Die Qualität der Pflege ist eine Frage von persönlichen Werten
Christlich pflegen, was heißt das eigentlich? Was kommt auf mich zu, wenn ich als Pflegeschülerin oder -schüler in einem katholischen Krankenhaus meine Ausbildung mache? Desinfektion mit Weihwasser anstelle von Sterilium? Freitags Fisch in der Krankenhauskantine? Was macht eigentlich den Unterschied?
"Christlich pflegen zeigt sich nicht in Äußerlichkeiten, sondern darin, dass wir Hand in Hand zusammenarbeiten. Zähl ich zu Christen, Moslems oder Aufgeklärten - wie ich pflege, ist die Frage von persönlichen Werten!" So zumindest die Antwort der Schülerinnen und Schüler der Gesundheits- und Krankenpflegeschule am Eduardus-Krankenhaus in Köln-Deutz, die einen Film dazu drehten und feststellten: Wenn ich den Patienten gerecht werden möchte, bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Frage: "Wie pflege ich christlich?".
Anregung zur Diskussion und Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema bietet das Projekt des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln "Dialog! Pflege - Bildung - Glaube - Ethik". Das Projekt unterstützt insgesamt 15 katholische Pflegeausbildungsstätten im Erzbistum Köln in ihren religiösen und ethischen Inhalten im Unterricht und ist somit in dieser Form einzigartig in ganz Deutschland.
Über Großveranstaltungen, Filme, Beratung und Aktivitäten vor Ort möchte die Caritas mit dem seit 2012 laufenden Projekt verdeutlichen, wie im Pflegealltag die eigene katholische Prägung als Ressource erkannt und genutzt werden kann. Denn die Vielzahl der Religionen der Auszubildenden und der Patient(inn)en kann sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance sein. "Im Mittelpunkt muss immer die Menschenwürde stehen", so Projektleiterin Ute Freisinger-Hahn. "Die Pflegequalität ist eine ganz andere, wenn ich in der Ausbildung reflektiert über interreligiöse Kompetenz nachgedacht habe. Man ist einfach mehr sensibilisiert - gerade, wenn es um das Leben im Alter und um das Sterben geht."
Versuchen, spirituelle Momente zuzulassen
"Ich habe mal einen Patienten als Dauerklingler erlebt. Wir waren schon am Rande unserer Kapazität, da wurde mir bewusst: Er stirbt gleich - und wollte einfach nicht alleine sein. Als ich das registriert habe, war ich einfach für ihn da. Es ist im Alltagsstress schwierig, spirituelle Momente zuzulassen. Aber man sollte es immer wieder versuchen", so Pflegeschülerin Wiebke Lanzerath: "Das Projekt Dialog gibt dazu Anregungen und Unterstützung."
Pflegende wie Wiebke Lanzerath begegnen Menschen in ihrem Arbeitsalltag hautnah. Sie werden mit Bildern, Gefühlen und Erfahrungen konfrontiert, die oft weitreichende Fragen mit sich bringen: Kann man Würde verlieren? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Gibt es noch Hoffnung, wenn keine Heilung mehr möglich ist? Warum ausgerechnet ich? Menschen, die als Patient(inn)en oder Bewohner(innen) in eine konfessionelle Einrichtung kommen, erwarten, dass diese Fragen in ihrer Versorgung eine Bedeutung haben. Sie erwarten, dass Pflegende Antennen haben für das, was sie wirklich bewegt, Antennen für das, was über planbare Maßnahmen und therapeutische Kontrolle hinausgeht.
Das Projekt "Dialog! Pflege - Bildung - Glaube - Ethik" leistet einen Beitrag zur Diskussion um Qualität und Profil in konfessionellen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Im Fokus steht die Ausbildung junger Menschen in Pflegeberufen. Für und mit Lehrenden werden praxisnahe Konzepte entwickelt, die Schülerinnen und Schüler in der Pflege für existenzielle Bedürfnisse ihrer Patient(inn)en und Bewohner(innen) sensibilisieren und ein christliches Berufsethos in der Pflege konkret machen.
