Erneuerte Sexualethik in Kirche und Caritas
Einerseits ist der Ruf nach Sexualethik massiv. Oft wird er chiffriert als Suche nach Werten oder als Notwendigkeit einer Orientierung, und das besonders im Blick auf die Situation von Kindern und Jugendlichen. Andererseits gibt es auch erhebliche Vorbehalte dagegen. Diese richteten sich lange Zeit eher nur implizit gegen die von der Kirche vertretenen, offiziell festgehaltenen Standpunkte zur Sexualität. Im Zuge der Aufdeckung der Fälle sexuellen Missbrauchs durch Mitarbeiter der Kirche seit 2010 werden diese Vorbehalte aber auch offen geäußert, so dass auf vielen Ebenen innerkirchlich wie gesellschaftlich eine Diskussion in Gang gekommen ist. Diese hat längst viel grundsätzlichere Überlegungen angestoßen, als das "Management" für die traumatisierten Missbrauchsopfer und die Sorge, dass Missbrauch in Zukunft nicht mehr geschehe, notwendig erscheinen lassen.
Für die Moraltheologie ist im Lauf dieser Debatte manches klarer geworden. Zum Beispiel, dass weder die Kirchen noch die Theologie das Monopol für moralische Orientierungen und Bewertungen haben und dass sie ihre Aufgabe nicht (mehr) darin sehen können, der Gesellschaft diesbezüglich Vorgaben zu machen.
Vielmehr gibt es innerhalb der öffentlichen Meinung einen eigenständigen Diskurs über diese ethischen Fragen; und der lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Wollen sich Kirchen und Theologie an ihm beteiligen, müssen sie die christliche Position so formulieren, dass sie als Beitrag zu dieser gesellschaftlichen Urteilsbildung wahrgenommen werden kann. Das schließt das Einbringen der eigenen Überzeugungen nicht aus, verlangt aber auch Offenheit und Gespür für das Ethos, das in der Gesellschaft (auch außerhalb der Kirche) entsteht und häufig durch bestimmte soziale Bewegungen vorangetrieben wird (derzeit zum Beispiel Outings im Sport).
Wozu Sexualethik?
Es ist das Anliegen der Sexualethik, den Menschen Hilfen zu geben, damit ihr Dasein als sexuell geprägtes und ansprechbares Wesen möglichst gelingt. Sie tut das:
1. als Hilfe für die Lebensführung der Einzelnen, wozu auch Unterstützung der Identitätsfindung, Stärkung der Empathie- und Bindungsfähigkeit sowie Vermittlung von Konfliktverarbeitungskompetenz gehören;
2. durch ideelle Legitimation von Institutionen, die Verbindlichkeit, Beständigkeit und Sicherheit der Beteiligten fördern, ein klares Erwartungsprofil und einen rechtlichen Rahmen geben und damit vor Willkür, Verletzung, Gewalt und Vernachlässigung schützen;
3. dadurch, dass sie mittels Reflexion und ideeller Unterstützung für Orte, Gelegenheiten und Strukturen dazu beiträgt, dass tragende und menschlich erfüllende Verbindungen zustande kommen können, dass Bereitschaft vorhanden ist, Verantwortung zu übernehmen und sich zu binden, dass es soziale Leitbilder gibt für partnerschaftliche Arrangements angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Interessen und für die Solidarität zwischen den Generationen einschließlich der Leistbarkeit von Erziehung.
Zu den so umschriebenen Themen gibt es auch zahlreiche Aussagen der Theologie und der Kirche. Sie finden sich sowohl in umfangreichen theologischen Reflexionen als auch in offiziellen Dokumenten wie Enzykliken, Lehrschreiben, Katechismen und - wie im Fall des Zweiten Vatikanums - sogar in Konzilsbeschlüssen. Sie alle wollen ein Verständnis vermitteln, das dem Handeln der Menschen in der Lebensgestaltung des Einzelnen, in der Politik und bei der Ausgestaltung des Rechts sowie der Sozialkultur einen inneren Sinn sichtbar macht, der bestärkt. Dieser ermöglicht auch eine kritische Distanz zu manchen Mustern, die üblich sind oder die sich durch Medien oder Trends aufnötigen. Die theologische Dimension wird in diesen Texten dadurch ausgesprochen, dass Bezug genommen wird auf das Bekenntnis zum Menschen als Teil der Schöpfung Gottes.
