Wie viel in den oberen Etagen verdient wird
Was verdienen die Topleute in der Caritas? Nach welchen Regelwerken wird vergütet und welche zusätzlichen Gehaltsbestandteile und Leistungen werden gewährt? Welche Rolle spielen Alter, Geschlecht, Befristung und Betriebszugehörigkeit für Art und Höhe der Entlohnung? Mit einer bundesweiten Erhebung hat der Deutsche Caritasverband (DCV) sich auf den Weg gemacht, diese und weitere Fragen zur Vergütungssituation von hauptamtlichen Führungskräften in der Caritas zu beantworten. Die Ergebnisse wurden nun in einer Orientierungshilfe veröffentlicht.
Vergütungspraxis oft noch ein gut gehütetes Geheimnis
Das Interesse der breiten Öffentlichkeit in Deutschland an der Vergütung von Vorständen und Geschäftsführer(inne)n deutscher Unternehmen hat sich in den letzten Jahren erheblich vergrößert. Im Fokus stehen dabei vorwiegend die Vorstände der börsennotierten Unternehmen. Eine der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex besagt, dass die Aktiengesellschaften die Vergütungen ihrer Vorstände transparent machen sollen. Da die Umsetzung dieser Empfehlung zu wünschen übrig ließ, müssen gemäß dem Gesetz zur Vorstandsvergütung (VorstOG) seit Anfang 2007 die Managergehälter von börsennotierten Unternehmen offengelegt werden. Das Thema hat auch die Vorstandsebene der gesetzlichen Krankenkassen erreicht. Seit dem Jahr 2004 müssen die Vorstandsvorsitzenden der gesetzlichen Kassen Einsicht in ihre Verdienste gewähren. Obwohl weitere Unternehmen nicht direkt von diesen Regelungen betroffen sind, besteht eine gewisse Ausstrahlungswirkung auch auf nicht börsennotierte mittelständische Unternehmen, wozu auch die Verbände und Unternehmen der Caritas zählen. Bisher gibt es jedoch kaum Träger der Caritas oder auch anderer Wohlfahrtsverbände, die diesen Schritt vollzogen haben. Die Vergütungspraxis ist oftmals noch ein gut gehütetes Geheimnis, obwohl in der Regel eine Veröffentlichung unproblematisch wäre.
Bereits im Jahr 2008 hat der DCV eine Erhebung zur Vergütung von hauptamtlichen Geschäftsführer(inne)n und Vorständen durchgeführt. Diese wurde nun - zehn Jahre später - unter Ausweitung der Erhebungskriterien durch die Beratungsgesellschaft Contec in Kooperation mit dem Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IEUGS) in Berlin und dem Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften am RheinAhrCampus in Remagen wiederholt. Damit wird aktiv auf die gesellschaftliche Forderung nach Transparenz reagiert, um die eigene Glaubwürdigkeit, aber auch die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Darüber hinaus sollen den Aufsichtsgremien der Rechtsträger der Caritas Richtlinien zur Gestaltung angemessener und marktüblicher Vergütungen an die Hand gegeben werden. Bei der Auswertung der Ergebnisse konnte zudem auf die Infrastruktur der bundesweiten Contec-Vergütungsstudien zurückgegriffen und so verbandsübergreifende branchenweite Vergleiche herausgestellt werden (s. dazu neue caritas Heft 22/2017, S. 30).
Zwischen Oktober und November 2017 wurden die hauptamtlichen Vorstände und Geschäftsführungen aller Caritasrechtsträger in Deutschland mit mindestens 50 Mitarbeitenden über die Vergütungsbefragung informiert und zur Teilnahme eingeladen. Insgesamt beteiligten sich knapp 400 Personen aus 1200 angefragten Einrichtungen und Trägern - aus Organisationen mit verschiedensten Rechtsformen und Angebotsstrukturen. 46 Prozent der Teilnehmenden sind in selbstständigen Orts-, Kreis- oder Regional-Caritasverbänden tätig.
