Wer viel Feuer für den Job hat, muss für Brennstoff sorgen
“Ich bin gesund, fit, intelligent. Ich werde damit fertig.“ Diese Aussage stammt von einer 47-jährigen Sozialarbeiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes im Jugendamt. Die Frau antwortete damit nach 16 Jahren Berufserfahrung auf die Frage, welche Einstellungen und Sichtweisen sie allgemein für den Umgang mit Anforderungen, Problemen und Aufgaben im Berufs- und Lebensalltag hat. Diese Antwort lässt auf eine klare, innere Haltung schließen, die ihr hilft, im Job fit und gesund zu bleiben und die sicher auf längere Sicht weiterhin zu ihrer Burnoutprävention beiträgt.
Die Ergebnisse eines Forschungsprojektes im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2007 mit dem Titel „Feuer braucht Brennstoff – Was hält soziale Fachkräfte fit?“ zeigen, wie innere Haltungen und Einstellungen zur Gesunderhaltung betragen.1
Im Beruf der sozialen Arbeit sind die Fachkräfte durch die große Verantwortung und das hohe Engagement für ihre Klientel, die tiefen Einblicke in schwierige Lebensumstände oder -schicksale von Menschen oder in biografische Brüche, den Anblick von Verelendungen, vernachlässigten und verwahrlosten Kindern, Suchtmittelabhängigkeit, Armut oder schweren psychischen und physischen Erkrankungen in besonderer Weise gefordert. Der Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, zwischen Engagement und Abgrenzung ist zu meistern, um nicht „auszubrennen“ und dauerhaft zu erkranken. Klient(inn)en und Anstellungsträger erwarten von den Mitarbeiter(inne)n Engagement und professionelles Handeln, viele Hände greifen nach jeder Fachkraft. Steigende Fallzahlen und Engpässe in Einrichtungen fordern zunehmend, eigene Grenzen immer weiter auszudehnen. Das kann krank machen. Wer viel Feuer für den Job entwickelt, muss für ausreichend Brennstoff sorgen. Was aber ist guter Brennstoff für die Fachkräfte?
Hohe Krankenstände und längere Fehlzeiten aufgrund von Stress, Mitarbeiter(innen), die bereits die „innere Kündigung“ ausgesprochen, die Fluchtgedanken haben, nur noch Dienst nach Vorschrift leisten, die – aus Selbstschutz – einen ständigen Zynismus an den Tag legen, die demotiviert und nicht mehr kreativ sind, kosten das Individuum viel seelische Kraft und die Träger und Einrichtungen sozialer Arbeit viel Geld.
Dass wir alle im Berufs- und Lebensalltag mit Stress, Hektik oder Lärmbelastung konfrontiert sind, ist eine Zeiterscheinung der Moderne und lässt sich nicht verhindern. Aber der konstruktive Umgang mit Stress, also die Aneignung hilfreicher Bewältigungsstrategien, lässt sich in speziellen Workshops erlernen. Zunehmend mehr Träger sozialer Arbeit richten Angebote und Unterstützungsstrukturen im betrieblichen Gesundheitsmanagement ein (beispielsweise Qualitätszirkel Gesundheitsfürsorge, Befragung der Fachkräfte nach Zufriedenheit am Arbeitsplatz oder regionale Gesundheitstage), also eine Beteiligungskultur, um das Wohlbefinden im Berufsalltag zu steigern.
Die Stresstheorie des Psychologen Richard Lazarus basiert auf der Annahme einer dynamischen Beziehung zwischen der Person und den Ereignissen und inneren Haltungen oder Werten. Ob eine Situation als Stress erlebt wird, ist abhängig von der subjektiven Wahrnehmung des Individuums und seiner kognitiven Bewertung. Sind keine ausreichenden Bewältigungsstrategien vorhanden, belastenden Situationen auf die Dauer gelassen und konstruktiv zu begegnen, werden diese als bedrohlich, überfordernd und krankmachend erlebt. Dauerstress und ein zu hohes Belastungsniveau haben negative Folgen. Unser Körper und unser Geist brauchen gerade in helfenden Berufen, im täglichen Umgang mit Menschen, unbedingt Erholungs-, Entspannungs- und Ruhephasen, um die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, die innere Balance und die Arbeits- und Lebensfreude zu erhalten.