Sexualität als eigenständiger Wert für die Partner
In der Theologie gab es schon seit den 1920er Jahren Stimmen, die die Engführung der Sexualität auf den Zeugungszweck kritisierten und ihr einen eigenständigen Wert für die Partner zuerkennen wollten. Im Zweiten Vatikanischen Konzil kamen diese Anstöße gesamtkirchlich zur Wirkung und setzten sich in langen Debatten schließlich auch durch. Ehe und Familie wurden jetzt als Lebensgemeinschaften von Personen bestimmt, und nicht mehr und zuerst als rechtlicher Vertrag, in dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten objektiv definiert sind. Die Konsequenzen reichen tief: Der überkommenen Ansicht, dass Zeugung und Erziehung der eigentliche und wichtigste Zweck der Ehe sind, wurde das Wohl der in der Liebe miteinander verbundenen Partner als gleichrangig an die Seite gestellt. Den sexuellen Ausdrucksformen der Liebe samt dem damit verbundenen Lusterleben wurde als Zeichen und Mittel der Freundschaft ein positiver Eigenwert zuerkannt - der Text verwendet ausdrücklich den Begriff der "Würde"! -, damit bedürfen sie nicht erst eines rechtfertigenden Zwecks.
Gerade darin übersteigen sie aber alles, was es an Sexualität auf niedrigeren Stufen des Lebens gibt, sind also mehr als biologische Akte. Menschen dürfen also ihr Leben und ihre Beziehung führen und gestalten und können sich dabei nicht unmittelbar an den Begriffen natürlich/unnatürlich orientieren. Kinder sind nicht mehr einfach nur Erfüllung der Zweckbestimmung, der man ihren Lauf lässt, sondern werden als Geschenk und Teilhabe an der schöpferischen Kraft Gottes aufgefasst. Zugleich ist Fruchtbarkeit Gegenstand der Verantwortung der Ehepartner.
Herausforderungen für die Fortentwicklung
Die Veränderungen, die im Zusammenhang des Zweiten Vatikanums erfolgt sind, sind eine Ermutigung, die theologische Sexualethik auch für die Gegenwart weiterzuentwickeln und im Licht ungelöster Probleme und neuer Notwendigkeiten zu befragen. Ein paar solcher ungelöster Probleme sollen hier genannt werden:
Das erste ist, dass zu den Formen der Vergemeinschaftung, die nicht Ehe sind, wenig gesagt ist. Sind sie moralisch unbeachtlich oder gar unsittlich, eben gegen und außerhalb der Ordnung? Zutreffend ist sicherlich, dass die nichtehelichen Lebensformen auf die förmliche Eheschließung verzichten beziehungsweise sie hinausschieben und die betreffenden Partner ihre Beziehung häufig als vorläufig verstehen. Aber ansonsten orientieren sich die meisten dieser Beziehungen eben doch am Ideal der Zusammengehörigkeit, der Exklusivität, der Treue und der Bereitschaft, für den anderen Partner einzustehen. Nur eine Minderheit der in solchen Gemeinschaften Lebenden lehnt eine spätere Heirat prinzipiell ab. Der Großteil fasst die Beziehung nicht als verantwortungsfrei auf, sondern sieht sich moralischen Werten wie Treue, Wahrhaftigkeit, Zurückstellung eigener Ansprüche, Offenheit bei Konflikten und der Behutsamkeit im Umgang verpflichtet.
Dazu kommt, dass heute die Erwartungen an die Partnerschaft anspruchsvoller sind als früher; dementsprechend steigen auch die Risiken, dass sich diese hohen Erwartungen dann doch nicht wie gedacht erfüllen. Vor diesem Hintergrund geht es wohl in vielen oder vielleicht sogar in den meisten Fällen solcher Gemeinschaften gar nicht um Unverbindlichkeit, sondern um die Suche nach mehr Gewissheit, um Entwicklung, wahrscheinlich auch um die Balance von Selbstständigkeit und Geborgenheit, um die Vereinbarkeit von Zusammenleben, Ausbildung und Arbeit.
Ein zweites Problem resultiert daraus, dass Liebesbeziehung, Sexualität, Zeugung eines Kindes und der Entschluss zur Dauerhaftigkeit der Gemeinschaft trennbar geworden sind. Und von dieser Möglichkeit wird eben auch Gebrauch gemacht mit der Folge, dass die Reihenfolge dieser Stationen der Beziehung meistens flexibel gestaltet wird.
