Bedingungslose Hilfe
Hier soll nicht nochmals über die unglückliche (Nicht-)Behandlung einer durch eine Vergewaltigung in Not geratene Frau im Dezember im Raum Köln berichtet werden. Das bundesweite Medieninteresse und die verworrene Faktenlage haben jedoch dazu beigetragen, dass das Image der katholischen Krankenhäuser in Deutschland Schaden genommen hat. Es geht hier nicht um eine Medienschelte. Doch der Vorgang und die Berichterstattung dazu zeigen, dass kirchliche Mitarbeiter(innen) stark verunsichert sind, was richtig und was falsch ist.
Wenn ein Mensch in großer Not ist - das ist eine Frau nach einer Vergewaltigung ganz sicher - und sich an uns in unserer katholischen Einrichtung wendet, dann muss sie unsere Hilfe erfahren und erfährt sie auch! Nichts anderes begründet der christliche Auftrag zur Nächstenliebe.
In unseren Kliniken müssen Leitbilder tragend sein, die die biblische Botschaft ins Heute übersetzen und die in der jeweiligen Klinik mit allen Beteiligten erstellt und immer wieder aufs Neue diskutiert werden. Es muss der ethische Diskurs stattfinden und ethische Fallbesprechungen müssen Praxis sein, damit jede(r) kompetente und ethisch geschulte Mediziner(in) Lösungswege findet, wie das Bedürfnis der in Not Geratenen und die strikten Vorgaben durch die katholische Kirche in Einklang zu bringen sind.
Vertrauen wir also unseren Ärzten und nehmen ihre Gewissensentscheidungen ernst - und zeigen ihnen dies auch! Ein Arzt muss oft ganz schnelle Entscheidungen treffen. Dies kann er umso besser, je sicherer er sich fühlt. Wer nicht zu Ende diskutierte theologische Grundsatzfragen auf die Schultern des Arztes verlegen will, macht es sich zu einfach und dem Arzt zu schwer. Allein die unterschiedlichen Sichtweisen der Moraltheologen und Medizinethiker in der Frage um Formen und Einsatzmöglichkeiten der "Pille danach" zeigen, dass wir an diesem Punkt weiter um ethisch verantwortbare Wege ringen müssen.
Jeder Arzt im katholischen Krankenhaus weiß, dass der Schutz des Lebens seine erste Aufgabe ist. Und eine Frau, die Gewalt erfahren hat, weiß selbst am besten, ob sie sich in einer existenziell bedrohlichen Lage befindet. Respektieren wir daher den Wunsch und die autonome Entscheidung einer vergewaltigten Frau, nicht schwanger werden zu wollen. Bei der Frage, welches Leben geschützt werden soll, müssen mit der Frau die verschiedenen Rechtsgüter abgewogen werden. Schuld hat einzig der Gewalttäter auf sich genommen. Und ich möchte es nochmals betonen: Vertrauen wir dem medizinischen Personal, dass es situativ ergebnisoffen berät und dann kompetent der Frau die passenden Wege eröffnen kann.
Einem Denunziantentum, mit dem von wem auch immer berufene Lebensschützer versuchen, einen Keil des Misstrauens zwischen die Träger, die Mitarbeitenden und die Patienten zu treiben, sollten wir grundsätzlich entgegentreten.