Haben Bafög-Empfänger Anspruch auf SGB-II-Leistungen?
Bafög-Bezieher(innen) haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Die Ausschlusswirkung betrifft den Regelbedarf, den Bedarf für Unterkunft und Heizung und einmalige Bedarfe. Bedarfe, die durch besondere Umstände bedingt sind, sind vom Anspruchsausschluss nicht betroffen. Sofern die Voraussetzungen gegeben sind, sind für Auszubildende folgende Leistungen zu erbringen:
- Mehrbedarf bei Schwangerschaft,
- Mehrbedarf für Alleinerziehende,
- Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung,
- Mehrbedarf für unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf,
- Erstausstattung für Bekleidung,
- Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt.
Nicht von dem Ausschluss betroffen sind die Kinder des Bafög-Beziehers/der Bafög-Bezieherin. Für diese kann der/die Bafög-Bezieher(in) Sozialgeld, Unterkunftskosten und Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen.
Gibt es Ausnahmen?
In Härtefällen kann ausnahmsweise ein Darlehen gewährt werden. Ein solcher Härtefall kann beispielsweise vorliegen, wenn ein(e) Student(in) das Studium schon fast beendet hat und es ohne ALG II abbrechen müsste. In diesem Fall können trotz eines Anspruchs auf Bafög beziehungsweise Berufsbildungsbeihilfe (BAB) Leistungen für Regelbedarfe, Bedarfe für Kosten für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Form eines Darlehens erbracht werden.
Eine Ausnahme gilt bei Schüler(inne)n von Berufsfachschulen und Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt. Wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen und die Ausbildungsstelle in angemessener Zeit erreichen können, haben sie keinen Bafög-Anspruch und können Arbeitslosengeld-II-Leistungen beantragen. Als Bedarf der Auszubildenden/Studierenden ist der Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Regelbedarf, Mehrbedarf und Bedarf für Unterkunft und Heizung) zugrundezulegen.
Kann ein(e) Bafög-Bezieher(in) seinen/ihren Mietanteil nicht beziehungsweise nicht in voller Höhe mit seinem/ihrem Bafög bestreiten, besteht die Möglichkeit, einen Zuschuss zur Miete nach dem Sozialgesetzbuch II zu beantragen. Dabei sind Leistungen der Ausbildungsförderung (Bafög, BAB) als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für die Fahrkosten und die sonstigen ausbildungsbedingten Aufwendungen, die nach den §§ 67 bis 69 SGB III erstattet werden; dieser Anteil ist als zweckbestimmt anzusehen.
Was steht wem zu?
Unabhängig von der individuell zustehenden Bafög-Förderleistung (zum Beispiel 216 Euro Schüler-Bafög) ist als Anteil für ausbildungsbedingte Aufwendungen immer ein Betrag in Höhe von 20 Prozent des für die jeweilige Art der Ausbildung maßgebenden bedarfsdeckenden Förderungssatzes nach dem Bafög als zweckbestimmte Einnahme nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Neben dem ausbildungsgeprägten Anteil sind vom Bafög die 30-Euro-Pauschale und gegebenenfalls weitere Absetzbeträge abzuziehen, zum Beispiel Kfz-Haftpflichtversicherung.
Wenn beispielsweise ein minderjähriger Schüler/eine minderjährige Schülerin Ausbildungsförderung nach dem Bafög in Höhe von 216 Euro erhält und ihm/ihr Fahrkosten in Höhe von 30 Euro monatlich entstehen, werden 93 Euro als zweckbestimmter Anteil vom Einkommen (20 Prozent von 465 Euro) abgezogen.
Wenn für Fahrkosten und Ausbildungsmaterial insgesamt höhere Kosten nachgewiesen werden können, können weitere Kosten geltend gemacht werden, wenn die 20-Prozent-Pauschale überschritten wird.
In diesem Fall kann beispielsweise ein minderjähriger Schüler/eine minderjährige Schülerin, der/die Ausbildungsförderung nach dem Bafög in Höhe von 391 Euro erhält und dem/der Fahrkosten in Höhe von 110 Euro monatlich entstehen, 110 Euro als zweckbestimmten Anteil vom Einkommen absetzen.
Tipp für Berater
Bafög- beziehungsweise BAG-Empfänger(innen) sollten grundsätzlich immer SGB-II-Leistungen (insbesondere den Zuschuss zu den Unterkunftskosten) beantragen. Auch wenn die Jobcenter-Mitarbeiter(innen) einen SGB-II-Anspruch im Erstgespräch verneinen, sollten die Betroffenen auf die Antragstellung bestehen. Wenn sich die Mitarbeiter(innen) weiterhin weigern, eine Antragstellung aufzunehmen, sollte die Vorsprache zur Antragstellung unbedingt irgendwo im Computer oder in der Akte vermerkt werden. Darauf sollte der/dieAntragsteller(in) bestehen. Ein Betroffener hat Anspruch auf Leistungen ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Auch wenn der Anspruch zunächst fälschlicherweise verneint worden ist, kann er bei einer späteren Korrektur der Entscheidung seine Leistungen seit der nachgewiesenen Antragstellung erhalten. Sofern es möglich ist, sollte die Antragstellerin beziehungsweise derAntragsteller jemanden zu dem Gespräch mitnehmen, damit sie/er die Vorsprache zur Antragstellung im Streitfall durch einen Zeugen/eine Zeugin beweisen kann.
Sofern ein Antrag erfolgt, kann es sein, dass die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller einen Bescheid erhält, in dem ihr/ihm mitgeteilt wird, dass kein Anspruch besteht. In diesem Fall sollte innerhalb eines Monats nachdem sie/er den Bescheid erhalten hat, Widerspruch eingelegt werden. Oft wird von den Jobcenter-Mitarbeiter(innen)n gar nicht richtig geprüft, ob ein Anspruch besteht, weil dies sehr aufwendig ist.
Sofern ein Leistungsbescheid erlassen wird, sollten Betroffene, sobald sie den Bescheid erhalten, genau prüfen oder prüfen lassen, ob die Anspruchshöhe korrekt ermittelt worden ist. Bei der Berechnung passieren immer wieder Fehler. Sofern ein Fehler festgestellt wird, sollte gegen den fehlerhaften Bescheid innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.
In dringenden Fällen (zum Beispiel wenn die Miete nicht mehr gezahlt werden kann und/oder Wohnungslosigkeit droht) ist es ratsam, neben dem Widerspruch einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht zu stellen. Auf diese Weise erhält der/die Betroffene rasch eine Entscheidung.
Kinderschutz verdient seinen Namen nicht
Kinderschutz gelingt nur gemeinsam
Arm trotz Arbeit - Zahlen zum Skandal
Chancen für mehr Lebensqualität aller Generationen
Wo bleibt das Kindeswohl?
Hinterlassen Sie einen Kommentar zum Thema
Danke für Ihren Kommentar!
Ups...
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite erneut und wiederholen Sie den Vorgang.
{{Reply.Name}} antwortet
{{Reply.Text}}