ClaroMobil sucht Klienten da auf, wo sie sich sicher fühlen
Am Anfang stand eine Idee im Jobcenter Köln: Schwer zugängliche und neben einer Suchtproblematik meist mehrfach belastete Kund(inn)en sollten mit Hilfe sozialer Arbeit erreicht, von Suchtprofis begleitet und nachhaltig in weiterführende Hilfen vermittelt werden - mit dem Ziel, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Und das alles natürlich freiwillig …
Umgesetzt wird diese Idee so: Im Auftrag der Behörde suchen Sozialarbeiter(innen) von ClaroMobil die Kund(inn)en des Jobcenters in ihrem Zuhause auf, weil diese es nicht schaffen, ihre Termine wahrzunehmen und weil sie auch bezüglich anderer Abmachungen unzuverlässig sind - oft aufgrund einer Suchterkrankung. Doch lässt sich diese auf den ersten Blick kontrollierend wirkende Arbeitsweise mit den Grundsätzen guter Sozialarbeit vereinbaren? - Die Erfahrung zeigt: Ja. Das erfolgreiche Projekt ClaroMobil wird nun fünf Jahre alt.
Das Angebot ClaroMobil, das im Jahr 2011 vom Jobcenter Köln initiiert wurde, wird vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und vom Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Köln umgesetzt. Ziel ist es, Menschen im Leistungsbezug des SGB II mit dem Vermittlungshemmnis einer Suchtproblematik kennenzulernen, sie zu begleiten und nachhaltig in das Hilfesystem zu integrieren. Eine Betreuung ist ausdrücklich nicht vorgesehen.
Die Suchtproblematik kann sowohl im Bereich legaler wie auch illegaler Drogen vorhanden sein. Auch nicht substanzgebunden Abhängige (Internet-/Spielsucht) werden zunehmend erreicht. Besonders gezielt werden junge Kund(inn)en des Jobcenters (die sogenannten "U25") mit dem vorrangigen Problem Cannabis- und Amphetaminkonsum frühzeitig eingebunden.
Zwischen dem Erkennen oder der Vermutung einer Suchtproblematik durch die Integrationsfachkräfte des Jobcenters und der tatsächlichen Anbindung an die Suchthilfe schließt ClaroMobil eine Lücke im bisherigen System. Die vorrangig genutzte Arbeitsweise ist die der aufsuchenden und begleitenden Arbeit. "Die Besonderheit von ClaroMobil liegt in der radikalen Interpretation der aufsuchenden Arbeit, die bewusst jede Form der Komm-Struktur vermeidet", so Beatrix Jankowski vom Jobcenter Köln. Wichtig sei dabei, neben den vordringlichen Problemen den roten Faden der Sucht nicht aus den Augen zu lassen.
Im Zweifelsfall kommt ClaroMobil zum Klienten
Im Laufe der Jahre hat sich die Art des Zugangs erweitert. Normalerweise hat das Erstgespräch zwischen der Fallmanagerin, dem Kunden und dem/der ClaroMobil-Mitarbeitenden in den Räumen des Jobcenters oberste Priorität. Neben dieser Variante gibt es aber noch die oben genannte Möglichkeit, dass das Anfangsgespräch nur zwischen dem/der ClaroMobil-Mitarbeitenden und dem Klienten bei einem Hausbesuch stattfindet. Diese Option greift, wenn davon auszugehen ist, dass der Kunde den Termin zu dritt im Jobcenter nicht wahrnimmt und der Kontakt auf keinem anderen Weg herstellbar ist. In einer Behörde haben manche der Betroffenen eher das Gefühl, kontrolliert und begutachtet zu werden. Zwar sind auch hier Sozialarbeiter(innen) vor Ort vertreten, doch ist es für die Kund(inn)en ein Unterschied, ob sie Unterstützung innerhalb oder außerhalb dieser Behörde bekommen.
