Den Krankenhäusern fehlt das Geld
In der Politik steht derzeit die Reform der Krankenhausfinanzierung auf der Tagesordnung. Aktuelle Anlässe sind unter anderem die zum Teil prekäre finanzielle Situation vieler Krankenhäuser sowie die seit Jahren sinkenden Krankenhausinvestitionen der Länder.
Nach dem Krankenhaus Rating Report des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) sind die Krankenhäuser im Jahr 2008 mit einer Finanzierungslücke von geschätzt 1,3 bis 2,2 Milliarden Euro beziehungsweise zwei bis drei Prozent ihres Budgets konfrontiert. Die Finanzierungslücke entsteht dadurch, dass einerseits die Kosten steigen, andererseits aber die Steigerung der Erlöse - bei gleicher Fallzahl und -art - derzeit gedeckelt ist. Die Kosten wachsen vor allem durch Tariflohnerhöhungen im Personalbereich sowie aufgrund von gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. Einige Krankenhäuser, darunter vor allem kleinere, sind von Insolvenz bedroht.
Die Krankenhäuser werden von Bundesländern und Krankenkassen finanziert. Die Investitionskosten der Krankenhäuser übernehmen die Bundesländer, die Krankenkassen zahlen über die Behandlungsvergütung die laufenden Betriebskosten.
Investitionskosten tragen die Länder
Ein Krankenhaus hat Anspruch auf staatliche Förderung, wenn es in den Krankenhausplan des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen ist. Die Höhe der Fördermittel wird durch Bedarfsermittlung bestimmt und richtet sich nach Betten- und Bevölkerungszahl in der Region, Verweildauer der Patient(inn)en im Krankenhaus oder Fallzahlen. Dabei gibt es für kurzfristige Anlagegüter (durchschnittliche Nutzungsdauer unter drei Jahren), wie zum Beispiel für Einrichtungsgegenstände und medizinische Geräte, eine Pauschalförderung. Für mittel- und langfristige Investitionen wie Bauarbeiten und medizinisch-technische Großgeräte müssen die Krankenhäuser Anträge stellen. Das gesamte Fördervolumen für Krankenhäuser differiert dabei von Bundesland zu Bundesland.
Insgesamt sind die Investitionen der Länder in Krankenhäuser in den vergangenen Jahren stark gesunken. Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft lagen sie im Jahr 1991 bei 3,6 Milliarden Euro und im Jahr 2006 bei 2,7 Milliarden Euro. Deswegen ist ein sogenannter "Investitionsstau" entstanden, der von den Expert(inn)en des RWI auf derzeit 19 bis 23 Milliarden Euro geschätzt wird. Andere Schätzungen gehen von an die 50 Milliarden Euro aus.
Betriebskosten übernehmen die Krankenkassen
Die Krankenkassen vergüten die Leistungen der Krankenhäuser grundsätzlich über Fallpauschalen (DRGs). Dabei wird unterschiedlichen Diagnosen und Krankheitsarten jeweils eine Fallpauschale zugeteilt. Diese wird den Krankenhäusern pro Behandlungsfall gezahlt, das heißt die Verweildauer eines Patienten spielt bei der Vergütung keine Rolle mehr. Die Steigerung der Fallpauschalen ist an die Entwicklung der Grundlohnsumme gekoppelt, so dass die Steigerung der Erlöse eines Krankenhauses bei gleichbleibender Fallzahl und -art gedeckelt ist.
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Krankenhäuser sind von 41,35 Milliarden Euro im Jahr 1996 auf 50,26 Milliarden Euro im Jahr 2006 gestiegen. Damit ist auch der Anteil der Ausgaben für Krankenhäuser an den GKV-Gesamtausgaben von 32,3 Prozent (127,92 Milliarden Euro) im Jahr 1996 auf 34,1 Prozent im Jahr 2006 gewachsen (147,58 Milliarden Euro).
Kritik am derzeitigen System
Die dualistische Finanzierung ist wegen der sinkenden Investitionen der Länder in die Kritik geraten. Außerdem wird bemängelt, dass die Krankenhäuser durch die zum Teil sehr stark zweckgebundene Fördermittelvergabe und die Systematik der Antragstellung in ihrer Planungsfähigkeit eingeschränkt sind. Es wird auch befürchtet, dass die Krankenhäuser deswegen keine (betriebs-)wirtschaftlich optimalen Entscheidungen treffen und dem medizinisch-technischen Fortschritt hinterherhinken.
Darüber hinaus wird von vielen gesundheitspolitischen Akteuren kritisiert, dass die Fallpauschalen an die Grundlohnsumme gebunden sind. Dies werde den tatsächlichen Kostensteigerungen nicht gerecht.
