Wie viel ein Vorstand in der Caritas verdienen darf ...
Die Entlohnung von Manager(inne)n ist ein sehr emotional besetztes Thema, das in der Vergangenheit immer wieder mit Negativbeispielen aufwarten konnte. Schlagzeilen machte zum Beispiel der Fall des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Mannesmann AG, der im Jahr 2000 eine Rekordabfindung von 60 Millionen Mark erhalten hatte. Auch in der aktuellen Finanzkrise rücken die Managergehälter der Banken in den Mittelpunkt, und es wird die berechtigte Frage gestellt, ob hier Leistung und Verdienst noch in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Allerdings sollte man nicht glauben, dass die Frage zu hoher Managergehälter nur gewerbliche Unternehmen betrifft. Auch gemeinnützige Unternehmen werden inzwischen von der Öffentlichkeit kritisch unter die Lupe genommen. Schuld daran sind einzelne Unternehmenskrisen, verbunden mit kriminellen Machenschaften, bei denen auch zu hohe Managergehälter eine Rolle spielten.
Gemeinnützige Unternehmen in der Sozialwirtschaft agieren zunehmend unter Wettbewerbsbedingungen und müssen deshalb unternehmerisch handeln. Dies wirkt sich auch auf die Vergütung der Mitarbeiter(innen) der Caritas aus. Die Vergütungsdiskussion konzentriert sich dabei fast ausschließlich auf die unteren und mittleren Gehaltsklassen, während die Bezahlung der hauptamtlichen Geschäftsführer(innen) und Vorstände kein größeres Thema ist. Erklärt werden kann dies damit, dass die Arbeitskosten der Geschäftsführer(innen) und Vorstände in der Regel einen recht geringen Anteil an den Gesamtarbeitskosten eines Trägers ausmachen. Trotzdem ist die Vergütung von Geschäftsführer(inne)n und Vorständen eine nicht zu vernachlässigende Fragestellung für die Träger. Folgende Gründe sprechen dafür:
Die Gewinnung von qualifiziertem Leitungspersonal ist essenziell für gemeinnützige Unternehmen. Dafür ist unter anderem auch eine konkurrenzfähige, marktgerechte Vergütung für Geschäftsführer(innen) und Vorstände notwendig. Kompetente Führungskräfte sind ein "knappes Gut". Die gemeinnützigen Unternehmen müssen hier gleichziehen, um im Markt bestehen zu können. Die Arbeitsvertragsrichtlinien der kirchlichen Wohlfahrtsverbände, aber auch der TVöD stellen keine oder nur bedingt konkurrenzfähige Vergütungssysteme für die Bezahlung von Vorständen und Geschäftsführer(inne)n dar. Der Übergang von unbefristeten Arbeitsverträgen für Geschäftsführer(innen) und Vorstände auf zeitlich befristete Arbeitsverträge in den neueren Satzungen der Orts- und Kreis-Caritasverbände schlägt sich auf die Vergütung nieder. Die Befristung bedeutet ein höheres Risiko für die Geschäftsführer(innen) und Vorstände, das entsprechend entgolten werden sollte. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass teilweise bereits in den außertariflichen Bereich ausgewichen wird, was zum Beispiel gemäß den Arbeitsvertragsrichtlinien des DCV bei hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführer(inne)n auch möglich ist (Allgemeiner Teil der AVR § 3 des Deutschen Caritasverbandes).
Managergehälter müssen offengelegt werden
Das Interesse der Gesellschaft an dieser Frage hat sich erheblich vergrößert und damit den Handlungsdruck signifikant erhöht. Seit Anfang 2007 müssen gemäß des Gesetzes zur Vorstandsvergütung (VorstOG) die Managergehälter von börsennotierten Unternehmen offengelegt werden. Das Gesetz sieht vor, dass bei börsennotierten Aktiengesellschaften künftig die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes, aufgeteilt nach erfolgsunabhängigen und erfolgsbezogenen Komponenten sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung, unter Namensnennung im Geschäftsbericht anzugeben sind.
Das Thema hat auch die Vorstandsebene der gesetzlichen Krankenkassen erreicht. Seit dem Jahr 2004 müssen die Vorstandsvorsitzenden der gesetzlichen Kassen ihre Verdienste veröffentlichen. Die Spanne bewegt sich je nach Anzahl der Mitglieder und Beschäftigten zwischen 60.000 und 200.000 Euro.1
Obwohl die Unternehmen der Caritas keine direkten Adressaten der genannten gesetzlichen Regelungen sind, ist die Ausstrahlungswirkung zu beachten, die von ihren Interessengruppen (Spender(innen), Zuschussgeber oder Kapitalgeber) auf sie ausgeübt wird.