In Workshops und Seminaren ist immer wieder auffällig, dass viele Fachkräfte heute den zur seelischen und körperlichen Regeneration notwendigen Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung nicht mehr herstellen können – sie leben in einer permanenten Anspannungssituation, reiben sich auf für ihre Klient(inn)en und meinen, ohne sie gehe gar nichts. Eine Teilnehmerin äußerte zum Beispiel, dass sie sich bedingt durch Kündigung von Kolleg(inn)en und einem hohen Krankenstand der restlichen Kollegenschaft einfach der Klientel verpflichtet fühle, sie wolle diese Menschen „nicht hängen lassen“. Sie selbst war jedoch völlig fertig und brach weinend zusammen. In solchen Situationen wird mit der Gesundheit „hoch gepokert“, oftmals fast bis zum Zusammenbruch. Das Immunsystem verweigert seinen Dienst. Häufige und heftige Erkältungen, permanente Rücken- und Nackenschmerzen, fehlende Energie, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung, Schlappheit, Rastlosigkeit, innere Unruhe, Nicht-mehr-abschalten-Können oder Schlafstörungen sind die Folge. Diese Symptome entstehen immer öfter – und länger anhaltend. Oftmals stehen die Symptome mit Stresserleben im Berufsalltag und Privatleben in engem Zusammenhang. Viele Menschen haben heute verlernt, gut für sich zu sorgen.
Die Angst vor zunehmender Belastung geht um
Aufgrund der derzeitigen Finanzkrise erleben wir bei Fachkräften in den Institutionen und Einrichtungen verstärkt latente Ängste und ganz offen geäußerte Befürchtungen. Sinken die staatlichen Einnahmen, bleibt auch weniger Geld für soziale Einrichtungen übrig. Es herrscht in vielen Einrichtungen die Besorgnis, dass das Belastungsniveau zukünftig noch steigen und die Arbeit auf noch weniger Schultern verteilt wird.
Dass Fachkräfte in dieser Situation Möglichkeiten der Stressbewältigung kennen und praktizieren, ist also existenziell notwendig – denn: Wem nutzen ausgebrannte, permanent unter Stress und Druck stehende Fachkräfte?
Zu diesen Bewältigungsstrategien zählen unter anderem ganz wesentlich innere Haltungen, Sichtweisen und Einstellungen zu sich selbst, zu den gestellten Aufgaben, zum Berufsleben allgemein.
Im Forschungsprojekt wurde auf der Grundlage der Salutogenese (Gesundheitsentwicklung) des Medizinsoziologen Aaron Antonovsky2 der Frage nachgegangen, wie es Fachkräften im Berufsfeld sozialer Arbeit auch nach langjähriger Tätigkeit gelingt, in diesem verantwortungs- und anspruchsvollen Beruf auf Dauer gut für sich selbst zu sorgen und unter dem allgemein hohen Stressniveau dennoch nicht „auszubrennen“.
Fragebogen ermöglicht interessante Rückschlüsse
Mittels qualitativer Fragebögen wurden 30 Fachkräfte in ganz Deutschland aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern sozialer Arbeit zu ihren Stärken und Fähigkeiten befragt. Teilnahmevoraussetzung war eine mindestens zehnjährige Berufstätigkeit im sozialen Bereich. Die Teilnehmenden befinden sich auf Mitarbeiter(innen)ebene, nehmen sich selbst immer noch als engagiert und fit wahr und meistern die täglichen Aufgaben und Herausforderungen mit Elan (von den normalen Schwankungen wie in jedem Beruf abgesehen). Aus den Ergebnissen lassen sich interessante Schlussfolgerungen ziehen.
In der Untersuchung wurde nach der Wahrnehmung von Stressoren, der Unterstützung des Trägers und der Mitarbeitervertretung, den inneren Ressourcen, der Einschätzung der eigenen Stärken und Fähigkeiten, Handlungsstrategien und Kraftquellen im Umgang mit Stress, aber vor allem nach den inneren Einstellungen gefragt. Abgebildet sind im Folgenden einige Antworten auf die Frage: „Welche Sichtweisen und Lebenshaltungen haben Sie allgemein für den Umgang mit Anforderungen, Problemen und Aufgaben im Berufs- und Lebensalltag?“ In Klammern stehen jeweils Alter, Geschlecht, Tätigkeitsfeld und Anzahl der Jahre in der sozialen Arbeit:
- „Soziale Arbeit ist Handwerk. Ich biete den Menschen mein Wissen, damit sie entscheiden können, ob und wie sie es für sich nutzen können. Ich bin jedoch nicht für andere Menschen ,verantwortlich‘, Verantwortung übernehme ich für mich und meine Kinder. Ich gebe so viel wie meine Kraft ,erlaubt‘, die ganze Kraft gehört jedoch mir! (47, w., SPFH, 24 Jahre in Soz. Arb.)