Gut ein Fünftel (22 Prozent) der Teilnehmenden, die eine Angabe zum Geschlecht gemacht haben, sind Frauen. Dieser Anteil liegt nur geringfügig unter den 23 Prozent, die im Rahmen der DCV-Trägerstrukturerhebung aus dem Jahr 2017 ermittelt wurden. Signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtergruppen bei der Altersverteilung sind nicht zu beobachten. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen liegt das Durchschnittsalter (Median)1 bei 53 Jahren.
Es sind doppelt so viele Geschäftsführer(innen) wie Vorstände vertreten. Von den 201 Geschäftsführer(inne)n sind 157 alleinverantwortlich in diesem Amt tätig gegenüber 45 Personen, die einem mehrköpfigen Gremium angehören. Unter den Vorständen sind 27 Alleinverantwortliche gegenüber 74 Mitgliedern mehrköpfiger Vorstände.
Kleinere Vereine bestimmen die Trägerlandschaft
Die überwiegende Zahl der vertretenen Organisationen sind Vereine, was sicher auch aus der hohen Zahl an Orts-, Kreis- und Regional-Caritasverbänden resultiert. Mit rund 30 Prozent ist ebenfalls eine große Gruppe als gemeinnützige GmbH organisiert. Gemeinsam stellen diese beiden Gruppen knapp 89 Prozent der Stichprobe. Stiftungen spielen eine untergeordnete Rolle, Körperschaften des öffentlichen Rechts sind kaum vertreten. Beim überwiegenden Teil der Organisationen handelt es sich um kleinere Unternehmen. 50 Prozent haben weniger als 300 Mitarbeitende, nur ein Viertel mehr als 725. Lediglich fünf Prozent beschäftigen mehr als 2000 Mitarbeitende.
Knapp zwei Drittel halten Angebote in mehr als einem Arbeitsbereich vor und sind somit als sogenannte Komplexträger organisiert. Fast ein Drittel engagiert sich sogar in mehr als drei Bereichen. Beim Angebotsmix existieren verschiedenste Kombinationen, wobei keine davon als besonders häufig hervortritt. Mit jeweils über 60 Prozent sind die meisten Führungskräfte bei Trägern beschäftigt, die Angebote in der Altenhilfe und oder der Kinder-, Familien- und Jugendhilfe vorhalten. Mit am seltensten wurden die Bereiche Beschäftigungsförderung und Interessenvertretung genannt. Zudem kommen diese ausschließlich in Kombination mit anderen Arbeitsbereichen vor.
Über alle personen- und organisationsbezogenen Faktoren hinweg verdienen die Teilnehmenden inklusive variabler Anteile und Zusatzleistungen wie Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder 13. Monatsgehalt im Schnitt (Median) 95.000 Euro im Jahr. Ein Viertel der Befragten verdient mehr als 120.000 Euro, lediglich fünf Prozent der Befragten beziehen eine Vergütung von über 160.000 Euro. Die Medianvergütung der Vorstände liegt bei 105.000 Euro, die der Geschäftsführer(innen) bei 92.000 Euro. 50 Prozent der Teilnehmenden erhalten Urlaubs-, Weihnachtsgeld, ein 13. und/oder 14. Monatsgehalt als Bestandteil des Festgehaltes. 21 Prozent der Führungskräfte beziehen neben dem Festgehalt eine erfolgsabhängige variable Vergütungskomponente.