Ansätze bei der Investitionsfinanzierung
Die Vorstellungen zur Lösung der Probleme sind unterschiedlich. Einige Expert(inn)en fordern die Einführung der Monistik, also die Finanzierung der Krankenhäuser aus einer Hand, um auch die Planungsschwierigkeiten der Krankenhäuser zu umgehen. Das Bundesgesundheitsministerium wollte nach Referentenentwürfen von 2008 die dualistische Finanzierung zwar grundsätzlich beibehalten. Allerdings sollte nach diesen Entwürfen die Investitionsmittelvergabe anders gestaltet werden: Statt der bisherigen Antragstellung sollten die Länder den Krankenhäusern ab 2012 leistungsbezogene Investitionspauschalen zahlen.
Nur in bestimmten Fällen sollten die Länder von den Investitionspauschalen abweichen und weiter wie bisher einzelne Investitionen fördern dürfen. Darüber hinaus hatte das Bundesgesundheitsministerium vorgesehen, dass die zukünftigen Investitionen der Länder nicht unterhalb der heutigen Investitionen liegen dürfen.
Die Länder standen den Plänen des Bundesministeriums weitgehend ablehnend gegenüber: Sie wollten die Finanzierung der Krankenhausinvestitionen zwar weiterhin selbst übernehmen, über deren Höhe und Art aber frei entscheiden.
Der jetzige Kompromiss im Krankenhausfinanzierungsreformgesetz:
Der Passus, nach dem die zukünftigen Investitionen nicht unterhalb der heutigen Investitionen der Länder liegen dürfen, ist gestrichen. Außerdem wird die Förderung der Krankenhäuser durch Investitionspauschalen ermöglicht, die Länder sind aber frei in der Entscheidung, auch weiter wie bisher nur einzelne Investitionen zu fördern.
Die Investitionspauschalen werden dabei - falls vom Land vorgesehen - pro Behandlungsfall zuzüglich zu den Fallpauschalen und sonstigen Entgelten bezahlt und je nach "Investitionsintensität" des Behandlungsfalls unterschiedlich hoch sein. Grob gesagt soll die Investitionspauschale umso höher ausfallen, je aufwendiger der Behandlungsfall ist. Die genaue Bemessung der Investitionspauschalen soll aber erst noch festgelegt werden.
Weitere Reformen
Um die Finanzierungslücke zu decken, die durch die Kostensteigerungen bei den Krankenhäusern entstanden ist, sieht die Bundesregierung mehrere Schritte vor: Kurzfristig sollen die Tariflohnerhöhungen bei der Bemessung der Fallpauschalen im Jahr 2009 berücksichtigt werden - allerdings nicht in voller Höhe. Des Weiteren werden schon länger geplante Änderungen umgesetzt, die die Krankenhäuser entlasten, wie zum Beispiel der Wegfall des Sanierungsbeitrags der Krankenhäuser für die Krankenkassen (derzeit werden 0,5 Prozent jedes Rechnungsbetrages von den Krankenkassen für deren Entschuldung einbehalten). Längerfristig soll die Anbindung der Fallpauschalen an die Grundlohnsumme zugunsten eines anderen - noch zu ermittelnden - Orientierungswertes fallen. Außerdem will das Bundesgesundheitsministerium ein Sonderprogramm zur Verbesserung der Pflegesituation auflegen, mit dem aus Mitteln der Kostenträger über drei Jahre hinweg neue Pflegestellen zu 70 Prozent finanziert werden können. Für die Krankenkassen bedeutet dies zwei Milliarden Euro Mehrausgaben, während den Ländern keine direkten zusätzlichen Kosten entstehen.
Die Kassen - die massiv ansteigende Beitragssätze befürchten - fordern hier allerdings Strukturreformen hin zu mehr Wettbewerb, wie die Möglichkeit zum Abschluss von frei verhandelten Einzelverträgen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. Von solchen Reformen erhoffen sie sich einen effizienteren Krankenhausmarkt und damit die Einsparung von Kosten.
Die Konzepte, um die im politischen Prozess gerungen wird, unterscheiden sich also grundsätzlich. Dass ein zwischenzeitlicher Kompromiss gefunden wurde, war vermutlich der drängenden Zeit zuzuschreiben. Die Politik hat den einheitlichen Beitragssatz für den Gesundheitsfonds festgelegt und musste dafür die Wirkungen der Krankenhausfinanzierung auf den Beitragssatz abschätzen. Es ist zu vermuten, dass das Thema Krankehausfinanzierung bald wieder auf der Tagesordnung steht.