- „Die Arbeit ist da, um erledigt zu werden, jede bewältigte Herausforderung gibt Zufriedenheit und Motivation für neue Aufgaben, Freude am Erleben, Erfolge!“ (47, w., Suchthilfe, 25 Jahre in Soz. Arb.)
- „Ich bin gesund, fit, intelligent, Ich werde damit fertig. Ich habe Freunde/Kollegen, die mich unterstützen.“ (47, w., ASD, 16 Jahre in Soz. Arb.)
- „Möglichst gelassen bleiben. Nicht in die Stressspirale kommen, Wichtiges vom Unwichtigen trennen, zunächst ist es wichtig, dass es mir gut geht. Grenzen ziehen, spüren.“ (45, w., Erwachsenenbildung, 16 Jahre in Soz. Arb.)
- „Möchte nicht am Fließband stehen und mich vom Chef scheuchen lassen, bin mir meiner ,Freiheiten‘ bewusst. Habe psychische Stärken, die ich einsetzen kann. Habe Lösungsstrategien und kann diese umsetzen. Ich fühle mich nicht hilflos. Ich kenne meine Grenzen und versuche, sie zu wahren. Ich werde krank, wenn ich nicht gut genug auf mich achte.“ (49, w., ASD, 23 Jahre in Soz. Arb.)
- „Probleme finden oft ihre eigene Lösung ohne mein Zutun, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Wenn ich ausreichend große ,Berge‘ vor mir habe, arbeite ich sie Schritt für Schritt ab.“ (50, w., JEB, 24 Jahre in Soz. Arb.)
- „Arbeit ist Arbeit und Freizeit ist Freizeit, am besten keine Probleme ,mitnehmen‘, mit sich selbst und der Umwelt im ,Reinen‘ sein, Stessfaktoren bearbeiten, beziehungsweise mit ihnen positiv umgehen, Hilfe einfordern.“ (42, m., Jugendhilfe, 20 Jahre in Soz. Arb.)
- „Anforderungen verantwortungsvoll bearbeiten, nicht bei der ersten Krise resignieren, Probleme offen in Angriff nehmen, Hilfe einfordern, nicht seine Kräfte und Motivation ausreizen.“ (34, w., Behindertenhilfe, zehn Jahre in Soz. Arb.)
- „Regelmäßiges Reflektieren meines Arbeitsfeldes, meiner Arbeitsweise, wo meine Aufgaben sind, meine Zuständigkeiten, auszuhalten, Gegebenes so zulassen, Mut zur Lücke, zu sich selbst stehen, auch wenn es mal nicht so klappt, auch meine Fehler … Nur, wer nichts tut, macht nichts falsch. Gnädig mit sich selbst sein.“ (50, w., sozialer Dienst im Pflegeheim, 15 Jahre in Soz. Arb.)
- „Sich den Problemen stellen und sie offen und ehrlich angehen, abgeben (auch an die höhere Macht), wenn alles gemacht ist, eigene Grenzen akzeptieren, Hilfe durch andere annehmen (gegenseitiges Geben und Nehmen), sich fair und ehrlich zeigen, authentisch sein, zu Gefühlen stehen, Spaß haben und weitergeben.“ (47, m., Bezirkssozialarbeit, 21 Jahre in Soz. Arb.)
- „Gehe an vieles sehr sachlich-distanziert heran, ist besonders für Krisensituationen und unübersichtliche Arbeitssituationen hilfreich. Um manche Dinge muss man sich auch erst kümmern, wenn sie mal da sind, auch mal was liegenlassen. Meine fachlichen und persönlichen Möglichkeiten und Grenzen kenne ich gut.“ (51, w., Krisenintervention/Jugendamt, 26 Jahre in Soz. Arb.)
- „Humanistisches Menschenbild/ganzheitliche Sichtweise Körper/Geist/Seele, Religionsweisheiten/Glaube.“ (58, w., Psychiatrische Hilfen, 32 Jahre in Soz. Arb.)
- „Ich bin – und fühle mich – grundsätzlich nicht für die Probleme und Lebenssituation der Klient(inn)en verantwort-lich (Abgrenzung), ich bin mir bewusst, dass meinen Hilfsmöglichkeiten auch Grenzen gesetzt sind, die ich gut akzeptieren kann.“ (48, m., Suchthilfe, 23 Jahre in Soz. Arb.)
