Pflegekräfte aus Nicht-EU-Staaten: „Triple Win“ macht den Weg frei
Für Krankenhäuser und Kliniken wird es immer schwieriger, auf dem deutschen Arbeitsmarkt geeignete Pflegekräfte zu finden. Im Januar 2017 kamen auf 3460 arbeitslos gemeldete examinierte Altenpflegekräfte 14.000 offene Stellen (knapp 2000 mehr als im Vorjahresmonat); bei den Gesundheits- und Krankenpflegekräften waren es 4360 Arbeitslose bei 9500 der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten offenen Stellen. Eine Wende dieser Entwicklung ist vorerst nicht in Sicht. Um den Bedarf an Pflegekräften in seinen Altenpflegeeinrichtungen zu decken, hat der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising neue Wege beschritten: Über das Projekt "Triple Win" (vgl. neue caritas Heft 15/2014, S. 14 ff.) stellte der Verband inzwischen insgesamt 60 Pflegekräfte ein. Von ihnen stammten 20 aus Bosnien-Herzegowina und Serbien sowie 40 von den Philippinen. Im Jahr 2013 von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ins Leben gerufen, bringt das Projekt "Triple Win" qualifizierte Pflegekräfte aus ausgewählten Nicht-EU-Staaten mit Kliniken, Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland auf gut organisierte Weise zusammen. Zurzeit wird das Projekt mit den genannten drei Ländern durchgeführt. Insgesamt hat es bereits über 600 Pflegekräfte nach Deutschland vermittelt, im Jahr 2016 kamen die meisten von den Philippinen.
Auch der Diözesan-Caritasverband (DiCV) München und Freising hat 2015 über "Triple Win" erstmals Pflegekräfte von den Philippinen eingestellt und ist sehr zufrieden: "Unsere philippinischen Pflegekräfte sind von ihrer Mentalität her sehr liebevoll im Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern", berichtet Doris Schneider, Geschäftsführerin Altenheime im DiCV. "Auch die deutsche Sprache erlernen sie sehr schnell. Für die Teams in unseren Altenheimen sind sie eine echte Bereicherung."
Nach den guten Erfahrungen mit den bisherigen Partnerländern laufen Gespräche und Sondierungen, "Triple Win" auch auf andere Länder auszuweiten. Denn fast alle europäischen Staaten stehen vor denselben demografischen Problemen. Bei der Gewinnung von Pflegekräften steht Deutschland in direkter Konkurrenz beispielsweise mit Großbritannien und Skandinavien. Und selbst in Spanien und Portugal, die lange über ihren Bedarf hinaus ausbildeten, ist das Bewerberinteresse aufgrund der sich langsam bessernden Arbeitsmarktlage mittlerweile rückläufig. Gleichzeitig ist noch schwierig abzusehen, ob und in welchem Umfang Flüchtlinge ein Bewerberpotenzial für den Bereich Gesundheits- und Altenpflegekräfte bieten können. Durch die hohen sprachlichen und fachlichen Anforderungen der Berufe - bei einem oft niedrigeren Bildungsstand der Geflüchteten sowie mangelnden Deutschkenntnissen - sind die Anerkennung von im Heimatland erworbenen Berufsabschlüssen oder die Ausbildung jüngerer Flüchtlinge in größerer Zahl wahrscheinlich erst mittel- oder langfristig möglich.
Fachliche und sprachliche Vorbereitung
Mehrmals im Jahr führt die ZAV Auswahlgespräche in den Partnerländern und überzeugt sich vor Ort von der Eignung der Pflegekräfte, die bereits über eine abgeschlossene Ausbildung und in der Regel auch Berufserfahrung verfügen. Bei Aufnahme in das Projekt werden die Teilnehmer(innen) bereits im Heimatland sprachlich und fachlich für ihre neue Tätigkeit gerüstet. Die fachliche Vorbereitung durch "Triple Win" umfasst Pflegeplanung und Methodik, Aufgabenportfolio und Kompetenzen einer Pflegekraft in Deutschland. Dabei wird besonders auf die Unterschiede zum Berufsbild im Heimatland eingegangen. Informationen über die allgemeinen Lebens- und Arbeitsbedingungen in Deutschland vervollständigen die fachliche Befähigung.
Am Ende des vorbereitenden Sprachkurses müssen die Teilnehmer(innen) über Deutschkenntnisse auf B1-Niveau nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen verfügen, um ihre Beschäftigung in Deutschland aufnehmen zu können. Das ist für die Arbeit mit den Patient(inn)en wichtig, aber auch für die soziale Integration: Sie ist einer der Grundpfeiler dafür, dass sich die Pflegekräfte auch nach Feierabend in der neuen Umgebung wohlfühlen und bleiben wollen. Die weiteren Sprachkenntnisse bis zum B2-Niveau, das für die Anerkennung des Berufsabschlusses in den meisten Bundesländern notwendig ist, erwerben sie dann in berufsbegleitenden Aufbaukursen vor Ort in Deutschland.
