Die Sozialstationen leben von Teilzeitstellen
Im Dezember 2007 galten 2,25 Millionen Menschen nach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) als pflegebedürftig. 32 Prozent (709.000 Pflegebedürftige) wurden in Pflegeheimen versorgt.1 46 Prozent (1,03 Millionen) der Pflegebedürftigen erhielten Pflegegeld und wurden von Angehörigen zu Hause gepflegt, während 22 Prozent (504.000 Pflegebedürftige) ausschließlich oder zusätzlich von einem Pflegedienst betreut wurden, 75.400 davon von einer der 1025 Sozialstationen in katholischer Trägerschaft.
Der Marktanteil der Caritas an den bundesweit 11.500 Pflegediensten liegt bei neun Prozent, was aber nicht der tatsächlichen Präsenz der Caritas-Sozialstationen auf dem ambulanten Pflegemarkt entspricht. Betrachtet man die Zahl der Pflegebedürftigen, stellt man fest, dass 15 Prozent der Betreuten durch Caritas-Dienste versorgt werden. Die Differenz erklärt sich dadurch, dass Sozialstationen der Caritas durchschnittlich mehr Pflegebedürftige betreuen als Dienste anderer Träger. Kommen private Träger auf durchschnittlich 33 Pflegebedürftige pro Pflegedienst, so sind es bei freigemeinnützigen Trägern durchschnittlich 60 Pflegebedürftige. Private Pflegedienste sind in der Regel kleiner. 65 Prozent der privaten Träger versorgen bis zu 35 Pflegebedürftige, bei Caritas-Sozialstationen beträgt dieser Anteil jedoch nur 18 Prozent. Abbildung 1 zeigt: Der Marktanteil der privaten Träger nimmt über die Größe der Dienste hinweg ab, während der Anteil der Caritas-Sozialstationen steigt.
Freigemeinnützige Träger haben seit 2001 Marktanteile verloren. Während ihr Anteil an der Anzahl der versorgten Personen im Jahr 2001 noch 60 Prozent betrug, ging er bis Dezember 2007 konstant auf knapp 53 Prozent zurück. Gewinner dieses Rückgangs waren die privaten Träger. Entsprechend dem Vorrang der privaten und freigemeinnützigen Träger nach dem SGB XI ist der Anteil der öffentlichen Träger mit konstant zwei Prozent verschwindend gering. Die ambulanten Dienste der Caritas waren von der negativen Entwicklung der übrigen freigemeinnützigen Dienste nicht betroffen: Ihr Anteil an der Anzahl der Versorgten beträgt seit 2001 um die 15 Prozent. Somit konnte die Caritas ihre Position unter den freigemeinnützigen Trägern sogar ausbauen (von 26 Prozent im Jahr 2001 auf 28 Prozent im Jahr 2007). Der Konkurrenzdruck bleibt jedoch groß, wie die verbandsweite Erhebung der wirtschaftlichen Lage der Rechtsträger der Caritas zeigt.2 Fast die Hälfte der 179 befragten Sozialstationen empfindet eine verschärfte Konkurrenz. Auch der Kostendruck durch zu geringe Vergütungssätze setzt den ambulanten Diensten zu.
Präsenz der Caritas nach Bundesländern
Im Vergleich der Bundesländer zeigt sich, dass Caritas-Sozialstationen je nach Region unterschiedlich präsent sind. Während ihr Anteil an allen ambulanten Pflegediensten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg zwischen 14 und 15 Prozent und in Bayern sogar 17 Prozent beträgt, liegt er in Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen jeweils unter drei Prozent.
Eine Vollzeitkraft für sechs Pflegebedürftige
29.800 (13 Prozent) der insgesamt 236.000 Beschäftigten im ambulanten Pflegebereich sind bei Sozialstationen der Caritas tätig. Seit 2001 ist die Zahl der Mitarbeiter(innen) um elf Prozent gestiegen, hauptsächlich durch die Zunahme von Teilzeitstellen. Die geschätzten Vollzeitäquivalente (VZÄ)3 des Caritas-Personals haben sich seit 2001 nur marginal verändert. Hier muss jedoch betont werden, dass davon der Bereich der Grundpflege nicht betroffen ist. Die geschätzten VZÄ in der Grundpflege sind seit 2001 um elf Prozent gestiegen – etwa im selben Umfang, wie die Anzahl der Pflegebedürftigen (zehn Prozent) gestiegen ist. Seit 2001 unverändert beträgt die Quote 0,17 Mitarbeiter (in VZÄ) aus der Grundpflege pro Pflegebedürftigen, das heißt ein(e) Mitarbeiter(in) in Vollzeit ist für durchschnittlich sechs Pflegebedürftige zuständig.
Wie in der stationären Altenpflege hat sich die Beschäftigung auch im ambulanten Bereich immer mehr in Richtung Teilzeit verschoben. Im Jahre 2001 war noch knapp ein Viertel der Mitarbeiter(innen) bei Caritas-Sozialstationen in Vollzeit eingestellt – im Jahr 2007 waren es nur noch 15 Prozent. Das ist der niedrigste Wert unter allen Trägerformen. Dafür liegt der Anteil der geringfügig Beschäftigten mit 29 Prozent bedeutend höher als bei anderen Trägern (zwischen 19 und 23 Prozent, vgl. Abbildung 2).
