Seniorenfreizeiten sollen mehr als nur Erholung bieten
Wer heutzutage reisen will, kann in aller Regel ungeachtet seiner Interessen auf zahlreiche unterschiedliche Angebote zurückgreifen. Auch für die Seniorengeneration gibt es vielfältige speziell zugeschnittene Reisen. Bis vor wenigen Jahren waren die Verbände der freien Wohlfahrtspflege federführend in solchen Dienstleistungen, somit gibt es auch viele Caritasverbände - oft Ortsverbände -, die Seniorenfreizeiten anbieten.1
Aber auch die gewerblichen Reiseunternehmen richten ihr Augenmerk immer mehr auf die Zielgruppe der "kaufkräftigen Best-Ager" und reiseaktiven Senior(inn)en. Ein Drittel aller Urlauber(innen) ist bereits älter als 60 Jahre. Neben den Urlaubsmotiven Geselligkeit, Kommunikation und Unterhaltung gibt es dabei ein starkes Bedürfnis nach Bequemlichkeit, Sicherheit und Hilfe beim Gepäcktransport, zumal jede/r Vierte der über 60-Jährigen eine oder mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweist.2
Reisen als Baustein der Seniorenarbeit
Mit speziellen Seniorenreisen ließe sich also zweifelsohne ein großer Markt erobern. Die Palette der gewerblichen Reiseangebote zeigt auch, dass zumindest die "jungen Alten" als eine lohnende Zielgruppe für die Branche identifiziert worden sind. Auch handelt es sich bei den Menschen 60 plus um einen Wachstumsmarkt mit Garantie, denn die demografische Entwicklung lässt die Zahl der Ruheständler auf Jahre hin größer werden.3
Doch der mögliche Gewinn kann es wohl kaum sein, der die Caritasverbände und andere Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege antreibt: Auch der Caritas im Bistum Fulda geht es keineswegs darum, in einem lukrativen Markt mitzumischen, sie ist kein kommerzielles Reiseunternehmen und will es auch nicht sein. Die Caritas in Fulda sieht die Seniorenfreizeiten als einen wichtigen Baustein ihrer Seniorenarbeit.
Finanziell sollten sich die Reisen selbst tragen und mit einer "schwarzen Null" abschließen. Die Reisekosten werden im Diözesan-Caritasverband Fulda anteilig auf die Teilnehmer(innen) umgelegt. Diese Rechnung geht nicht auf, wenn Mitreisende plötzlich ausfallen oder eine Reise trotz Unterbelegung erfolgt. Darüber hinaus kommen Kosten für Werbung, Broschüren, Arbeitskräfte und Veranstaltungen hinzu, die von der Caritas getragen werden. Seniorenfreizeiten sind somit eher ein "Zubuttergeschäft".
Ein Katalog mit dem aktuellen Programm erscheint jährlich zur Adventszeit. In diesem Jahr werden die Reisen erstmals auch unter www.caritas-fulda.de vorgestellt. Die Fahrten - meist im Sommerhalbjahr von März bis Oktober - bieten Aufenthalte von wenigen Tagen bis zu drei Wochen, die Ziele liegen im Nahbereich rund um Fulda - etwa in der Rhön -, oder aber in größerer Ferne - zum Beispiel an der Ostsee oder am Alpenrand. Mit dem Westböhmischen Bäderdreieck und einer Elisabeth-Pilgerreise nach Ungarn gab es auch mehrfach Ziele im Ausland.
Manche Fahrten bieten Freizeiten im klassischen Sinne. Eine ehrenamtliche Begleiterin hilft den teilnehmenden Senior(inn)en dabei auf Wunsch beim Gestalten der Urlaubstage, organisiert vor Ort gemeinschaftliche Aktivitäten und kleinere Ausflüge. In den letzten Jahren organisiert die Fuldaer Caritas aber auch verstärkt "Themen-Reisen" mit Kultur- und Besichtigungsprogramm oder mit Wellness- und Kurangeboten.
Kontakte knüpfen und pflegen
Bei allen Fahrten steht jedoch das Bestreben im Mittelpunkt, für Senior(inn)en Erholung und Entspannung zu ermöglichen, deren allgemeiner Zustand - psychisch wie physisch - womöglich keine eigene Urlaubsplanung mehr zulässt. Ihnen soll über das Reisen mit der Caritas eine zusätzliche Option geboten werden, Kontakte herzustellen und zu pflegen, Freizeit im Kreise Gleichgesinnter zu verbringen. Die Motivation der mitreisenden Senior(in- n)en, überwiegend sind es Frauen, ist im Grunde einhellig: "Die meisten von unseren Teilnehmern wollen in der Tat schlichtweg Erholung, einfach einmal heraus aus dem Alltag", erläutert Monika Kuhnke, zuständig beim Diözesan-Caritasverband Fulda für die Organisation des Reiseprogramms. "Sie wollen dabei gerne etwas anderes sehen und hören, vor allem aber wollen sie nicht alleine sein. Organisatorisch verlassen sie sich gerne vollkommen auf die Caritas und darauf, dass das Urlaubsziel ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht." Für Senior(inn)en mit Behinderung ist die Reiseteilnahme generell nicht eingeschränkt. Für Rollstuhlnutzer kommen allerdings nicht alle Ziele in Frage.