Die Unternehmen der Caritas müssen deshalb die gesellschaftliche Forderung nach mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit offensiv aufgreifen. Dadurch wird die eigene Glaubwürdigkeit, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Außerdem wird auch Vorsorge dafür getroffen, dass die Frage der Vergütung von Geschäftsführer(inne)n oder Vorständen nicht zu einem Vertrauensproblem für die Marke Caritas wird.2
Welche Vergütung angemessen ist, entscheiden Gremien
Dabei gilt: Hauptamtliche Geschäftsführer(innen) und Vorstände in Unternehmen der Caritas sollen - unabhängig von ihrer Rechtsform - entsprechend ihrer Verantwortung angemessen vergütet werden. Die Frage der Angemessenheit ist vom zuständigen Aufsichtsgremium, der Gesellschafterversammlung beziehungsweise dem Eigentümer zu entscheiden. So sehen es die Grundsätze guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung und -kontrolle vor, die im Deutschen Corporate Governance Kodex festgelegt worden sind. Dort heißt es, dass die Vergütung der Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat in angemessener Höhe auf der Grundlage einer Leistungsbeurteilung festgelegt wird.3 Die im Jahr 2004 veröffentlichte Arbeitshilfe 182 "Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftliche Aufsicht"4 des Verbandes der Diözesen Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz empfiehlt katholischen sozialen Rechtsträgern die Übernahme der Grundsätze des Deutschen Corporate Governance Kodex.
Rückmeldungen aus Aufsichtsgremien der Caritas haben gezeigt, dass Unsicherheit bezüglich der Festlegung von Höhe und Struktur von Vorstandsvergütungen besteht. Angesichts der großen Bedeutung dieser Frage für die Wettbewerbsfähigkeit aber auch für das Image von Caritas-Unternehmen hat der Deutsche Caritasverband eine Orientierungshilfe erstellt, die einen Beitrag zur Deckung dieses Informationsbedarfs leisten soll. Die Mitglieder von Aufsichtsgremien der Caritas können mit Hilfe dieser Orientierung die Vergütungspraxis im eigenen Unternehmen reflektieren und erhalten bei Bedarf erste Anhaltspunkte für mögliche Veränderungen.
Die Orientierungshilfe des DCV für die Vergütung von hauptamtlichen Geschäftsführer(inne)n und Vorständen besteht aus vier Teilen:
- theologisch-ethische Grundlagen für die Vergütung;
- empirische Studie zur aktuellen Vergütungspraxis in der Caritas;
- Vergleichsdaten;
- grundsätzliche Hinweise für die Einführung einer variablen Vergütungskomponente.
Vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes zwischen der Notwendigkeit, hauptamtliche Geschäftsführer(innen) und Vorstände marktgerecht zu vergüten, und der Gefahr eines Imageproblems aufgrund zu hoher Managergehälter soll die Publikation Orientierung geben. Caritas als Teil der Kirche sucht diese vor allem in den theologisch-ethischen Grundlagen ihrer Arbeit.
Die christliche Sozialethik kann keine detaillierten Aussagen über die konkrete angemessene Höhe von Vergütungen von Führungskräften und Vorständen im einzelnen Unternehmen treffen. Denn die Angemessenheit hängt stets von der Bandbreite der Vergütungen aller Mitarbeitenden im jeweiligen Unternehmen, der konkreten Tätigkeit, der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens sowie von der Marktsituation ab. Gleichzeitig gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit gegenüber den Vergütungen bei anderen Trägern innerhalb der Caritas.
Auf der Basis der sozialethischen Grundlagen lassen sich als Orientierung für die Vergütung von hauptamtlichen Geschäftsführer(inne)n und Vorständen der Caritasträger ethische Kriterien und Verfahrensmaßstäbe als Empfehlungen ableiten. So hat zum Beispiel die Lohnspreizung zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen bezogen auf unterschiedliche Funktionsbereiche bei dem Unternehmen maßvoll zu sein.
Die in der Orientierungshilfe enthaltenen Daten zur aktuellen Vergütungspraxis in der Caritas wurden Ende 2007/Anfang 2008 von einer Gummersbacher Unternehmensberatung, Geschäftsbereich Vergütungsberatung, erhoben. In dieser Befragung haben von 1200 angeschriebenen Trägern 174 zu den Gehältern ihrer Geschäftsführer und Vorstände Auskunft gegeben. Lediglich 17 Träger haben in Bezug auf leitende Mitarbeiter(innen) gemäß § 3 Abs. (g) Allgemeiner Teil AVR, die über die höchste Vergütungsgruppe der AVR hinausgehende Dienstbezüge erhalten, geantwortet. Deshalb konnten in diesem Bereich nur einige wenige Kernaussagen ausgewertet werden.
