Klinikmanagement vernetzt Kompetenzen
Eine der wichtigsten Kernleistungen von Krankenhäusern ist die medizinische Versorgung kranker Menschen. Da sich die Rahmenbedingungen zur (medizinischen) Leistungserbringung in den letzten Jahren dramatisch verändert haben, muss das Management von Kliniken auf die neue Situation reagieren. Das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRGs) zwingt zu deutlich höherer Effizienz in der Leistungserbringung. Handlungsbedarf entsteht auch in und nach der Konvergenzphase. Dies ist der Zeitraum von 2005 bis 2009, in dem die bisherige Vergütung von Krankenhausleistungen auf einen bundeseinheitlichen Basisfallwert umgestellt wird. Die Krankenhausbudgets steigen seit Jahren nur noch unterproportional. Das Arbeitszeitgesetz führt zu erheblichen Lücken bei der Dienstplangestaltung, die sich dank der vermehrten Prüftätigkeit von Überwachungsbehörden nicht ohne weiteres kaschieren lassen. Der Ärztemangel stellt zunehmend die Fähigkeit zur Leistungserbringung infrage. Stationen müssen geschlossen, Operationen verschoben oder abgesagt werden. Gleichzeitig führt die demografische Entwicklung zu einem erhöhten Bedarf an medizinischen Leistungen generell und auch an Krankenhausleistungen, besonders für Senioren.
Der medizinisch-technische Fortschritt verlangt den Krankenhäusern ständige Neuerungen und damit Investitionen ab. Gleichzeitig begünstigt die Gesundheitspolitik die Verlagerung von medizinischen Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich. Wege aus diesem Dilemma sind:
- Effizienzsteigerung durch Straffung der Führungsprozesse, Controlling und Medizincontrolling, Prozess- und Qualitätsmanagement, Abrechungsoptimierung/Codierung, Outsourcing, Optimierung von Kommunikation und Dokumentation, zum Beispiel über EDV-Systeme;
- bessere Vermarktung der eigenen Leistungen über spezielle Marketingstrategien (verbesserte Öffentlichkeitsarbeit, Internetauftritte, Krankenhaus- führer) und vermehrte Lobbyarbeit (Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten, Patient(inn)en und Selbsthilfegruppen);
- Angebotsoptimierung, Zentrenbildung (Brustzentrum, Gefäßzentrum), Spezialisierung (zum Beispiel als Fachklinik für orthopädische Operationen), Leistungsdiversifikation (zum Beispiel die Aufteilung der Chirurgie in Gefäß-, Unfall- und Bauchchirurgie);
- Vernetzung, Ausbau und Weiterentwicklung der vorhandenen medizinischen Kompetenzen.
Ausgangslage in der Marienhaus GmbH
Die Geschäftsführung der Marienhaus GmbH (s. Kasten in Heft 18 2008, S. 11) stellte Anfang 2007 fest, dass die medizinische Leistungserbringung zwischen den Krankenhäusern in der Marienhaus GmbH nicht umfassend und ausreichend koordiniert war. Es existierten zu viele unterschiedliche Standards, Geräte, Kennzahlen und Kulturen. Die Geschäftsführung erteilte der Stabsstelle "Unternehmensentwicklung und Medizin" den Auftrag, eine Konzeption zur Medizinischen Kompetenzvernetzung zu erarbeiten. Die Stabsstelle ist in der zentralen Verwaltung angesiedelt.
So sieht die Medizinische Kompetenzvernetzung aus
Die Geschäftsführung hat eine auf die Bedürfnisse der Kliniken abgestimmte Konzeption beschlossen. Sie stellt nun die verbindliche Grundlage für die Medizinische Kompetenzvernetzung in der Marienhaus GmbH dar und ist wie folgt aufgebaut:
- Regelkommunikationen;
- Werkzeuge;
- Themen und Themenbearbeitung.
Medizinischer Beirat
Der Medizinische Beirat umfasst die Sprecher der Ärztlichen Direktoren und den Leiter der Stabsstelle "Unternehmensentwicklung und Medizin". Dieser Beirat stellt als "Steuergruppe" (ähnlich wie im Qualitätsmanagement) den Gesamtaufbau und die Weiterentwicklung der Vernetzung sicher. Er verdichtet Arbeitsergebnisse und Voten und leitet diese der Geschäftsführung weiter.
Ärztliche Direktoren der Krankenhäuser
Die Ärztlichen Direktoren treffen sich regelmäßig und tauschen sich über wesentliche organisatorische und medizinische Themen aus. Sie geben Voten zu bestimmten Fachthemen ab, die vom Medizinischen Beirat weiterbearbeitet werden. Die ärztlichen Direktoren haben auch die Aufgabe, die Beratungsergebnisse in ihre Einrichtungen hinein (zum Beispiel über das Krankenhausdirektorium und die hausinternen Chefarztkonferenzen) zu kommunizieren.
