Neuer Anlauf für Leistungsentgelt und Sozialkomponente
Mit der Einführung der Anlagen 31 bis 33 zu den AVR1 im Jahr 2010 hatte sich die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes (AK) auf die Einführung des Leistungsentgelts nach dem Vorbild des TVöD2 geeinigt. Um jedoch caritasspezifische Elemente aus der bisherigen AVR-Systematik zu erhalten, wurde das Instrument des Leistungsentgelts um die sogenannte Sozialkomponente ergänzt. Das Leistungsentgelt beziehungsweise die Sozialkomponente sollten nach dem Willen der AK ein variabler Entgeltbestandteil zusätzlich zum Tabellenentgelt sein beziehungsweise die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern.3 Nach Schaffung der rechtlichen Grundlagen und den ersten Erfahrungen in der praktischen Umsetzung erwies es sich als notwendig, dieses neue Instrument zu überarbeiten. Dies ist mit dem Beschluss der Bundeskommission vom 10. Oktober 2013 für die Anlagen 31 bis 33 zu den AVR geschehen.4
Die Dienstgeber hatten für Mitarbeitende in den Anlagen 31 bis 33 zu den AVR für das Leistungsentgelt beziehungsweise die Sozialkomponente ein bestimmtes Gesamtvolumen in Höhe von derzeit zwei Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr gezahlten ständigen Monatsentgelte zweckentsprechend zur Verfügung zu stellen. Die Verwendung des Leistungsentgeltes beziehungsweise der Sozialkomponente wurde durch eine ergänzende Dienstvereinbarung festgelegt. Kam es zu keiner Dienstvereinbarung, war geregelt, im Januar des Folgejahres einen Anteil in Höhe von 1,5 Prozent auszuschütten – das „Wie“ der Ausschüttung blieb offen. Das weitere Gesamt- beziehungsweise Restvolumen, das ein Dienstgeber für das Leistungsentgelt beziehungsweise die Sozialkomponente gebildet hatte, war nur dann vollständig auszuzahlen, wenn eine Dienstvereinbarung existierte, die die Verteilungskriterien festlegte. Zuletzt fehlte eine Regelung ab dem Jahr 2014 – die Unsicherheit in der Praxis war groß.
Einige Einrichtungen haben die seit 2012 bestehende Möglichkeit in den AVR trotzdem genutzt und Dienstvereinbarungen abgeschlossen. Doch auch bei Abschluss einer Dienstvereinbarung ließ die bisherige Regelung viele Fragen offen. Beispielsweise war ungeklärt, wie mit leitenden Angestellten umzugehen ist, wie die Kompatibilität mit der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) herzustellen ist, ob die Besitzstandszulage zu den ständigen Monatsentgelten zählt oder wie überhaupt mit Besitzständen umzugehen ist. Die Einrichtungen, die keine Dienstvereinbarung abgeschlossen hatten, standen dagegen vor der Frage, wie die Auszahlung an die Mitarbeitenden konkret umzusetzen sei.
Anwendung ohne Zwang
Mit dem AK-Beschluss vom 10. Oktober 2013 wurde für die Praxis eine dringend notwendige Neuregelung beschlossen, bei der viele Rechtsbegriffe und Unstimmigkeiten geklärt werden konnten. Vor allem aber wurde der Anwendungsbereich der Sozialkomponente geöffnet und damit die Freiheit der Betriebsparteien beziehungsweise das Vertrauen in einen verantwortungsvollen Umgang mit diesem Instrumentarium gestärkt.
Die AK hat auf alle Vorgaben und Regulierungen für die Betriebsparteien verzichtet und die Absätze 5 und 6 der alten Regelung ersatzlos gestrichen. Dienstgeber und Mitarbeitervertretung können jetzt die Ideen zu einem Leistungsentgelt beziehungsweise zu einer Sozialkomponente umsetzen, die ihnen für die konkrete Einrichtung gut und sinnvoll erscheinen. Konsequenterweise wurde damit auch die Engführung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufgegeben, die zuvor so in der Sozialkomponente geregelt war. Alle Vereinbarungen müssen lediglich dem Anspruch dienen, die caritativen Dienstleistungen zu stärken.