Faktoren, die den Gender Pay Gap erklären
In beiden Positionen verdienen Frauen weniger als ihre männlichen Kollegen. In der Geschäftsführung beträgt das Gehaltsgefälle 10.000 Euro (Median), unter den Vorständen sogar 19.000 Euro (Median). Hierfür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Arbeitsbereiche, in denen die Organisationen Angebote vorhalten. Über alle Arbeitsbereiche hinweg beträgt das Gehaltsgefälle rund 12.000 Euro im Median. Lässt man den Gesundheitsbereich (Krankenhausbereich, Gesundheitshilfe, Reha und Vorsorge), in dem mit Abstand die höchsten Gehälter gezahlt werden, außen vor, ergibt sich immer noch ein Gefälle von über 10.500 Euro. Dennoch wird der Gender Pay Gap nicht maßgeblich durch diesen Bereich bestimmt, denn unter den Befragten in diesem Arbeitsbereich ist lediglich eine Frau. Statistisch signifikant lässt sich der Unterschied durch das vertragliche Regelwerk erklären: 22 Prozent der Frauen haben außertarifliche Verträge, während 73 Prozent nach AVR Caritas bezahlt werden. Rechnet man die Erklärungskraft der Variablen Geschlecht, Unternehmensgröße sowie Dienstjahre in der aktuellen Position heraus, verdienen Personen mit einem AVR-Vertrag 21.000 Euro weniger als solche mit einem außertariflichen Vertrag. Ein weiterer Erklärungsansatz liegt in der Unternehmensgröße. So ist der Anteil an Männern in größeren Organisationen höher als der von Frauen.
Neben positionsbezogenen sind es vor allem organisationsbezogene Faktoren wie Unternehmensgröße oder Angebotsbereiche einer Organisation, die entscheidend für die Höhe der Vergütung sind.
Größe und Angebot sind maßgebliche Faktoren
Erwartungsgemäß wird im Klinikbereich am besten gezahlt. Auffällig ist zudem der große Gehaltsunterschied zwischen Geschäftsführer(inne)n und Vorständen in der Altenhilfe.
Mit der Anzahl der Arbeitsbereiche, in denen eine Organisation Angebote vorhält, steigt allerdings nicht zwangsläufig die Vergütungshöhe. So liegen beispielsweise die Vorstandsgehälter in Organisationen mit nur einem Arbeitsbereich mit 110.000 Euro (Median) signifikant höher als die von Trägern, die zwei Arbeitsbereiche verantworten (78.000 Euro). Eine Erklärung dafür könnte die hohe Zahl an selbstständigen Orts-Caritasverbänden unter den Trägern mit zwei und mehr Arbeitsbereichen sein, die mit vergleichsweise niedrigen Gehältern den Schnitt nach unten ziehen. Ein Blick auf die Vergütung nach Arbeitsbereich und Trägerschaft stützt diese These: In fast allen Arbeitsbereichen liegt die Vergütung bei selbstständigen Orts-Caritasverbänden unter der anderer Caritas-Rechtsträger.
Mit der Größe des Unternehmens gemessen an der Zahl der Mitarbeitenden steigt erwartungsgemäß auch die Vergütung. So verdienen Vorstände und Geschäftsführer(innen) in Unternehmen mit 50 bis 199 Mitarbeitenden durchschnittlich 82.000 Euro (Median). Deren Kolleg(inn)en aus Organisationen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden hingegen bereits 140.000 Euro (Median). Signifikante Unterschiede zwischen der Vergütung von Geschäftsführer(inne)n und Vorständen sind erst ab einer Unternehmensgröße von 500 Mitarbeitenden zu erkennen. Besonders deutlich ist der Unterschied in den größten Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden. Dort verdienen Vorstände knapp 20.000 Euro mehr als ihre Kolleg(inn)en in der Geschäftsführung.
Anmerkungen
1. Der Median oder Zentralwert beschreibt den Wert, welcher an der mittleren Stelle der nach Größe sortierten Werte steht - das heißt: 50 Prozent der Antworten beziehungsweise Werte sind kleiner als der Median und 50 Prozent sind größer. Dadurch ist der Median unempfindlicher gegenüber Ausreißern.
„Offen und dialogbereit in die Zukunft“
„Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“
Die Qualität der Pflege ist eine Frage von persönlichen Werten
Zufriedenheit der Mitarbeitenden hängt sehr von den Führungskräften ab
Keine Vorfahrt für Rechts
Hinterlassen Sie einen Kommentar zum Thema
Danke für Ihren Kommentar!
Ups...
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite erneut und wiederholen Sie den Vorgang.
{{Reply.Name}} antwortet
{{Reply.Text}}