Die Betroffenen sind in der Beratung mit den Sozialarbeiter(inne)n von ClaroMobil nicht mehr Kund(inn)en, sondern Klient(inn)en. In vertrautem Rahmen können die Hilfebedürftigen ganz in Ruhe und ohne Kontrollgefühl Schritt für Schritt an ihrer Problematik arbeiten. Individuell werden die unterschiedlichen Ziele erarbeitet, deren Erreichen durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen kann: der erste Gang zur Suchtberatung, Verbesserung des Gesundheitszustandes, Entgiftung, Aufenthalt in einer Rehabilitation oder Ankoppelung an ein (ambulant) betreutes Wohnen.
Der Grundsatz heißt Freiwilligkeit
Die Klient(inn)en werden mit ihren Suchtproblemen dort abgeholt, wo sie stehen. Sie werden dort aufgesucht, wo sie sich sicher fühlen und so lange begleitet, bis die Weichen für nachhaltige Hilfen und eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben gestellt sind.
Ohne Freiwilligkeit geht gar nichts. Das A und O der erfolgreichen Arbeit von ClaroMobil besteht neben der aufsuchenden Form in der Freiwilligkeit bei den Betroffenen. Eine Nichtteilnahme oder der Abbruch des Kontaktes führt nicht zu einer Reduzierung der Leistungen. Die Themen werden gemeinsam erarbeitet und definiert, auch das Tempo wird von den Klient(inn)en bestimmt. Häufig werden Partner(innen) und andere Familienmitglieder aus dem direkten Umfeld mit einbezogen. Gerade bei oft anzutreffenden multiplen Problemlagen hat sich diese Herangehensweise als erfolgversprechend herausgestellt.
Ein weiterer Faktor für die erfolgreiche Arbeit ist die direkte Hilfe. So ist es oberstes Ziel, die Klient(inn)en nicht auf einer Warteliste zu parken. Manchmal wird es zwar etwas eng, aber eine geschickte und flexible Zeitplanung macht so manches möglich. Ist der Kontakt einmal hergestellt, wird die Kontaktdichte individuell gestaltet. Dabei sind mehrere Termine pro Woche ebenso möglich wie der sogenannte "Stand-by-Modus". Der "Stand-by-Modus" kann geschaltet werden, wenn nach einer erfolgten Anbindung an ein Hilfeangebot ein Abbruch zu befürchten ist. Das Prinzip der Nachhaltigkeit zeigt sich darin, dass selbst nach einer erfolgreichen Vermittlung nachgefragt wird, ob das Andocken wirklich gelungen ist. Auch nach einem Kontaktabbruch ist eine Wiederaufnahme zu Kriseninterventionen und zu Motivationsgesprächen schnell und unbürokratisch möglich.
Wichtig für eine transparente und erfolgreiche Arbeit ist schließlich der regelmäßige Austausch zwischen den Mitarbeitenden von ClaroMobil und den Fallmanager(inne)n oder Integrationsfachkräften der Jobcenter. Natürlich geht das nur mit dem Einverständnis der Betroffenen. So wird geklärt, wie die Zusammenarbeit funktioniert und welche Entwicklungen festzustellen sind.
Pro Jahr werden zwischen 50 und 60 Menschen versorgt, nur die wenigsten beenden die Hilfe vorzeitig. Der Anteil der Männer überwiegt deutlich, ebenso der jener ohne Schul- oder Berufsabschluss. Der größte Teil wird in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten begleitet. Wer abschließt, hat eine ambulante oder stationäre Maßnahme zur Behandlung der Abhängigkeitsprobleme im Gepäck. Vor allem die jungen Erwachsenen (U25) liegen allen Akteuren besonders am Herzen. Ihr Anteil beträgt zwischen 20 und 30 Prozent.
Seit seiner Gründung im Jahr 2011 hat sich ClaroMobil zu einem etablierten Bestandteil des Kölner Suchthilfesystems entwickelt und wird kontinuierlich als ergänzendes und schnell einsetzbares Instrument geschätzt und genutzt. Manchmal muss man das Unmögliche denken, um neue Ideen erfolgreich umzusetzen. Das Ziel ist es immer, neue Wege zu finden und Brücken zu bauen - gute soziale Arbeit eben.
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