- „Anforderungen/Herausforderungen fordern und fördern mich – ich entdecke, was in mir steckt, hinterher zufrieden. Ich benutze das Wort Stress fast nie – erlebe aber, dass viel los ist/zu tun ist und genieße dann auch, wenn es wieder ruhigere Zeiten gibt. Oft erleben andere Stress oder ein Problem, was ich lockerer, gelassener sehe.“ (50, w., Altenhilfe, 26 Jahre in Soz. Arb.)
- „Wirklich wichtige Aufgaben und Probleme zuerst lösen. Alles andere nachrangig bearbeiten. Ein Schritt nach dem anderen. Ich kann nur so viel leisten, wie ich leisten kann und Zeit zur Verfügung habe. Ich bin in meiner Arbeit nur gut, wenn ich mich nicht zu sehr auspowere und genügend Abstand und Kraftquellen habe. Aufgaben und Anforderungen immer auf mehreren Schultern verteilen.“ (37, w., Jugendhilfe, 14 Jahre in Soz. Arb.)
- „Ich muss nicht immer die Beste sein, gut zu sein, reicht aus. Ich bin nur für eine kurze Spanne auf dieser Erde, ich mache das Beste daraus. Privatleben hat einen höheren Stellenwert als Arbeitsleben!“ (58, w., Psychiatrische Hilfen, 15 Jahre in Soz. Arb.)
- „Positive Grundeinstellung, Humor, (dunkle Phasen hat jeder mal), Wertschätzung gegenüber Familie, Freunden, Kollegen – für sie habe ich immer ein Ohr. Ich ziehe mir nicht breitflächig das Unglück und die Unzufriedenheit anderer rein.“ (45, w., Behindertenhilfe, 25 Jahre in Soz. Arb.)“3
Diese Haltungen sind Bewertungs- und Bewältigungsreaktionen, die deutlich zeigen, dass es auch innere Einstellungen sind, die das individuelle Empfinden und die Wahrnehmung prägen. Hier zeigen sich eine klare pragmatische Annäherung an das Berufsfeld, Selbstfürsorge, die Erkenntnis, dass man nur hilfreich für andere sein kann, wenn es einem selbst gut geht, die Kunst der Gelassenheit und inneren Stärke, eine optimistische Grundeinstellung und die Zuversicht, dass sich die Dinge auch wieder „einrenken“ werden, wenn mal was schiefläuft. Diese Beschäftigten lassen sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen, wenn etwas nicht klappt, sondern sagen sich: Dieses Mal hat es nicht geklappt, das nächste Mal wird es besser werden.
Wenn’s zu viel wird – Hilfe holen!
Die Untersuchungsergebnisse verweisen darauf, dass einige der Fachkräfte durchaus den Erfolg ihrer Arbeit, ihrer Tätigkeit wahrnehmen und die Wirksamkeit ihrer Bemühungen deutlich erkennen können. Es ist jedoch auch ein realistisches Einschätzungsvermögen der eigenen Handlungsreichweite erkennbar, und es herrscht reflektierte Klarheit darüber, dass nicht immer alles gelingt und dass die eigenen Bemühungen durchaus auch Grenzen erfahren.
Immer wieder überrascht die Fähigkeit in den Aussagen, eher leicht um Hilfe bitten zu können (bei Kolleg(inn)en, Freunden, Familie). Das lässt bei den Einzelnen auf ein reflektiertes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl schließen. Hilfe zu erbitten beziehungsweise einzufordern befreit den Menschen von etwaigen omnipotenten Selbstansprüchen und befähigt ihn, abzugeben und loszulassen. Das impliziert auch Religiosität und Glaube, was deutlich wird in der Aussage: „Abgeben, auch an die höhere Macht.“
Die Kolleg(inn)en stehen allgemein hoch im Kurs. Wenn Hilfestellung notwendig wird, werden diese häufig als erste angefragt. Die gemeinsame Entwicklung von Lösungen im Team wird als bereichernd erlebt, Kolleg(inn)en eher als Unterstützungsressourcen wahrgenommen.