Die gründliche sprachliche Vorbereitung vereinfacht damit auch das Verfahren zur Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses. "Die Erfolgsquote bei unseren Mitarbeiter(inne)n, die wir über das Triple-Win-Projekt gewonnen haben, ist sehr gut", betont Doris Schneider. "Eine unserer neuen Pflegekräfte von den Philippinen hat die Anerkennung sogar bereits innerhalb von drei Monaten erhalten, was ungewöhnlich schnell ist."
Bis die Berufsanerkennung vorliegt - höchstens jedoch für ein Jahr -, arbeiten die Teilnehmer(innen) zunächst als Pflegehilfskräfte. Auch im Prozess des Anerkennungsverfahrens erhalten die Arbeitgeber Unterstützung durch das "Triple Win"-Projekt. Dasselbe gilt für die Beantragung des Visums im Vorfeld der Arbeitsaufnahme und die anschließende Integration der ausländischen Pflegekräfte in das neue Arbeitsumfeld. Um die Kosten der Vorbereitung sowie der Integrationsbegleitung zu decken, entrichten die Arbeitgeber bei Abschluss eines Arbeitsvertrages eine Dienstleistungsgebühr von derzeit 4000 Euro einschließlich Umsatzsteuer pro vermittelter Pflegekraft an die GIZ. Die Vermittlungstätigkeit durch die ZAV ist für Arbeitgeber und Bewerber(innen) kostenfrei.
Integration wird vom Ankunftstag an gefördert
Auch der DiCV München und Freising unterstützt seine neuen Pflegekräfte nach Antritt ihrer Stelle weiter. So fungiert ein Kollege als Koordinator zur Integration ausländischer Mitarbeitender: "Das beginnt damit, dass er sie vom Flughafen abholt und ihnen ihr neues Zuhause und Arbeitsumfeld zeigt", berichtet Doris Schneider. Wohnen können die neuen Mitarbeiter(innen) zunächst in Zimmern der Caritas-Altenheime.
Durch ihre bundesweite Präsenz mit regionalen Strukturen verfügt gerade die deutsche Caritas über günstige Voraussetzungen, Mitarbeitende unterschiedlicher Nationalität bei der beruflichen und sozialen Integration zu unterstützen. Diese funktioniert dann besonders gut, wenn mehrere internationale Fachkräfte gleichzeitig eingestellt werden, die sich gegenseitig helfen und von ihren Erfahrungen berichten können. Die Caritas hat dabei das Potenzial, über einzelne Einrichtungen hinaus für ihre neuen Mitarbeiter(innen) aus dem Ausland Netzwerke und Austauschmöglichkeiten bereitzustellen. Auch dem Dienstgeber hilft der Austausch innerhalb des Verbandes - so muss nicht jede Einrichtung ihre Erfahrungen von neuem und alleine machen.
Verantwortliche Rekrutierung nutzt allen Beteiligten
Das Projekt "Triple Win" wird in enger Abstimmung mit den Arbeitsmarktservices und politischen Instanzen der Partnerländer durchgeführt. Dem Kodex der Weltgesundheitsorganisation (WHO) folgend rekrutiert die ZAV nur in Staaten, in denen ein Überschuss an Pflegekräften besteht. Somit erhalten Pflegekräfte, die in ihren Heimatländern entweder arbeitslos wären oder in ausbildungsfernen Berufen arbeiten, eine Beschäftigungsmöglichkeit. Diese politische und soziale Verantwortung ist auch für viele Arbeitgeber wie den DiCV München und Freising ein zentraler Aspekt. "Uns ist es wichtig, dass wir nicht Arbeitskräfte abziehen, die in dem jeweiligen Land selbst gebraucht werden", bestätigt Doris Schneider. "Dagegen gibt es auf den Philippinen etwa 100.000 arbeitslose Krankenschwestern und -pfleger mit Bachelor-Abschluss, die gerne ihren Beruf ausüben möchten und dafür sogar die Mühe auf sich nehmen würden, in ein weit entferntes Land zu ziehen."
"Triple Win ist ein Gewinn für alle Beteiligten", bilanziert Carsten Klein, Vorsitzender der Geschäftsführung der ZAV. "Die Unternehmen bekommen gut qualifizierte und vorbereitete Pflegekräfte, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sammeln internationale Arbeitserfahrung, und die Partnerländer profitieren von dem Know-how-Transfer, wenn sich die Pflegekräfte dazu entscheiden, in ihre Heimatländer zurückzukehren."
Mehr Infos: www.triple-win-pflegekraefte.de oder telefonisch: 0 61 96/79-35 88.
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