Das Leben in Beziehungen hat sich verändert
Während es für frühere Generationen geradezu als Gesetz galt, dass erst die Ehe der legitime Raum für Sexualität sei und dass die Aufnahme von Geschlechtsverkehr schicksalhaft mit der Wahrscheinlichkeit verbunden ist, dass sich dann auch Kinder einstellen, sind für den Großteil der heute im zeugungsfähigen Alter Lebenden sexuelle Aktivität, die Entscheidung für dauerhafte Partnerschaft und das Kinderbekommen weitgehend unterschiedliche Angelegenheiten. Und selbst dort, wo diese Dinge als zusammengehörig betrachtet werden, werden sie als zeitliches und sich bedingendes Nacheinander empfunden und als bewusstes Eintreten in einen je neuen Lebensabschnitt gehandhabt: Man heiratet überhaupt nur, wenn man sich wirklich auf Dauer mögen zu können glaubt, aber nicht, weil man eine sexuelle Gemeinschaft hat, und man heiratet erst dann, wenn man an gemeinsame Kinder denkt. Gleichwohl ist die Behauptung, dass der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind Ausdruck einer bestimmten Qualität der Partnerschaft, des Willens zu deren Dauer und der Bereitschaft zu größerer Verantwortung ist, noch immer eine gültige Aussage. Und auch die andere Überzeugung hat trotz verändertem Lebensgefühl und Beziehungspraxis Bestand, nämlich dass eine stabile emotionale und Intimität einschließende Partnerschaft die günstigste Voraussetzung ist, um einem Kind Geborgenheit, Selbstbewusstsein und Weltvertrauen zu vermitteln und es entdecken zu lassen, was Gesellschaft ist und wie sie funktioniert. Und genauso trifft es auch heute zu, dass Kinder der Entwicklung von erwachsenen Frauen und Männern wie auch der Gesellschaft im Gesamten guttun und dass sie deshalb etwas Kostbares oder - in kirchlicher Sprache - ein Geschenk sind. Allerdings muss heute diese Offenheit für das Kind und sogar der Mut und der Wille dazu häufig erst als existenzielle Chance und neue, zusätzliche Dimension des eigenen Frau- und Mannseins, von Sexualität und von Bindung entdeckt werden und wachsen und kann nicht mehr einfach als Eintrittsbedingung für das Zustandekommen einer Partnerbeziehung und die Legitimation sexueller Aktivitäten vorausgesetzt werden.
Die Frage nach der Qualität von Beziehungen
Eine dritte Problemstelle im Hinblick auf die vorhandenen offiziellen Äußerungen der Kirche zur Sexualmoral ist das weitgehende Schweigen zur inneren Ausgestaltung des Beziehungslebens. Die dominierenden Themen in diesen Äußerungen sind Eigenart und Bedeutung von Ehe und Familie, Vorbereitung und gesellschaftliche Förderung, die Aufgaben der einzelnen Mitglieder, Zuständigkeit und Inhalte von Erziehung. Was aber so gut wie vollständig unbehandelt bleibt, sind, mit Ausnahme der Regelung der Fruchtbarkeit und der Verpflichtung zur Treue, die Fragen der inneren Qualität der Beziehung: Dazu gehört alles, was die Vermeidung von Gewalt, Abhängigkeitskonstellationen und Missbrauch betrifft. Dazu gehört der Umgang mit den Potenzialen und besonderen Fähigkeiten des Partners. Dazu gehört die gerechte Aufteilung der Lasten des Alltags und der Erziehung. Dazu gehört auch der Umgang mit Konflikten und Disziplin in der Wahrnehmung von Möglichkeiten, die sich außerhalb der Beziehung ergeben, aber zugleich auf die eigenen Erwartungen Einfluss nehmen (Pornografie, Filmkonsum, Fantasie-Kultur, Abspaltungen…).
