Wenn ich Homeoffice mache, ziehe ich mich trotzdem an
Arbeiten im Homeoffice und mobiles Arbeiten erleben durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen einen erheblichen Schub. War das Homeoffice zuvor eher eine Ausnahme, arbeiteten zuletzt rund 40 Prozent der Deutschen von zu Hause aus, wie das Institut der Deutschen Wirtschaft ermittelt hat.1 Nur eine Minderheit der Beschäftigten möchten permanent ins Büro zurückkehren, wie eine Studie des Future Forum von Slack zeigt. 72 Prozent wünschen sich ein mobiles oder hybrides Arbeiten, also eine Mischung aus Büroarbeit und Homeoffice.2
Eine andere Dynamik ergibt sich aus einer zunehmend agilen Arbeitswelt, in der neuere Methoden der Zusammenarbeit und Wege der Entscheidungsfindung probiert werden und gewünscht sind. Ebenso führen Work-Life-Balance-Ziele von Mitarbeitenden, eine leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben - auch über die Care-Arbeit (Sorge- und Pflegearbeit) hinaus - zu einer verstärkten Nachfrage nach mobiler Arbeit und nach Homeoffice-Möglichkeiten. Aus Dienstgebersicht sind hiermit Vorteile für ein positives "Employer Branding", das heißt für die Arbeitgeberattraktivität, in Zeiten zunehmenden Fach- und Führungskräftemangels verbunden. Es bestehen also viel[1]fältige Handlungserfordernisse für Arbeit- und Dienstgeber, sich mit Regelungen für Homeoffice und mobilem Arbeiten zu befassen.
Homeoffice ist dabei zunächst ein unbestimmter Begriff. Er wird von vielen synonym zum "Arbeiten von zu Hause" verwendet. Im Weiteren wird hier zwischen Homeoffice/alternierender Telearbeit und mobilem Arbeiten unterschieden. Alternierende Telearbeit ist das teilweise Arbeiten von einem anderen Ort als der Betriebs- oder üblichen Arbeitsstätte (Büro, Krankenhaus, Pflegeeinrichtung …) zu regelmäßigen, festgelegten Zeiten, mit Arbeits- und Kommunikationsmitteln (Laptop, PC, Handy) und vereinbarten Regeln etwa zu Arbeitszeitumfang, Datenschutz, Arbeitssicherheit. Mobiles Arbeiten (Mobile Office) ist das Arbeiten von einem anderen Ort als der Betriebs- oder üblichen Arbeitsstätte, das sich ungeplant oder unregelmäßig an einzelnen Tagen ergeben kann, beispielsweise durch oder nach einem Arbeitseinsatz außerhalb der üblichen Räume oder im Zusammenhang mit einer Dienstreise.
Mobiles Arbeiten und alternierende Telearbeit gehen nicht für alle
Es ergibt sich aus der Art der Tätigkeit, dass nicht alle Beschäftigten im gleichen Umfang mobil oder in alternierender Telearbeit beschäftigt sein können. Beispiels[1]weise Pflegekräfte, Ärzt(inn)e(n), Sozialarbeiter(innen) im Brennpunkt, Kita-Mitarbeitende oder Mitarbeitende an einer Rezeption haben meist weniger oder keine Möglichkeiten, von einem anderen Ort aus zu arbeiten, anders etwa Verwaltungsmitarbeitende, Controller(innen) oder gesetzliche Betreuer(innen). Daraus abzuleiten, dass alternierende Telearbeit und mobiles Arbeiten für Einrichtungen und Dienste, in denen nicht alle an entsprechenden Regelungen partizipieren können, ungerecht sei oder zu Ungerechtigkeiten führe, ist zu kurz gedacht und verspielt Chancen.
Rahmenbedingungen für alternierende Telearbeit oder mobiles Arbeiten lassen sich je nach konkretem Inhalt dienstgeberseitig als Vorgabe ("Richtlinie") oder als Dienstvereinbarung zwischen der Dienstgeber- und -nehmerseite festlegen. Viele Regelungen sind mitbestimmungspflichtig. Daher ist eine Dienstvereinbarung empfehlenswert.3
Definitionen sind sinnvoll
Bei generellen Regelungen (Rahmenbedingungen) sollte zunächst definiert werden, was jeweils unter Homeoffice, (alternierender) Telearbeit oder mobilem Arbeiten verstanden wird. Sinnvoll sind Festlegungen, wer mobil oder alternierend unter welchen Bedingungen arbeiten kann. Dazu können auch Aussagen zum Umfang gehören (zum Beispiel "maximal 50 Prozent der Arbeitszeit"). Erklärt werden sollte, wie es zu einer konkreten Vereinbarung kommt ("Antragsweg" mit Kriterien). Zum Schutz der Mitarbeitenden sollten Zeitfenster definiert werden, in denen mobil oder alternierend gearbeitet werden darf. Dabei kann aber auch auf die Arbeitszeitordnung der Einrichtung Bezug genommen werden. Regelungen zur Erreichbarkeit, zu den verwendeten Arbeits- und Kommunikationsmitteln, zum Versicherungsschutz, zum Arbeitsschutz beziehungsweise zur Arbeitssicherheit und zur Wahrung des Datenschutzes sollten abgestimmt und festgelegt werden. Für alternierend Telearbeitende - also für regelmäßiges Arbeiten von zu Hause aus an festgelegten Tagen - sollte ein Zusatz oder Nachtrag zum Dienstvertrag vereinbart werden.