Bemerkenswert ist dabei, dass von den knapp 8700 geringfügig Beschäftigten in Caritas-Sozialstationen etwa 5000 eine pflegerische oder therapeutische Ausbildung besitzen. Nur 2400 Beschäftigte haben einen „sonstigen Berufsabschluss“ und 600 (noch) keinen Abschluss. 60 Prozent der geringfügig Beschäftigten sind im bedeutenden Bereich der Grundpflege tätig. Mit Blick auf den Fachkräftemangel, der sich in Zukunft noch verschärfen wird, sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse empfehlenswert, bei denen Arbeitnehmer(innen) keinen Nachteil hinsichtlich ihrer Rentenansprüche oder Arbeitslosenversicherung erfahren. In der verbandsweiten Erhebung der wirtschaftlichen Lage geben 63 Prozent der befragten Sozialstationen an, dass ihnen die Gewinnung von Fachkräften mit mittlerem Abschluss schwerer gefallen ist. Dies ist ein ernstzunehmendes Warnsignal, besonders im Hinblick darauf, dass ein Drittel einen weiteren Anstieg der Beschäftigtenzahlen erwartet, die Anwerbung von qualifizierten Mitarbeiter(inne)n aber nicht leichter wird.
Anders als in der stationären Altenpflege übersteigt die Anzahl der Mitarbeiter(innen) mit einem Berufsabschluss als Gesundheits- und Krankenpfleger(in) (36 Prozent) die der Altenpfleger(innen) (20 Prozent). Da hauswirtschaftliche Aufgaben von Angehörigen oder sogar von den Pflegebedürftigen selbst übernommen werden, liegt der Schwerpunkt der ambulanten Dienste auf pflegerischen Tätigkeiten – was sich auch in den Berufsabschlüssen widerspiegelt. Nur ein Viertel der Beschäftigten der Sozialstationen hat keinen pflegebezogenen Berufsabschluss. Während Zivildienstleistende im Jahr 2001 noch 4,1 Prozent des Personals ausmachten4, betrug ihr Anteil 2007 nur noch 1,4 Prozent.
Pflegebedürftige in Pflegestufe I nehmen zu
Seit 2001 ist die Anzahl der Personen, die durch eine Caritas-Sozialstation versorgt werden, in Pflegestufe I von etwa 32.000 auf fast 40.000 gestiegen. Die Anzahl der Pflegebedürftigen in Pflegestufe II liegt konstant bei etwa 26.000, während die Anzahl derjenigen in Pflegestufe III (inklusive Härtefälle) von über 10.000 auf 9500 gesunken ist (siehe Abbildung 3).
Die Altersstruktur derer, die durch ambulante Dienste der Caritas gepflegt werden, hat sich nur im oberen Bereich verändert. Während die Altersgruppen bis 80 Jahre seit 2001 zahlenmäßig relativ konstant sind, ist die Altersgruppe der 80- bis 85-Jährigen seitdem um 4000 Personen angestiegen. Die Gruppe der 85- bis 90-Jährigen hat im Vergleich zum Jahr 2005 um 4600 zugenommen und liegt jetzt bei 17.000 Pflegebedürftigen, während die Gruppe der über 90-Jährigen wiederum relativ konstant 12.000 Pflegebedürftige umfasst. Zwei Drittel der Pflegebedürftigen sind weiblich.
Seit 2001 ist der Anteil der Pflegebedürftigen, die nur Sachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst und keine zusätzlichen Pflegegeldleistungen erhalten, um etwa fünf Prozentpunkte auf 54 Prozent im Jahr 2007 gesunken. 46 Prozent der Pflegebedürftigen, die durch einen Pflegedienst versorgt werden, erhalten von den Pflegekassen eine Kombination aus Geld- und Sachleistungen.
Das Statistische Bundesamt stellt für die Caritas auch Sonderauswertungen auf der Ebene der Bundesländer bereit. Bei Interesse sind diese Ergebnisse für Mitglieder der Caritas abrufbar (E-Mail an: unternehmen@caritas.de).
Anmerkungen
1. Quelle jeweils: Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, 2009. Download der amtlichen Pflegestatistik – mit Ausnahme der Caritas-Sonderauswertung – unter: www.destatis.de, Rubrik: Publikationen/Publikationsservice.
2. Jutz, Regina: Fachkräfte dringend gesucht. In: neue caritas Heft 9/2010, S. 21ff.
3. Hier erfolgt eine Umrechnung der Arbeitszeiten des Personals in Vollzeitstellen. Im Rahmen der Pflegestatistik ist nur eine Schätzung der Vollzeitäquivalente möglich, da die Statistik nicht die genauen Arbeitszeiten der Mitarbeiter(innen) erfasst.
4. Fix, Birgit: Aussichten: heiter bis wolkig [eine Zwischenbilanz zu den Wettbewerbs-Aussichten von Caritas-Sozialstationen anhand der Pflegestatistik]. In: neue caritas Heft 21/2004, S. 24–27.