Was die Caritas im Osten mit dem Frust-O-Mat erfahren hat
Das Ergebnis ist weder repräsentativ, noch sind die Antworten ausgewogen. Aber mit der Kampagne #RadikalZugehört hat die Caritas im Osten die Stimmung junger Menschen eingeholt. Und die ist nicht gut. 99 Prozent der Teilnehmer:innen fürchten, dass die Gesellschaft auseinanderdriftet. Das durchschnittliche Frustlevel ist mit 85 Prozent hoch. Ihr größter Wunsch: "Dass wir menschlich miteinander umgehen."
Mehr als 58.000 Menschen machen vom Online-Tool gebrauch
Mehr als 58.000 Menschen haben den Frust-O-Mat aufgerufen, fast 4300 haben das Formular vollständig, mehr als 9000 teilweise ausgefüllt. "Uns war es wichtig, zu erfahren, was junge Menschen bewegt, und sie ernst zu nehmen, ohne ihre Aussagen zu bewerten oder oberlehrerhaft zu moralisieren. Wir waren völlig überrascht, wie viele Menschen mit uns reden wollten", sagt Thomas Gleißner, Leiter der Stabsstelle Kommunikation im Caritasverband für das Erzbistum Berlin. Sein Verband hat zusammen mit den Caritasverbänden der Diözese Görlitz und des Erzbistums Hamburg den Frust-O-Mat in Auftrag gegeben, finanziell unterstützt von der Mercator-Stiftung. Die drei Verbände arbeiten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und den Stadtstaaten.
"Wir wollten jungen Menschen die Chance geben, ihre Gefühle und Ängste mal rauszulassen", sagt Mathias Thees, Pressesprecher des Caritasverbandes im Erzbistum Hamburg mit Sitz in Schwerin. Dort hat er mit seinem Team das Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit genutzt und analog radikal zuhört. "Wir haben drei Tage lang Vieraugengespräche geführt, sind mit vielen Leuten ins Gespräch gekommen. Die waren total begeistert und haben uns gebeten, solche Aktionen zu wiederholen", so Thees.
Die analogen und digitalen Erfahrungen der Caritas zeigen, dass junge Menschen gehört werden, ihre Meinung sagen und sich austauschen wollen. "Viele junge Menschen fühlen sich von der Politik nicht gesehen", sagt Bernd Mones, Direktor des Caritasverbandes der Diözese Görlitz. Mit dem Frust-O-Mat habe die Caritas nun ein Instrument für den Dialog in der Hand, erklärt Matthias Timmermann, Caritasdirektor im Erzbistum Hamburg: "Der Frust-O-Mat kann in einem aufgeheizten politischen Klima einen Dialog auf Augenhöhe ermöglichen."
Für diesen Austausch brauche es neutrale Mittler, erklärt Ulrike Kostka, Caritasdirektorin im Erzbistum Berlin. "Hier können Wohlfahrtsverbände wie die Caritas eine wichtige Mittlerfunktion einnehmen und Gesprächsräume schaffen", sagt sie.