenommen und die sozialen Ziele der EU-2020-Strategie weiterverfolgt werden.
Einer von dreien ohne Grundsicherungsleistungen
Im "Caritas Cares Bericht" für Deutschland wird der Deutsche Caritasverband dargestellt sowie seine Arbeit für Menschen, die armutsgefährdet sind und in sozialer Ausgrenzung leben. Folgende Probleme werden besonders thematisiert:
- die strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit,
- die Tatsache, dass einer von drei anspruchsberechtigten Menschen in Deutschland (circa 4,9 Millionen Menschen) keine Grundsicherungsleistungen bezieht,
- das höhere Armutsrisiko von älteren Migrant(inn)en,
- der teure Wohnraum in beliebten Gegenden.
In seinem Bericht gibt der Deutsche Caritasverband fünf Empfehlungen, wie diese Probleme gelöst werden können. Unter anderem wird geraten, dass das Aufenthaltsrecht für ältere Migrant(inn)en, die schon lange in Deutschland leben, sichergestellt werden sollte, so dass diese bei Bedarf auf Grundsicherungssysteme zugreifen können. Mit Blick auf die strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit fordert die Caritas, die Kapazität und die Reichweite der aktuellen Beschäftigungsprogramme für Langzeitarbeitslose zu erweitern und individuelle Unterstützung, einschließlich Begleitmaßnahmen, für Langzeitarbeitslose mit zusätzlichen Problemen anzubieten.
Doch wie sieht es in den anderen EU-Mitgliedstaaten aus? In der Europäischen Union war 2014 jeder Vierte von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Von den arbeitslosen Menschen war es sogar jede(r) Zweite. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist längst nicht nur in Deutschland ein Problem. Zwischen 2008 und 2015 ist die Langzeitarbeitslosenquote, das heißt der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Arbeitslosen insgesamt, in der EU-28, also allen derzeitigen Mitgliedstaaten, von 38,7 auf 49,4 Prozent gestiegen.1 Das bedeutet, dass fast jede(r) zweite Arbeitslose langzeitarbeitslos ist. Das Ausmaß von Langzeitarbeitslosigkeit in der EU ist jedoch unterschiedlich groß und reicht von weniger als 20 Prozent in Schweden bis hin zu 73,1 Prozent in Griechenland. Deutschland liegt mit 43,1 Prozent im Mittelfeld. Auch stieg der Anteil derer, die trotz Erwerbstätigkeit arm sind, von 8,3 Prozent im Jahr 2010 auf 9,6 Prozent im Jahr 2014.
Alleinerziehende Eltern besonders armutsgefährdet
Eine der Gruppen, die in ganz Europa ebenfalls besonders von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, sind alleinerziehende Eltern. In Rumänien ist jedes vierte Kind unter 18 Jahren arm. In ländlichen Gegenden von Rumänien ist es sogar jedes zweite Kind. Aber auch Caritas Italiana bemängelt, dass die Familienpolitik in Italien schlecht aufgestellt sei und es insbesondere an zielgerichteten Maßnahmen für alleinerziehende Eltern mangele. So wird in dem italienischen Bericht gefordert, ein System der Eltern- und Pflegezeit einzuführen, das einen besonderen Fokus auf benachteiligte Gruppen wie etwa Familien mit behinderten Familienmitgliedern und alleinerziehende Eltern legt.
Der "Caritas Cares Report" kommt zur rechten Zeit, denn die Europäische Kommission legte am 8. März 2016 einen ersten Entwurf zu der von Präsident Jean-Claude Juncker angekündigten europäischen "Säule sozialer Rechte" vor, die hoffentlich Aufmerksamkeit auf die sozialen Themen innerhalb der Europäischen Union lenken wird.
Gleichzeitig startete die EU-Kommission eine breite öffentliche Konsultation zur "Säule sozialer Rechte", an der sich Caritas Europa und auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) beteiligen. Sowohl der europäische "Caritas Cares Report" als auch die einzelnen Länderberichte können unter www.caritas.eu, Rubrik: "Policy and Advocacy", "Europe 2020 Strategy" abgerufen werden. Eine interaktive Webseite informiert unter: http://caritascares.eu
Anmerkungen
1. Eurostat, "Langzeitarbeitslosigkeit bezieht sich auf die Anzahl der Personen, die seit mindestens einem Jahr arbeitslos sind und sich aktiv um eine Beschäftigung bemühen". Die Langzeitarbeitslosenquote meint den Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Arbeitslosen insgesamt. Details auf Englisch dazu unter: http://ec.europa.eu/eurostat/web/gdp-and-beyond/quality-of-life/long-term-unemployment-rate (4.4.2016).
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