Ein Thema, das im sexualethischen Sprechen der Kirche und der Theologie heute nicht mehr fehlen darf, ist das Phänomen der Macht in Beziehungen zu Abhängigen. Was in den Fällen sexuellen Missbrauchs in kirchlichen und pädagogischen Einrichtungen ans Licht gekommen ist, ist ja "nur" die empörende, weil dem Sinn von Kirche und Seelsorge schnurstracks entgegengesetzte Variante einer Übergriffigkeit, von der prinzipiell jede Beziehung des Vertrauens und der asymmetrischen Machtverteilung bedroht ist. Auch Ehen und Familien, seelsorgerliche Beratung, Jugendarbeit und Kinderbetreuung, Behindertenheime, Kliniken, Betreuungseinrichtungen, psychotherapeutische Praxen, Internate und Vereine können Orte sein, wo es zu gewalthaltigen Übergriffen kommen kann. Deshalb besteht die Notwendigkeit, die Kompetenz der Mitarbeiter(innen) für die Wahrnehmung zu schulen und organisationsethische Maßnahmen (Ethik-Kodizes und Ähnliches) zu implementieren.
Eine vierte Korrekturnotwendigkeit ergibt sich daraus, dass in den kirchlichen Texten vieles beziehungsweise das meiste so allgemein formuliert ist, dass es zur Vielfalt der Lebenslagen, zur Unterschiedlichkeit lebensaltersspezifischer Entwicklungen und nicht zuletzt zur enormen Spannbreite der biografischen Erfahrungen nicht "passt". Viele der kirchlichen Texte sprechen generalisierend von "dem" Menschen, "der" Frau und "dem" Mann. So zu sprechen kann hilfreich sein, um das Wesentliche und allen Gemeinsame zu markieren. Aber es kann eben auch - vor allem dann, wenn es um die moralisch eingeforderte Lebenspraxis geht - als völlig unrealistische Idealisierung beziehungsweise als verletzende Verurteilung empfunden werden.
Es müssten sich aber in den sexualethischen Verlautbarungen der Kirche gerade auch diejenigen angesprochen und ernst genommen fühlen, die sich mit der Gestaltung ihrer eigenen Partnerschaft und den Herausforderungen, die sie ihnen stellt, schwertun oder die gar schon einmal gescheitert sind und jetzt versuchen, unter "nicht idealen" Verhältnissen Partnerschaft oder Familie zu leben. Sie müssen Akzeptanz und Unterstützung und nicht zuerst Strafe vonseiten der Institution erfahren können, die das Fortwirken der Botschaft Jesu unter den Bedingungen der Gegenwart gewährleisten will.
Sexualität als Realsymbol von Beziehung
In den Debatten über die menschliche Sexualität, die in Gesellschaft, Kirche und Theologie seit Jahrzehnten geführt werden und die von den zuständigen Wissenschaften Bestärkung erhalten, zeigt sich immer deutlicher: Sexualität unter Menschen erscheint als völlig unzureichend wahrgenommen, wenn sie in erster Linie als Mittel zur Befriedigung eines körperlichen Bedürfnisses gilt. Und ebenso, wenn sie nur als Mittel für die Fortpflanzung gesehen wird. Vielmehr erscheint sie auch und ganz wesentlich als eine Art der Kommunikation, als eine spezifische Weise der Interaktion, in der personale Güter wie Zuneigung, Anerkennung, Wertschätzung, Annahme, Fürsorge, Verlässlichkeit, Bereitschaft zu Solidarität, Zusammengehörigkeit, Vertrauen, Trost und Ähnliches mitgeteilt und entgegengenommen werden. Die Sexualität dient mithin nicht nur der Kommunikation, sondern ist selbst eine Art von Kommunikation, ähnlich wie die Sprache, aber verdichtet in Gesten und Symbolen leiblicher Nähe.
So gesehen kann es bei der Sexualethik nicht zuerst um die Bestimmung der Grenzen gehen, innerhalb derer Befriedigung erlaubt und jenseits derer sie verboten ist. Im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit muss vielmehr die Verantwortung für die Beziehung von Menschen stehen, in die Sexualität eingebettet ist und durch die sie zu leiblich erfahrbarem und gegenseitig geteiltem Ausdruck gebracht werden kann. Die Auffassung der Sexualität als punktueller Akt wird dieser Tatsache, dass es sich bei Sexualität um ein Medium der Kommunikation und zugleich um ein Realsymbol für Beziehung handelt, so wenig gerecht wie die Gleichsetzung von Sexualität mit genitaler Aktivität.
