Welche Erfolgsquoten weisen erzieherische Hilfen auf?
Weder die Vielfalt der nationalen und internationalen Wirkungsforschungen noch deren Ergebnisse sind in der Fachöffentlichkeit wirklich bekannt. In Zusammenarbeit mit Professor Michael Macsenaere vom Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) in Mainz wollen wir in der Rubrik "nachgeforscht" wichtige Ergebnisse aus der Wirkungsforschung für die Praxis aufbereiten. Hierzu wurden 200 nationale und internationale Studien zu ihren praxisrelevanten Kernaussagen analysiert. Begleitet wurde dieser Prozess von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Volker Abrahamczik, Julia Basan, Rudi Gasteiger, Margit Grohmann, Cornelia Raible-Mayer und Dr. Jochen Ribbek.
Welche Erfolgsquoten weisen erzieherische Hilfen auf?
Ein naheliegender Weg, die Wirksamkeit erzieherischer Hilfen abzubilden, ist die Bestimmung der Erfolgsquote: Damit ist der prozentuale Anteil der Hilfen gemeint, bei denen die Situation der Betroffenen zum Hilfeende als besser im Vergleich zum Hilfebeginn diagnostiziert wurde. Überraschend viele Wirkungsstudien weisen Erfolgsquoten von rund 70 Prozent auf - und das, obwohl sie unterschiedliche Hilfearten und -settings untersuchten. Je nach Studie können die Werte aber auch von den "magischen 70" abweichen: In der Regel liegt die Erfolgsquote aber zwischen 60 und 75 Prozent.
Da die meisten dieser Studien mit kleinen und selektiven Stichproben arbeiteten, dürfte die tatsächliche Erfolgsquote allerdings etwas geringer ausfallen. Dies bestätigt ein Blick auf insgesamt 13.864 beendete Hilfen zur Erziehung, deren gesamter Verlauf mit dem Evaluationssystem "EVAS" evaluiert wurde. Es konnten zwar - trotz teils äußerst ungünstiger Ausgangssituationen - bei 61,3 Prozent der untersuchten Hilfen positive Entwicklungen nachgewiesen werden. Die 70-Prozent-Marke wurde aber nicht ganz erreicht. Ein differenzierter Blick auf die positiv verlaufenden Hilfen zeigt aber erfreulicherweise bei 33,1 Prozent große Effektstärken und damit im Verlauf der Hilfen das Erreichen von erheblichen Verbesserungen.
Fazit: Trotz teilweise schwierigster Ausgangssituationen verläuft der Großteil erzieherischer Hilfen erfolgreich. Dieser Erfolg setzt allerdings voraus, dass fachliche Standards eingehalten werden. Die Analyse negativer Fallverläufe zeigt aber auch, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit durch das Nichtbeachten von fachlichen Standards empfindlich sinken kann.
Weiterführende Literatur
Lambers, H.: Bestandsaufnahme zur Heimerziehungsforschung. In AFET (Hrsg.): Wissenschaftliche Informationsschriften (Bd. 13). Hannover : AFET, 1995.
Macsenaere, M.: (Wirkungs)Forschung in der Heimerziehung. Unsere Jugend, 61(1) 2009, S. 2-13.
Schrödter, M.; Ziegler, H.: Was wirkt in der Kinder- und Jugendhilfe? Internationaler Überblick und Entwurf eines Indikatorensystems von Verwirklichungschancen. In: Wirkungsorientierte Jugendhilfe Band 2. Münster : ISA, 2007.
Trede, W.: Kindheit im Heim. Die deutschsprachige Heimerziehungsforschung im Überblick. Materialien zur Heimerziehung, 1993 (1/2), S. 1-4.