Jeder fünfte Euro für soziale Inklusion und gegen Armut
In den letzten zehn Jahren hat die Europäische Union über den gezielten Einsatz von Fördermitteln aus den Strukturfonds, wie etwa dem Europäischen Sozialfonds (ESF), einiges erreicht: Über eine Million Arbeitsplätze wurden geschaffen, Fortbildungsmaßnahmen von über zehn Millionen Menschen unterstützt sowie Kofinanzierung geleistet für den Bau von 2000 Kilometern Autobahn, 4000 Kilometern Bahngleisen und für die Gründung von 800.000 kleinen und mittleren Unternehmen. Trotz dieser Erfolge ist in diesem Zeitraum die Armut in Europa und Deutschland weiter angestiegen.
EU-Kommissionsvorschläge für die neue Förderperiode
Zur Vorbereitung der 2014 beginnenden neuen Förderperiode hat die Europäische Kommission am 6. Oktober die Verordnungsentwürfe für die Strukturförderung vorgelegt. Diese müssen nun von Europäischem Parlament und Ministerrat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden. Aus Caritassicht interessant ist, dass die EU-Fördermittel von insgesamt 376 Milliarden Euro in der neuen Förderperiode erstmals mit den fünf Kernzielen der neuen politischen Leitstrategie Europa 2020 verbunden werden sollen. Drei dieser fünf Ziele besitzen eine ausgeprägte sozialpolitische Relevanz und betreffen Kernaufgaben der Wohlfahrtsverbände. Es geht dabei neben der Erhöhung der Beschäftigungsquote (auf 75 Prozent bei den 20- bis 64-Jährigen) um die Verringerung der Zahl der Schulabbrecher (auf unter zehn Prozent) sowie die Senkung der Anzahl der armutsgefährdeten Personen in der EU (um 20 Millionen Personen).
Fördermittel zur Armutsreduzierung
Der Deutsche Caritasverband hatte sich bei der Erarbeitung der Strategie Europa 2020 erfolgreich dafür eingesetzt, das Ziel der Armutsreduzierung aufzunehmen. Nun ist zu begrüßen, dass es die Europäische Union nicht nur bei der Formulierung des politischen Ziels belässt, sondern hierfür auch Fördermittel zur Verfügung stellen möchte. Von besonderer Relevanz für die Tätigkeit von Diensten und Einrichtungen der Caritas ist der Europäische Sozialfonds, innerhalb dessen nach den Vorschlägen der Kommission ab 2014 mindestens 20 Prozent der Gelder für soziale Inklusion und den Kampf gegen Armut ausgegeben werden sollen.
Während auf europäischer Ebene nun die Verhandlungen in Parlament und Rat anstehen, werden auf Bundes- und Länderebene die Ministerien bereits im November mit der Erarbeitung sogenannter "Operationeller Programme" (OP) beginnen. In den OPs werden die Bedingungen festgelegt, nach denen die europäischen Vorgaben aus den Strukturfondsverordnungen auf Bundes- und Landesebene umgesetzt werden. Projekte werden in der neuen siebenjährigen Förderperiode 2014-2020 nur dann förderfähig sein, wenn sie unter das jeweils einschlägige OP passen.
Aufgrund der überragenden Bedeutung der OPs für die spätere Förderfähigkeit von Projekten, auch denen der Caritas, ist es jetzt an der Zeit, mit den entsprechenden Fachministerien auf Länderebene Kontakt aufzunehmen.
Chancen für die Arbeit der Caritas
Die aktuell vorgelegten Überlegungen der EU-Kommission lassen darauf hoffen, dass die Reduzierung der Armut in Europa nicht lediglich ein politisches Ziel bleibt, sondern tatsächlich vorangetrieben wird. Projektträger sollten diese Möglichkeit nutzen, um mit guten Projekten gezielte Beiträge zur Armutsbekämpfung in Europa zu leisten. Den Diensten und Einrichtungen der Caritas kann dabei aufgrund ihrer Expertise und Kapazitäten eine Schlüsselfunktion zukommen. Hierzu sollten positive Erfahrungen aus der aktuellen Förderperiode genutzt werden. So wäre es etwa zu begrüßen, wenn die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und freier Wohlfahrtspflege in der laufenden ESF-Richtlinie "Rückenwind" ausgebaut wird. Wünschenswert wäre es in der neuen Förderperiode über die Zielsetzung Personalentwicklung in der Sozialwirtschaft hinaus, auf Bundesebene eine Richtlinie für soziale Eingliederung und Armutsbekämpfung zu entwickeln.
Weitere Informationen unter: http:// ec.europa.eu, Suchbegriff: "kohäsionspolitische Investitionen nach 2013".