Rechtssicherheit für alle
Seit dem 1. Mai gibt es mit dem Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur vertraulichen Geburt für alle Beteiligten - zuerst für die betroffenen Frauen, aber auch für Beraterinnen, Hebammen, Ärzte und Kliniken - Rechtssicherheit statt angedrohter Strafverfolgung. Frauen haben nun das Recht, vertraulich zu entbinden. Sie haben die Möglichkeit, unter dem Schutz eines Pseudonyms ihr Kind medizinisch betreut zur Welt zu bringen. Im Interesse von Mutter und Kind ist diese vertrauliche Geburt an die Bedingung einer vorherigen Beratung geknüpft. Dabei geht es darum, der Mutter alle verfügbaren Unterstützungen und Hilfen anzubieten.
Die vertrauliche Geburt gibt dem Kind die Möglichkeit zu erfahren, wer seine leibliche Mutter ist. Nach 16 Jahren hat es das Recht, Informationen über die eigene Herkunft zu erhalten. Dabei bleibt der Mutter die Möglichkeit, schutzwürdige Belange gegenüber dem Familiengericht geltend zu machen.
Den Schwangerschaftsberatungsstellen kommt eine Schlüsselrolle zu. Sie leisten die psychosoziale Beratung der Frauen und sind zuständig für die Steuerung der vertraulichen Geburt. Gut ist, dass auf Intervention der katholischen Verbände die Kooperation der Schwangerschaftsberatungsstellen mit den Adoptionsdiensten im Gesetz verankert wurde. Die Kompetenzen und Erfahrungen dieser Fachbereiche sind entscheidend, um das Beste für Mutter, Kind und aufnehmende Familien zu erreichen.
Im Moment gibt es in der praktischen Umsetzung des Gesetzes noch viele offene Fragen, besonders hinsichtlich der konkreten Umsetzung in den Ländern. Unklar ist beispielsweise, ob die Länder auf Schwerpunktberatungsstellen setzen oder in der Fläche Beraterinnen spezialisieren. Die Übernahme der entstehenden Sachkosten, beispielsweise für mobile Einsätze oder Dolmetscherdienste, sind in der Mehrzahl der Bundesländer noch nicht geregelt. Entscheidend wird sein, ob das Beratungsangebot Frauen erreicht. Dazu hat die Bundesregierung niedrigschwellige, anonyme Zugänge wie ein bundesweites Notruftelefon und ein Onlineportal eingerichtet.
Eine gesetzlich festgelegte Evaluation wird die Wirkungen des Gesetzes untersuchen. Dazu gehören aus unserer Sicht auch die Auswirkungen auf übliche Adoptionsverfahren. Die weitere Entwicklung werden wir aufmerksam und kritisch begleiten.
Die vertrauliche Geburt ist ein gutes Angebot. Trotzdem ist das Gesetz nur ein Kompromiss und keine gänzlich befriedigende Lösung. Hinter der individuellen Not sind es häufig gerade gesellschaftliche Ursachen, die in diese Lage führen. Uns begegnen beispielsweise soziale und wirtschaftliche Not, kulturelle und moralische Wertvorstellungen, Gewalt, Missbrauch und Zwangsprostitution. Hier werden wir uns weiterhin engagiert und entschieden sozialpolitisch einsetzen!