Um Dienstvereinbarungen in Einrichtungen zu erleichtern, die Mitarbeitende in mehreren der betroffenen Anlagen beschäftigen, können bei Abschluss einer Dienstvereinbarung die „Töpfe“ verschiedener Anlagen zusammengeführt werden. Das ermöglicht beispielsweise in einem Krankenhaus eine Dienstvereinbarung, die alle Beschäftigten der Anlagen 31 und 33 zusammen umfasst.
Auch hat die AK konsequent die Strukturfehler in der bisherigen Regelung geheilt und alle AVR-Bestimmungen MAVO-kompatibel gestaltet. Dienstvereinbarungen in Einrichtungen im Sinne der MAVO gelten nur für Mitarbeitende im Sinne der MAVO. Das führt dazu, dass in den AVR keine Regelung für leitende Mitarbeitende aufgenommen wurde. Für sie müssen gegebenenfalls einzelvertragliche Vereinbarungen getroffen werden.
Falls die Betriebsparteien keine Dienstvereinbarung abschließen, ist ein individualrechtlicher Anspruch der Mitarbeitenden auf Auszahlung im Januar des Folgejahres geregelt. Ebenso sind Regelungen für unterjährig einsteigende oder ausscheidende Mitarbeitende aufgenommen worden.
Der bewusste Verzicht der AK auf das Ansammeln eines Topfes für den Fall des Fehlens einer Dienstvereinbarung ist von der Idee getragen, positive Anreize zu setzen und die kreativen Kräfte vor Ort wirken lassen. Beispiele für eine Sozialkomponente könnten sein:
- betriebliche Gesundheitsförderung;
- (Berufsunfähigkeits-)Zusatzversicherung;
- berufliche Qualifizierung;
- Sicherung des Erfahrungs- und Wissenstransfers;
- familienbewusste Personalpolitik (hinsichtlich Vereinbarkeit Beruf und Pflege beziehungsweise Familie);
- Nachwuchssicherung und Bindung der Mitarbeitenden und Ausgebildeten;
- Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit;
- Langzeitkonten;
- Altersteilzeit;
- private Altersvorsorge;
- Betriebskindergarten;
- Zuschuss für Kindergartenplätze.
Die AK hat jetzt eine anwenderfreundliche und klare Regelung in den AVR geschaffen. Diese ist MAVO-konform und hat einen individualrechtlichen Bezug mit klaren Regelungen und Fristen für den Fall, dass keine Dienstvereinbarung vorliegt. Die AK hat darüber hinaus alle Möglichkeiten eröffnet, dass Betriebsparteien vor Ort konkrete und auf die Bedürfnisse der Einrichtung und der dort Beschäftigten zugeschnittene Dienstvereinbarungen gestalten können. Ob diese genutzt und wie die caritativen Dienstleistungen dadurch gestärkt werden – das entscheiden in den nächsten Monaten und Jahren die Mitarbeitervertretungen und Dienstgeber vor Ort. Der Ausschuss wird seine Arbeit fortsetzen, um noch die Regelung in Anlage 30 zu den AVR zu überarbeiten.
Anmerkungen
1. Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes.
2. Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst.
3. Die Regelungen für das Leistungsentgelt und die Sozialkomponente finden sich in §§ 15 in den Anlagen 31 und 32 zu den AVR sowie § 14 der Anlage 33 zu den AVR.
4. Siehe zum Thema Leistungsentgelt und Sozialkomponente auch neue caritas Heft 22/2012, 5/2012 und 18/2011. Die AK-Beschlüsse vom 10. Oktober 2013 werden in der neuen caritas Heft 2/2014 publiziert.