Eine Vielfalt an Themen lebhaft diskutiert
Noch nie war die Aussprache nach der aktuellen Stunde des Caritas-Präsidenten Peter Neher so lebhaft wie in der 14. Delegiertenversammlung (DV) des Deutschen Caritasverbandes am 14. Oktober in Fulda. Anlass waren die vorausgegangenen Vorwürfe der Organisation Pro Femina, dass es keine katholische Netzwerkarbeit zum Lebensschutz gebe. Anstoß erregte bei den Delegierten zum einen die Diskriminierung der Schwangerenkonfliktberatung, die von der Caritas und dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) angeboten wird und auch die Frauen erreicht. Zum anderen die verdeckte Art und Weise, wie das Thema in die Verbände gelangte und lanciert wurde, anstelle einer offenen und direkten Auseinandersetzung.
Ideologisierte Vorwürfe
Auch eine ideologisierte Debatte um den Begriff des Gender Mainstreaming beschäftigte in den vergangenen Monaten den Vorstand des DCV. Die Anfeindungen kamen teilweise aus derselben Ecke wie die zur Konfliktberatung. In der Delegiertenversammlung selbst wurde dann anlässlich des Tagesordnungspunkts "Zweiter Genderbericht" der Genderbeauftragten Irme Stetter-Karp eine sachlichere Debatte geführt. Sie zeigte, dass nicht alle zu einem Konsens in der Begrifflichkeit finden können, wohl aber in der Sache: der Gleichstellung von Männern und Frauen. In der nächsten Delegiertenversammlung 2015 in Regensburg soll den Delegierten dazu möglicherweise schon eine abstimmungsreife Vorlage präsentiert werden.
Die tiefe Betroffenheit zur Flüchtlingssituation hierzulande wie auch in den Krisenregionen beherrschte ebenfalls die Diskussion, die der aktuellen Stunde folgte. DiCV-Vorstand Gerrit Schulte aus Osnabrück brachte es auf den Punkt: "Die Jahreskampagne ,Weit weg ist näher, als du denkst‘ hat uns im Laufe des Jahres auf schreckliche Weise eingeholt." Dass die deutsche und insbesondere die europäische Flüchtlingspolitik unzureichend ist, war bei allen Versammelten offensichtlich unumstritten.
Leicht in der Schwebe blieb die Reaktion auf die Berichte aus den jeweiligen Kommissionen der Delegiertenversammlung. Wurden oder werden dort die Arbeitsaufträge erfüllt? Teilweise scheinen die Arbeitsaufträge so komplex zu sein, dass sie die Möglichkeiten einer DV-Kommission übersteigen. Wenn andererseits die Kommission den Auftrag für sich unter einem enger gefassten Blickwinkel interpretiert und bearbeitet, läuft sie schnell Gefahr, im operativen Feld zu landen. Derzeit bereitet die Kommission zur "Ökonomie der Caritas" ein Projekt zur Wirksamkeit der caritativen Arbeit vor. Die Kommission "Mitarbeit in der Caritas" will schon bald ein Instrument zur Selbstevaluation testen.
Impulspapier zur Zukunft auf dem Land
Mit der Verabschiedung des Impulspapiers "Zukunft auf dem Land" durch die Delegierten (es wird in Kürze in der neuen caritas veröffentlicht) hat die Kommission "Sozialpolitik und Gesellschaft" einen Arbeitsauftrag abgeschlossen - um gleich den nächsten zu übernehmen: sich den Folgen des demografischen Wandels und den Konsequenzen daraus zu widmen. Als eine erste Grundlage werden der Kommission dabei die Inputs dienen, die die rund 160 Delegierten in mehreren Workshops in Fulda erarbeitet haben. Die spannenden Erkenntnisse und Rückschlüsse, die Uwe Amrhein, Leiter des Generali Zukunftsfonds, als Gastredner in die Delegiertenversammlung dazu eingespeist hatte, werden demnächst auch den Lesern der neuen caritas in einem Autorenbeitrag zur Verfügung stehen.
Einstimmig verabschiedeten die Delegierten "Eckpunkte zum bürgerschaftlichen Engagement". Sie hatten bereits im vergangenen Jahr vorgelegen, wurden aber zu einer weiteren Bearbeitung in die verbandliche Runde geschickt. Die vorbehaltlose Zustimmung bestätigte den Spruch: Was lange währt, wird endlich gut. Auch diese Eckpunkte werden in Kürze in der neuen caritas dokumentiert werden.