Fachgruppen der Chefärzte und leitenden Ärzte
Alle Chefärzte und leitenden Ärzte sind in (derzeit) fünf Fachgruppen organisiert, wobei diese Organisationsstruktur nach Bedarf angepasst werden kann. Die Fachgruppen haben einen Sprecher, der in Abstimmung mit dem medizinischen Beirat und der Stabsstelle "Unternehmensentwicklung und Medizin" Sitzungen organisiert und Themen festlegt. Bei den Fachgruppensprechern sind die Themen Qualitätsindikatoren und ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung angesiedelt.
Zentrale Arbeitsgruppe
Das Unternehmen verfügt über eine zentrale Verwaltung mit diversen Stabsstellen. Einige dieser Stabsstellen sind in der "Arbeitsgruppe Medizinische Kompetenzvernetzung der Zentrale" organisiert, welche den Aufbau der medizinischen Vernetzung im Unternehmen begleitet.
Vernetzung von Oberärzten und Assistenzärzten
Es hat sich gezeigt, dass es auch einen Vernetzungsbedarf bei Ober- und Assistenzärzten innerhalb des Unternehmens gibt. Dem Rechnung tragend fanden 2008 erstmals zwei Workshops für Oberärzte und Assistenzärzte statt. Ab 2009 sollen jährliche Treffen von Ober- und Assistenzärzten stattfinden, die von der Trägerebene organisiert werden.
Waldbreitbacher Ärztetag
Erstmals hält die Marienhaus GmbH Ende 2008 einen zentralen Ärztetag ab, zu dem alle Ärzte - mehr als 1000 - des Unternehmens und der Beteiligungsgesellschaften eingeladen werden (Chefärzte, leitende Ärzte, Oberärzte, Assistenzärzte, Belegärzte, Kooperationsärzte, ärztliche Mitarbeiter(innen) in Administrativbereichen, zum Beispiel im Qualitätsmanagement).
Werkzeuge
Zur Umsetzung des Konzeptes sind folgende Werkzeuge vorgesehen:
- Stabsstelle "Unternehmensentwicklung und Medizin";
- medizinisches Intranet;
- "Who is Who" der Medizinischen Kompetenzen und ähnliche Dokumentationen;
- Aufbau von Informationsverteilern (E-Mail, Verteilerlisten).
Stabsstelle Unternehmensentwicklung und Medizin
Die Stabsstelle "Unternehmensentwicklung und Medizin" hat schwerpunktmäßig die Aufgabe, die Medizinische Kompetenzvernetzung zu organisieren. Zu ihren Aufgaben gehört die Organisation der Regelkommunikationen und Installation sowie Weiterentwicklung der Werkzeuge.
Medizinisches Intranet
Alle Inhalte der Medizinischen Kompetenzvernetzung werden, soweit es der Vertraulichkeitsstatus zulässt, über das Intranet unternehmensintern allen Ärzten im Unternehmen weitgehend barrierefrei zur Verfügung gestellt.
Who is Who
Ein "Who is Who der Medizinischen Kompetenzen" gibt einen Überblick über die Versorgungsschwerpunkte, Spezialisierungen, über personelle und apparative Ausstattungen und Kooperationen der medizinischen Abteilungen. Dieses Nachschlagewerk wird tagesaktuell gepflegt.
Informationsverteiler
Zum Informationsverteiler gehört, dass alle Ärzte im Unternehmen eine dienstliche E-Mail-Adresse haben müssen. Dementsprechend werden differenzierte E-Mail-Verteiler entwickelt.
Themen und Themenbearbeitung
In den Jahren 2007/2008 wurden folgende Themen als Schwerpunkt bearbeitet:
- Ärztemangel;
- ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Personalentwicklung;
- (Tele-)Radiologische Vernetzung;
- Qualitätsindikatoren;
- Versorgungs-Integration;
- Optimierung der Ausstattung "Ärztlicher Arbeitsplatz";
- Akquisitionskonzept für neue Ärzte;
- ärztliches Personalmanagement;
- Entlastung der Ärzte von berufsfremden Tätigkeiten.
Für 2009 ist eine Stabilisierung der Regelkommunikationen, ein moderater Ausbau der Werkzeuge und vor allem die intensive Bearbeitung von Fachthemen vorgesehen. Neben den verschiedenen Ansätzen zur Optimierung von Kern- und Stützprozessen wird die Weiterentwicklung der medizinischen Leistungen im Vordergrund stehen.