Im ausweglosen Kreislauf
"Schulden machen krank", wurde jüngst auf der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung kommuniziert. Doch was hat Krankheit mit Verschuldung zu tun? Schuldnern unterstellt man erst einmal, nicht mit Geld umgehen zu können. Dabei ist Schulden zu machen in unserer Gesellschaft ein ganz normaler, ja geradezu notwendiger Vorgang geworden. Schulden resultieren nicht nur aus individuellen Problemen. Sie sind vor allem Zeugnis darüber, dass der gesellschaftliche Wandel von vielen Menschen nicht mehr einfach nachvollzogen werden kann. Die Überschuldungsstatistik 2015 des Statistischen Bundesamtes zeigt auf, dass bei jedem siebten Ratsuchenden in der Schuldnerberatung (13,5 Prozent) gesundheitliche Probleme der hauptsächliche Auslöser für Überschuldung waren.
Weiter ist die Wechselwirkung von Krankheit und Überschuldung zu beobachten. Die Krankheit kann sowohl Auslöser als auch Folge der Überschuldung sein. Die Auswirkungen sind in der Regel identisch. Unterschiedliche Krankheitsbilder manifestieren sich. Aber es nutzt nichts, nur die Krankheitssymptome zu bekämpfen. Die Überschuldungssituation muss ursächlich gelöst werden. In der Beratungspraxis erlebt man den Klienten zu Beratungsbeginn sehr häufig mit diffusen Ängsten, Ohnmachtsgefühlen, Depressionen und Angstzuständen. Es dauert oft zu lange, bis Schuldner in die Beratung kommen. Verminderte Antriebskraft trägt dazu bei. Massive Schmerzen in Gelenken und der Wirbelsäule werden von den Klienten ebenfalls häufig genannt - man hat schließlich die Schuldenlast zu tragen. Es zeigt sich deutlich, dass Überschuldung ein massiver Stressfaktor ist, der vor allem psychische und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Um dieser Situation besser zu begegnen und teure Folgeerkrankungen zu verhindern, sollten neben dem Ausbau des Beratungsangebotes mit der Schuldnerberatung Konzepte der Gesundheitsförderung für überschuldete Menschen entwickelt werden.
Wegen Beitragsrückständen besteht oft eine unzureichende Krankenversicherung
Besonders dramatisch spitzt sich die Situation der kranken Menschen in der Beratung zu, wenn wegen Beitragsrückständen kein vollständiger Krankenversicherungsschutz besteht und nur akute Notlagen behandelt werden können. Die Folgen sind absehbar: Der Schuldner wird kränker statt gesünder. Die Spätfolgen sind dann teuer und von der Gemeinschaft der Versicherten zu tragen. Der Gesetzgeber ist hier dringend gefordert, trotz Beitragsrückständen sowohl für gesetzlich Versicherte als auch für Privatversicherte einen Zugang zur Regelversorgung zu schaffen.
Das Credo muss lauten: Wir brauchen neue Konzepte zum Versicherungsschutz und zur Gesundheitsförderung für überschuldete Menschen! Nicht zuletzt bedarf es guter und ausreichender Schuldnerberatung, damit Betroffene - analog zur Werbung für Zahnpflege - sagen können: "Damit ich ab morgen wieder kraftvoll leben kann…!"