Analysiert man bereits veröffentlichte Gehaltsstudien, die das Sozial- und Gesundheitswesen als Untersuchungsgegenstand haben, so lässt sich jedoch feststellen, dass sich das Caritas-Ergebnis im Rahmen dieser Resultate bewegt.
Hinsichtlich der Jahresgesamtbezüge (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld und variabler Vergütungskomponente) der hauptamtlichen Geschäftsführer(innen) und Vorstände liegt die Mehrzahl der Rückmeldungen zwischen 60.000 und 80.000 Euro (40 Prozent der Befragten) und 80.000 bis 100.000 Euro (22 Prozent der Befragten). Zwei Drittel der Befragten gaben an, ihre Vergütung in Einzelverträgen festgelegt zu haben, das heißt außerhalb der AVR. Je größer beziehungsweise je komplexer ein Unternehmen ist, desto höher sind die gezahlten Jahresgesamtbezüge. Dies deckt sich mit Erkenntnissen aus der gewerblichen Wirtschaft und bestehenden Gehaltsstudien aus dem Krankenhausbereich.
Bandbreite in der Vergütung
Die Gültigkeit dieses Zusammenhangs erklärt, warum es auch in der Caritas eine gewisse Bandbreite in der Vergütung von hauptamtlichen Geschäftsführer(inne)n und Vorständen gibt. Im Auswertungsbericht werden die Jahresgesamtbezüge nach Alter, Zugehörigkeit zum Verband, Geschlecht, Befristung des Arbeitsverhältnisses und Tätigkeitsbereich des Unternehmens ausgewiesen. In der Behinderten-, Alten- und Jugendhilfe liegen die Jahresgehälter beispielsweise im Durchschnitt zwischen 74.000 und 81.000 Euro, im Bereich der Aus- und Fortbildung im Schnitt bei 85.000 Euro. Ein Viertel der Befragten erhält einen variablen Vergütungsbestandteil, der im Durchschnitt 14 Prozent der Gesamtvergütung ausmacht. Nicht monetäre Vergütungsbestandteile wie beispielsweise Firmenwagen werden ebenfalls beleuchtet.
Der Vergleich mit Vergütungen in ähnlichen Positionen in der gewerblichen Wirtschaft offenbart, dass hauptamtliche Geschäftsführer und Vorstände in der Caritas bereit sind, Gehaltseinbußen zu akzeptieren. Erklärt werden könnte dies mit der hohen Identifikation mit dem Satzungszweck des Unternehmens und der Caritas. Allerdings decken sich die Vergütungen in katholischen Krankenhäusern weitgehend mit den Krankenhausvergütungen insgesamt: Sie liegen mit durchschnittlich 134.000 Euro Jahresgesamtbezügen für einen Geschäftsführer deutlich über den Werten in den anderen Fachbereichen. Die zunehmende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt für Führungskräfte könnte Bewegung in die Caritaslandschaft bringen. Allerdings stellt sich die Frage der Refinanzierbarkeit höherer Geschäftsführervergütungen, die in den einzelnen Arbeitsbereichen der Caritas sehr unterschiedliche Spielräume aufweist. Dies und die Notwendigkeit, dass in Unternehmen der Caritas die Spanne zwischen den durchschnittlichen Personalkosten eines Unternehmens und der Vergütung des Top-Managements aus ethischen Gründen nicht zu hoch ausfallen darf, stellen begrenzende Faktoren für den Erhöhungsspielraum dar.
Die Orientierungshilfe kann beim Versand des DCV bestellt werden. Sie ist auf CD-ROM für einen Preis von 100 Euro erhältlich. Bestelladresse: Fax: 0761/ 200-507, E-Mail: carikauf@caritas.de
Anmerkungen
1. AOK-Bundesverband - Presse - Pressemitteilungen - Fragen und Antworten rund um die Vorstandsgehälter in der GKV - 25.02.2004 (zu finden auf der Internetseite www.aok-bv.de, Stand: 24.11.2008).
2. Auch Punkt 10 der Tarifpolitischen Leitlinien des DCV sieht vor, Transparenz und Nachvollziehbarkeit in Bezug auf die Vergütungen aller Mitarbeiter(innen) herzustellen: "Innerhalb der verbandlichen Caritas kann Transparenz mittels einer Orientierungshilfe erreicht werden, die anonymisierte Angaben zur Vergütungshöhe und Vergütungspraxis übertariflich bezahlter Mitarbeiter(innen) enthält." (Siehe neue caritas Heft 8/2007, S. 38).
3. Deutscher Corporate Governance Kodex (Stand 6. Juni 2008), veröffentlicht im Internet unter www.corporate-governance-code.de (Stand: 24. November 2008).
4. Siehe www.dbk.de/schriften/arbeitshilfe/index.html