Abgrenzen und Nein sagen
Die Fähigkeit, eigene Grenzen zu spüren und auch deutlich setzen zu können sowie Körpersignale in Stresssituationen wahrzunehmen und entsprechend gegenzusteuern, ist gesunderhaltend und erhält die Freude und den Spaß an der Arbeit in diesem Beruf. Auch hilft ein klares Selbstbewusstsein über die eigenen psychischen Stärken ebenso wie die Überzeugung, über diverse Lösungsstrategien zu verfügen und die auftauchenden Probleme und Anforderungen gut zu bewältigen. Aus einigen Aussagen spricht eine tiefe Zuversicht, ein Urvertrauen in sich selbst, also eine Grundhaltung, im Leben alles meistern zu können.
In der Balance sein, seine Kräfte nicht überstrapazieren und damit haushalten sowie Durchhaltevermögen und Dranbleiben in kniffligen Situationen zeigen deutlich, dass diese Einstellungen im Berufsalltag hilfreich sind, um sich nicht durch die Aufgaben erdrücken zu lassen.
Auch den Alltag nach eigenen ethischen Werten zu leben und zu gestalten (Fairness, Ehrlichkeit, Authentizität, Offenheit) und nach Religionsweisheiten und dem eigenen Glauben auszurichten sowie sich auch nach langjähriger Berufstätigkeit noch die Neugier und das Interesse am Menschen zu bewahren, sind wichtige innere Lebenshaltungen, die diesen Fachkräften helfen, ihre Arbeitsfähigkeit auf Dauer zu erhalten.
Perfektionismus schadet
In der Burnoutforschung heißt es immer wieder, dass besonders perfektionistisch geprägte Menschen vom Ausbrennen betroffen sind. Die Aussagen zeigen, dass sich die Fachkräfte durchaus ihres hohen Anspruchs bewusst sind und sich daher zielgerichtet und gezielt darin üben, mehr Lebensqualität durch einen verringerten Selbstanspruch zu erlangen. Diese Fachkräfte werden gute Chancen haben, auch weiterhin im Berufsfeld zu bleiben – sie werden jedenfalls nicht an ihren zu hohen Anforderungen an sich selbst scheitern. Der Schlüssel zum Wohlbefinden in diesem Berufsfeld liegt in der Balance der vier grundlegenden Lebensbereiche: dem mentalen, sozialen, spirituellen und körperlichen Leben.
Die vorliegenden Ergebnisse eröffnen eine optimistische Herangehensweise: Der Blick richtet sich nicht nur auf die von den Fachkräften wahrgenommenen Stressoren im Berufsalltag, auf die ausbremsenden Faktoren, sondern im Vordergrund stehen die herausgefilterten Einstellungen und Lebenshaltungen, Sicht- und Handlungsweisen, die auf Dauer gesund erhalten. Im Fokus sind die Kompetenzen und Bewältigungsressourcen jeder einzelnen Fachkraft. Es ist deutlich geworden, dass die dargestellten Fähigkeiten im Laufe einer langjährigen Berufserfahrung gelernt werden können.
Beginnen lässt sich mit einem veränderten Fokus auf den eigenen Umgang mit Zeit und der bewussten Entscheidung und Wahl, neue Wege einzuschlagen und auszuprobieren, überhaupt neue Haltungen zu entwickeln. Wie gelingt das?
Durch Bewusstwerdung eigener Strukturen und der Bereitschaft, an sich zu arbeiten, Mut zu Neuem und Offenheit für einen neuen Fokus auf die Alltagsherausforderungen lässt sich sukzessive auch Einfluss auf Veränderungen an den eigenen Berufs- und Alltagsbedingungen vornehmen und lernen, gezielt aufmerksam mit sich selbst umzugehen und gut für sich selbst zu sorgen. Es bleibt zu hoffen, dass dies den Fachkräften innerhalb der sozialen Arbeit – in diesem interessanten und spannenden Beruf mit Menschen – zukünftig gut gelingen wird.
Anmerkungen
1. Poulsen, Irmhild: Burnoutprävention im Berufsfeld Soziale Arbeit. Perspektiven zur Selbstfürsorge von Fachkräften. Wiesbaden : VS-Verlag, 2008.
2. Antonovsky, Aaron: Salutogenese : Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen, 1997. Siehe auch Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): Was erhält Menschen gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert. Köln, 2001.
3. Poulsen, Irmhild: Burnoutprävention im Berufsfeld Soziale Arbeit, a.a.O. Siehe auch: Poulsen, Irmhild: Raus aus der Sackgasse! Hilfen bei Stress und Belastung im Alltag Sozialer Arbeit. In: Sozialmagazin. Die Zeitschrift für Soziale Arbeit Heft 10/2007, S. 11–21.