Patienten verschiedener Religionen gerecht werden
Religiöse und ethische Bildung in der Pflege kann viele Gesichter haben. Entscheidend ist, dass sie von den Schülerinnen und Schülern in der Pflege als wertvoller Beitrag für eine professionelle und zufriedenstellende Berufsausübung erlebt wird. Dabei spielen nicht nur Fragen der christlichen Konfessionen eine Rolle. Interreligiöse Kompetenzen sind ebenfalls ein wichtiger Themenschwerpunkt des Projektes: "Wie gehe ich mit den muslimischen Angehörigen in einem Sterbefall eigentlich um?", möchte Pflegeschüler Tim Herings auf dem Fachtag im Januar in Köln-Hohenlind "Stört dich Religion oder pflegst du schon damit?" wissen. "Und wie läuft die Zusammenarbeit mit Bestattungsinstituten ab, wenn der muslimische Patient in der Türkei beerdigt werden soll?" Um vielfältige Gesprächspartner bemühte sich der Diözesan-Caritasverband auf dem Fachtag. Antwort gab auch die Vorsitzende der Christlich-Islamischen Gesellschaft, Hülya Ceylan. "Man weiß einfach vieles nicht. Woher auch? Und trotzdem möchte man den Patienten gerecht werden", sagt Tim Herings, der den Fachtag nutzte, um sich einen Einblick über Handlungsmöglichkeiten in der Pflege von Menschen verschiedener Kulturen und Religionen zu verschaffen. Aber auch, um sich noch einmal mit dem eigenen Standpunkt auseinanderzusetzen.
Doch nicht nur Fachtage laden die Schülerinnen und Schüler dazu ein, sich dem Thema zu nähern und den eigenen Glauben, oder auch den der Patient(inn)en, in den Pflegealltag zu integrieren. Fotowettbewerbe, Film- und Radioprojekte machen Lust auf die Auseinandersetzung mit dem eigenen Standpunkt: "Wir versuchen vielfältige kreative Anregungen zu geben und stellen fest: Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich gerne mit der Frage: Wie pflege ich überhaupt christlich? Und was macht in meiner Einrichtung eigentlich den Unterschied?", so Projektleiterin Ute Freisinger-Hahn.
Auch die Poetry-Slammerin Ella Anschein griff "den Unterschied" auf. Eingeladen vom Projekt Dialog sprach sie vor 150 Pflegeschülerinnen und Pflegeschülern: "Was ist, wenn mir was passiert und wir beide sind grundverschieden? Bleibst du dann hilflos stehen und ich genauso liegen? Ich wünsch’ mir, dass das anders ist, du machst dann den Unterschied?…" Die junge Frau hatte sich in die Schülerinnen und Schüler hineinversetzt und einen berührenden Text gedichtet. Begeisterter Applaus, Motivation, genau diesen Unterschied machen zu wollen. "Hilflos, das wollen wir in unserem Beruf alle nicht sein", sagt Pflegeschülerin Ewa Gabernowitz. "Mit Unterstützung des Projekts stelle ich mich gerne der Herausforderung, es ein kleines bisschen besser - eben anders zu machen."
An der Düsseldorfer St. Elisabeth-Akademie entsteht derzeitig ein Unterrichtsfilm von Schülerinnen und Schüler zum Thema "Vielfalt in der Pflege": Hier können die Auszubildenden ihre eigene Vorstellungen und Erfahrungen in Wort und Bild bringen und sich als Christen, Muslime, Männer in der Pflege präsentieren und die Vielfalt in ihrem Beruf positiv darstellen.
Mehr Infos zum Projekt: https://bit.ly/2LZB1tO
„Offen und dialogbereit in die Zukunft“
„Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“
Zufriedenheit der Mitarbeitenden hängt sehr von den Führungskräften ab
Keine Vorfahrt für Rechts
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