Tatsächlich scheint die Exklusivität des Reiseziels nicht das primäre Entscheidungskriterium zu sein - gerade jene Senior(inn)en, die als "Stammkunden" immer wieder Fahrten mitmachen, setzen gerne auf Bewährtes, statt mit einem neuen Ziel zu experimentieren.
Was ist maßgeblich für die Entscheidung, mit der Caritas zu verreisen? "Die ehrenamtlichen Begleiterinnen spielen sicher eine herausragende Rolle für die Atmosphäre auf den Reisen", mutmaßt Sachbearbeiterin Kuhnke. "Die Senioren fühlen sich bei solchen begleiteten Fahrten gut aufgehoben. Im Notfall - das muss nicht einmal etwas Dramatisches sein - ist dann immer jemand da, der ihnen zur Seite steht. Viele Mitreisende schätzen zudem das religiöse Angebot, die Möglichkeit zum täglichen Gottesdienstbesuch sowie die Atmosphäre in den kirchlich geführten Häusern, die häufig als Quartiere ausgesucht werden."
Die Begleitung ist wichtig
Die Begleitung der Reisen scheint sehr wichtig für die älteren Menschen zu sein, denn nachweislich machen Senior(inn)en verstärkt auch von kommerziellen Reiseangeboten Gebrauch, die ihnen ein Höchstmaß an Betreuung und damit einhergehender Sicherheit während des Reiseverlaufes vermitteln.4
Die Begleitpersonen - bei jeder Seniorenfreizeit der Caritas sind eine oder zwei dabei - werden jährlich fortgebildet. Sie sind zudem über die Beratungsangebote der verbandlichen Caritas informiert, um gegebenenfalls entsprechende Bedürfnisse bei "ihren" Senior(inn)en zu erkennen und Kontakte zu Beratungsdiensten zu vermitteln. Damit sich Reiseteilnehmer(innen) und Reiseinteressierte austauschen können, gibt es seit kurzem das sogenannte "Reisecafé" im Altenpflegeheim St. Josef in Fulda: Etwa dreimal im Jahr können dort Reisefreudige ihre Eindrücke austauschen, sich verabreden und sich über neue Reisen informieren. Ein weiteres Anliegen der Caritas ist es hierbei, Senior(inn)en die vernetzten Hilfsangebote näherzubringen und so die Schwellenangst zu nehmen. Die Seniorenfreizeiten sind so gesehen auch ein niedrigschwelliges Angebot, Kontakt zur Caritas und ihren Diensten aufzunehmen.
Die Reisen sollten bezahlbar sein
Ein weiterer Sozialaspekt der Seniorenfreizeiten ist der monetäre: Die Reisen sollen auch für Menschen bezahlbar sein, die finanziell eingeschränkt sind. Fünf Tage Thüringen mit Fahrt und Vollpension gibt es ab 218 Euro, für 16 Tage am Bodensee müssen 725 Euro hingelegt werden. Dazu Monika Kuhnke: "Wir sind bemüht, die Urlaubsziele und Erholungshäuser so auszusuchen, dass sie einem höheren Anspruch gerecht werden, aber dabei auch für diejenigen erschwinglich sind, die nur einen kleinen finanziellen Rahmen zur Verfügung haben. In Anbetracht der allgemein zunehmend schwierigeren wirtschaftlichen Situation und der steigenden Lebenshaltungskosten werden zukünftig sicher preislich besonders günstige Urlaubsmöglichkeiten verstärkt anvisiert werden müssen. Ziel bei der Programmzusammenstellung ist jedoch auch in den kommenden Jahren, ein gutes Mischverhältnis zu realisieren." Um die Qualität des Dienstleistungsangebots sicherzustellen, werden die Reiseteilnehmer(innen) auch befragt (siehe hierzu die Ergebnisse im Kasten in Heft 2/2009, S. 27).
Kontakt: Caritasverband für die Diözese Fulda, Seniorenfreizeiten - Monika Kuhnke, Tel. 0661/2428-131, E-Mail: monika.kuhnke@caritas-fulda.de
Anmerkungen
1. Beispielsweise haben sich im Erzbistum Paderborn laut Angebot im Internetauftritt 17 örtliche Caritasverbände zusammengeschlossen, um diesen Dienst kooperativ zu organisieren.
2. Vgl. Werner Sülberg Marktforschung DER Deutsches Reisebüro: Wer bucht was, wie, wo und Warum? Vortrag zum 2. Deutschen Reisebürotag, 2006.
3. Vgl. Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1910-2050, Quelle: Statistisches Bundesamt.
4. Vgl. Schönknecht, Christiane: Sport und Reisen im Alter : Einflüsse und Hemmnisse. Berlin : Weißensee Verlag, 2003, S. 246.