Das herkömmlich als "Sexualethik" bezeichnete Gebiet der Moraltheologie muss von den Beziehungen in der Fülle ihrer Spielarten und ihrer Möglichkeiten, aber auch ihrer Verletzlichkeit und Brüchigkeit her neu bedacht und ausgestaltet werden. Eine zweite Einsicht ist: Wenn Sexualität eine Sprache ist, dann muss man sie erlernen. Eine Information über biologische Abläufe reicht nicht aus, so wenig wie die Ermutigung, alles auszuprobieren. Es ist aber auch kein guter Weg, alles zu verbieten oder Reinheit, Verzicht, Zölibat und die Hingabe in der Ehe zu verklären und das Leben damit zu idealisieren.
Konsequenzen im Umgang mit Sexualität
Im Hinblick auf das Verhalten der Einzelnen sind für die Praxis der Sexualität folgende Orientierungen zentral:
- Achtsamkeit für den Partner in seiner menschlichen Ganzheit;
- Behutsamkeit: Sie benennt die Grundhaltung, dass die Erwartungen an das eigene Wohlgefühl auf den anderen abgestimmt werden müssen;
- Integrierung: Nur unter Partnern, die einander als Personen annehmen und achten und nicht bloß als Inbegriff des geschlechtlich Begehrten, kann menschliche Nähe, Überwindung des Alleinseins, Ergänzung und Freundschaft ausgedrückt werden und gelingen;
- Personalisierung: Sexuelle Handlungen und Zeichen gelingen nur in einem Rahmen, den man durch das Stichwort "kommunikative Beziehung" charakterisieren kann. Eine solche fehlt, wo Menschen benutzt und ausgebeutet werden. Das ist bei allen Formen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen der Fall;
- Wahrhaftigkeit: Wenn die Sexualität eine Art von Sprache ist, muss für sie auch die Grundanforderung gelten, die für alles Sprechen gilt, nämlich Wahrhaftigkeit;
- Kultivierung: Es braucht auch eine Kultivierung der Ausdrucksmöglichkeiten der Sexualität. Sie wird banal, wenn sie auf den Geschlechtsakt und auf die Befriedigung des Triebs reduziert wird.
Was die Institutionen und Einrichtungen betrifft
Seit dem Missbrauchsskandal wissen wir nicht nur, dass Kinder auch dort, wo schützende Vertrauensräume existieren, wie in pädagogischen oder therapeutischen Einrichtungen, Opfer von Übergriffen werden können. Sondern wir wissen auch, wie katastrophal die Verletzungen weiterwirken. Gezeigt hat sich auch, dass es individuelle Muster und verwaltungsmäßige Strukturen gibt, durch die das Bekanntwerden verhindert werden soll. Deshalb bedarf es nicht nur der Appelle und des Schutzes der Anvertrauten durch das Strafrecht. Es braucht auch Organisationsethik. Ihren Niederschlag finden sie in Leitbildern, Verhaltenskodizes und Regeln, die zur Beachtung bestimmter Standards verpflichten und einer Überprüfung zugänglich sind. Was schließlich die Sexualpädagogik betrifft, so ist der Blick dafür zu schärfen, dass Kinder und Jugendliche auf ihre eigene Entwicklung hin ausgerichtet sind. Bei der Begleitung von Kindern und Jugendlichen kommt es einerseits darauf an, ihnen ein stabiles und förderndes Umfeld zu geben. Andererseits gilt es, ihre Offenheit und Unerfahrenheit vor Ausbeutung, Verführung und Fremdsteuerung durch andere zu schützen. Wegen der besonderen Verletzlichkeit von Kindern und Jugendlichen lässt sich auf diese nicht übertragen, was oft als wichtigste ethische Orientierung für sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen angesehen wird: das gegenseitige Einverständnis. Die Achtung vor der Person des Kindes in seiner Entwicklungsfähigkeit erfordert vielmehr, dass seine Interessen und Optionen für die Zukunft erhalten bleiben und davor geschützt werden, von anderen, die ihnen aufgrund ganz anderer Ziele sehr nahe sind, sexuell instrumentalisiert zu werden. Es gehört zur Professionalität pädagogischer und pastoraler Berufe, dass die Grenzen des eingeräumten Vertrauens nicht überschritten werden hin zu sexuell motivierter Vertraulichkeit.
Anmerkung
Der Beitrag geht auf einen Vortrag zurück, den der Autor auf einer Tagung der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz mit dem Titel: "Kann denn Liebe Sünde sein?" am 17.September 2013 in Köln gehalten hat.
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