Statt Traumhaus Fata Morgana
Im vergangenen Jahr konnte man begründet hoffen, dass die Regierungskoalition das akut wachsende Wohnraumproblem entschieden angehen will. Als das neue Instrument "Baukindergeld" und seine Förderbedingungen aus dem Hut gezaubert wurden, war schnell klar: Hier geht es doch eher um Klientelpolitik. Dabei sind es doch die Niedrigverdiener, die das größte und existenziellste Problem sowohl am Wohnungsmarkt als auch bei der Schaffung von Vermögen fürs Alter haben. Die vermeintliche Wohltat für diese Zielgruppe entpuppt sich mit wenigen Zahlen nicht als Traumhaus, sondern eher als gefährliche Fata Morgana.
Kostet beispielhaft nach groben Schätzwerten ein durchschnittliches Haus mit Grundstück je nach Lage circa 300.000 Euro, so sind davon bei zwei Kindern insgesamt 24.000 Euro per Baukindergeld finanzierbar. Das sind circa acht Prozent des Preises. Acht Prozent beträgt auch ziemlich genau der Wert, um den allein in den vergangenen drei Statistikjahren die Baukosten durchschnittlich gestiegen sind. Und selbst wo in Ballungsräumen gezielt Familien angesiedelt werden sollen, wird in vielen Städten das Baukindergeld von den binnen Jahresfrist um bis zu 15 Prozent gestiegenen Baugrundkosten aufgefressen!
Für Familien mit geringem Einkommen bleiben solche Großprojekte damit unerreichbar. Sie scheitern bereits am fehlenden Eigenkapital oder an einer tragbaren Baufinanzierung.
Aktuelle Studien zeigen genau dies: Je dichter die Bevölkerung, für desto mehr Familien wird das Baukindergeld uninteressant. Obwohl gerade dort die Not, an geeigneten Wohnraum zu kommen, am größten ist.
Familien mit geringem Einkommen bleiben unerreicht
Damit muss die Frage erlaubt sein, ob dieses Geld nicht unter sozialpolitischen Gesichtspunkten viel
besser in andere, entschiedene Initiativen zum sozialen familiengerechten Wohnbau gehört hätte. Viele Indikatoren wie Kinderarmutszahlen und Überschuldungsstatistiken zeigen jährlich aktuell, wie sehr der Druck auf Familien gewachsen ist.
Fazit: Familien, die sich wohl ohnehin eine Immobilie hätten leisten können, freuen sich über die Erleichterung. Familien, die knapp kalkulieren müssen, bleiben weiterhin chancenlos. Was wir brauchen, sind bezahlbare und qualitativ vertretbare Wohnungen für Familien mit Kindern - dort, wo auch die Arbeitsplätze sind, insbesondere natürlich in den Ballungsgebieten. Wenn es also nicht das politisch propagierte "eigene Häusle" ist, dann muss es doch wenigstens für bezahlbare Mietwohnungen reichen, deren Zahl jedoch jeden Tag rapide weiter abnimmt! Oder sind diese Wählergruppen vielleicht gar nicht interessant genug für die große Politik?