Nicht jeder ist gleichermaßen für Homeoffice geeignet
Nicht jede(r) Mitarbeiter(in) ist gleichermaßen geeignet, im erhöhten Umfang von zu Hause aus zu arbeiten. Dies hängt neben den konkreten Aufgaben auch von der Persönlichkeit ab. Kommen Mitarbeitende auch ohne direkt ansprechbare Vorgesetzte klar? Verfügen sie über ein hinreichendes Selbstorganisationsvermögen und sind sie in der Lage, ihre Arbeit ausreichend zu strukturieren und zu fokussieren? Führen weniger soziale Begegnungen infolge der Arbeit von zu Hause zu Isolation? Diese Parameter sind zwar auch unabhängig vom Arbeitsort relevant, gewinnen jedoch im Homeoffice an Bedeutung.
Von manchen Seiten werden Möglichkeiten zu asynchronem Arbeiten, das heißt nach weitgehend ungeregelten Arbeitszeiten, gefordert. Jede(r) soll arbeiten können, wann es ihm/ihr passt. In dieser Hinsicht sollte der Wunsch nach einer hohen Flexibilität (wann darf gearbeitet werden?) sorgsam abgewogen werden gegenüber dem Schutz vor einer möglichen (Selbst-)Überforderung der Beschäftigten.
Im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle
Neben klar definierten Regelungen für Homeoffice/ alternierende Telearbeit oder mobiles Arbeiten sind technische Voraussetzungen, Flexibilität bei Mitarbeitenden und Führungskräften, eine entsprechende Kultur in der Organisation sowie eine offene und transparente Kommunikation erforderlich.
Führung auf Distanz" stellt höhere Anforderungen an die Kommunikation als das Führen im persönlichen Kontakt im Büro. Sie bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle bei Leitung und Mitarbeitenden. Hilfreicher als das bloße Einhalten von Präsenzzeiten ist es, sich konkret zu Zielen und Ergebnissen abzusprechen und diese zu formulieren. Führungskräfte müssen auch in den Blick nehmen, das Zugehörigkeitsgefühl von Mitarbeitenden zu erhalten. Es ergeben sich mit zunehmend hybrider Arbeit höhere Anforderungen an die Kommunikation zwischen den Beschäftigten mit der Leitung und im gesamten Team.
Verschiedene Wünsche müssen unter einen Hut
Führungsmitarbeitende treibt häufig die Sorge um, dass die Arbeitsmenge oder die Qualität der Ergebnisse von Mitarbeitenden, die außerhalb der üblichen Räume (Dienststätte) tätig sind, unter Einbußen leiden. Studien legen nahe, dass diese Sorge unberechtigt ist.4
Allerdings stellt die Führung von Teams mit tele- oder mobil arbeitenden Mitarbeiter(inne)n Leitungskräfte vor weitergehende Aufgaben im Hinblick auf die Kommunikation und die Arbeits- oder Zielvereinbarungen (operative Steuerung) der Mitarbeitenden und im Gesamtteam. Auch obliegt es den Verantwortlichen, in ihrem Team verschiedene Wünsche nach alternierender Telearbeit unter einen Hut zu bringen (wer soll wann und wo arbeiten?) und dabei die Funktionsfähigkeit der betrieblichen Abläufe und Notwendigkeiten nicht zu gefährden.
Arbeit- beziehungsweise Dienstgeber sollten Investitionen einplanen, etwa für Laptops und Handys. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit sollte Ressourcen freistellen, punktuell häusliche Arbeitsplätze im Hinblick auf arbeitssicherheitsrelevante Fragen zu inspizieren. Denn Dienstgeber stehen auch für den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie den Datenschutz am regelmäßigen Arbeitsplatz außerhalb der Betriebsstätte in der Verantwortung. Eine Checkliste für Mitarbeitende, wie der häusliche Arbeitsplatz sicher und gesund gestaltet werden kann, findet sich beispielsweise beim IAG (Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung).5
Anmerkungen
1. Siehe dazu Kurzlink: https://bit.ly/3AzcIMw
2. Siehe Kurzlink: https://bit.ly/3hxqFSE
3. Ein Artikel mit konkreten Anregungen für eine Dienst- beziehungsweise Betriebsvereinbarung zum Homeoffice: Besgen, N.: Gestaltungsmöglichkeiten von Homeoffice im Rahmen einer Muster-Betriebsvereinbarung. In: B+P Zeitschrift für Betrieb und Personal Ausgabe 1/21, Bonn, 2021.
4. Siehe dazu zum Beispiel Ergebnisse einer Studie der Krankenkasse DAK aus dem Jahr 2020, veröffentlicht von Statista, Kurzlink: https://bit.ly/3xxQR6B
5. Checkliste für ergonomisches Arbeiten im Homeoffice, siehe Kurzlink: https://bit.ly/2SUYEfC
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