Mit einer szenischen Lesung wurden die Delegierten in das Für und Wider von Tafeln eingeführt. Die anschließende Diskussion verdeutlichte, dass zumindest in dieser Runde niemand bezweifelt, dass Tafeln für Menschen in Not hilfreich sein können - aber keine sozialpolitische Lösung sind. Noch genauer unter die Lupe genommen werden soll die Frage nach der Zugangsberechtigung zu den Tafeln. Haben Menschen, die in der Illegalität leben, eine Zugangsmöglichkeit? Der Diskussion um die Rolle und Möglichkeiten der Tafeln wird sich die neue caritas zu Beginn des kommenden Jahres in einem Hefttitel stellen.
Viel Neues im Arbeitsrecht
Erleichtert äußerte sich DCV-Finanz- und Personalvorstand Hans Jörg Millies zum jüngsten Tarifbeschluss, den die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas (AK) erzielte. "Das System AK funktioniert", ist seine Überzeugung. Prompt folgte Kritik aus der Versammlung, dass das System zu langsam arbeite, dass es Monate dauere, bis den Beschlüssen im öffentlichen Dienst nachgezogen werde. Ähnliche Kritik war übrigens auch im September bei der Tagung der Rechtsträger und Unternehmen in der Caritas in Mannheim gefallen.
Millies berichtete von weiteren großen Themen, die im Arbeitsrecht in nächster Zeit anstehen. So stellt sich die Frage, ob ein flächendeckender einheitlicher Sozialtarif zu befürworten oder abzulehnen sei. War die Idee dazu vor Monaten noch mit äußerster Skepsis betrachtet worden, ist diese inzwischen der Überlegung gewichen, ob mit einem eigenen Sozialtarif nicht womöglich dem ruinösen Wettbewerb begegnet werden und eine gemeinsame Macht gegenüber den Kostenträgern aufgebaut werden könne. Auch diese Entwicklung wird die neue caritas für ihre Leser in Zukunft begleiten.
Mit oder ohne Verdi?
Man rechnet damit, dass das Bundesverfassungsgericht sich noch in diesem Jahr mit einer Verfassungsklage der Gewerkschaft Verdi beschäftigen wird. Darin geht es um die Frage nach Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen, Schlichtungsverfahren im Dritten Weg und die Einbindung der Gewerkschaften auf Mitarbeiterseite. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat zu diesen Fragen eine Expertengruppe einberufen, die eine Änderung der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission vorschlägt. So soll in der AK auf beiden Seiten die Mitgliederzahl aufgestockt werden. Die zusätzlichen Mitglieder auf Mitarbeiterseite werden jedoch von Gewerkschaften benannt und entsandt. Die Vorschläge der Expertengruppe wird die DBK eventuell noch im November beschließen. "Was passiert, wenn Verdi die Plätze gar nicht einnehmen will?", kam die Frage aus der Delegiertenrunde. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass Verdi eigentlich gegen den Dritten Weg ist.
Auch der DCV-Vorstand hat eine Arbeitsgruppe einberufen, die Änderungsbedarfe der AK-Ordnung berät, die sich im Laufe der Praxisjahre verdeutlicht haben. Unter Einbeziehung des DBK-Beschlusses wird diese Arbeitsgruppe bei der Delegiertenversammlung 2015 eine Beschlussvorlage für die AK-Ordnung erarbeiten.
Anwendung der Grundordnung
Eine Bilanz über die Anwendung der Grundordnung (GrO) für den kirchlichen Dienst stellte DCV-Vorstand Hans Jörg Millies vor. Von 8250 Rechtsträgern der Caritas sind 2736 verpflichtet, die GrO in ihre Statuten aufzunehmen. Davon haben dies 358 Träger bislang noch nicht getan. 167 Träger mit mindestens 7372 Mitarbeitenden werden dies definitiv auch nicht machen. Die restlichen Träger werden die Übernahme noch vollziehen oder sind noch im Beratungs- und Klärungsprozess.
Was Träger davon abhält, die GrO in ihre Statuten aufzunehmen und was daraus folgt, wird demnächst Thema eines Beitrages in der neuen caritas sein.
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