Gemeinsam mehr bewegen
Verspannter Nacken, Kopfschmerzen, Rückenprobleme wegen Wirbelsäulenschaden - zu wenig Bewegung ist die Ursache von vielerlei gesundheitlichen Beschwerden. Zu wenig Bewegung, das gilt nicht nur für erwachsene Büroangestellte, sondern auch für Kinder. Gabriele Kappel, Leiterin der Caritas-Kindertagesstätte in Frankfurt-Höchst, beobachtet schon seit vielen Jahren, dass die Kinder, die in die Tagesstätte kommen, kein Gefühl für ihren Körper haben. "Anders als früher können viele Kinder nicht auf einem Bein stehen oder hüpfen. Sie fallen oft hin, können nicht kriechen, rutschen und klettern. Man merkt, sie haben keine gute Körperwahrnehmung." Die Ursachen für diesen Wandel sind klar: Stadtkinder spielen oft nur in der engen Wohnung, können wegen des Verkehrs nicht ohne Aufsicht draußen sein an der frischen Luft. Auch die Kleinen sitzen oft schon vor dem Fernseher oder spielen am Computer. "Wir haben gemerkt, dass wir etwas dagegen tun müssen", sagt Gabriele Kappel. Deshalb bietet sie den Kleinen mit drei oder vier Jahren einen Motopädie-Kurs1 an.
Laufen, hüpfen, klettern
Immer mittwochs ist in der Kita "Motopädie-Tag". Die Kinder bewegen sich unter der Anleitung der Ergotherapeutin Anette König in kleinen Gruppen von bis zu fünf Kindern 30 bis 45 Minuten. Spielerisch werden sie motiviert zum Laufen, Hüpfen, Kriechen, Klettern… Die Ergotherapeutin baut einen kleinen Bewegungs-Parcours im Turnraum auf und denkt sich dazu eine Geschichte mit einer Aufgabe aus, die die Kinder gut bewältigen können. Es gibt Fingerspiele, Erbsensuchen in einem Topf voller Sand, auf einen "Berg" hochklettern, der aus Kissen besteht. Und sie sind stolz, wenn sie es geschafft haben. Dann bekommen sie von Anette König Lob und Bestätigung. Aufmerksamkeit und Wertschätzung für jedes einzelne Kind ist gegeben.
Ziel der Übungen ist es, dass die Kinder lernen, den eigenen Körper wahrzunehmen. Das hat nicht nur mit Bewegung zu tun. Gabriele Kappel hat beobachtet, dass viele Kinder ihren Körper gar nicht kennen und zum Beispiel die einzelnen Körperteile nicht benennen können. "Wer seinen Körper nicht kennt, ist auch unsicher, traut sich oft nichts zu - da gibt es eine direkte Verbindung zur Psyche: Wenn die Kinder sich in der Motopädie-Stunde so richtig austoben können und ihre kleinen Aufgaben erfüllen, dann sind sie entspannt und ausgeglichener nach der erlebten Anstrengung. Das kann man deutlich sehen", sagt die Kita-Leiterin. Eine soziale Komponente gibt es auch noch: "Die Übungen sind auch Ansporn zu mehr Miteinander", erklärt sie. Die Kinder lernen, sich zu helfen, reichen sich zum Beispiel beim Balancieren die Hand. Soziales und sprachliches Lernen werden gefördert durch die kleine Gruppe, in der auch viel sprachlicher Austausch stattfinden kann.
Am Ende wird aufgeräumt, alle Kinder winken sich zum Abschied zu - und freuen sich schon auf den "Motopädie-Tag" am nächsten Mittwoch.
Dass es dieses Angebot in der Kita gibt, verdankt die Caritas dem Frankfurt-Marathon. Seit dem Jahr 2007 gibt es eine Charity-Partnerschaft mit der veranstaltenden Agentur und einen Spendentopf, aus dem solche Projekte wie in der Höchster Kita finanziert werden können. Die Eltern könnten den Kurs nicht bezahlen. Zwei Drittel der Summe kommen aus den Spenden. Die Investition lohnt sich. Gabriele Kappel kann bei vielen Kindern die Fortschritte nach wenigen Übungsstunden erkennen: "Vor allem unsichere Kinder, die scheu sind und nicht so leicht Kontakt herstellen, gewinnen schnell Selbstvertrauen. Melora wollte erst gar nicht mitmachen, aber dann durfte ihre Freundin Yasmina mit, und schon klappte es. Schnell hatte sie ihre Scheu verloren."
Im Lauf des Jahres werden die Aufgaben komplizierter, die Kinder können immer mehr bewältigen, die Übungen werden immer anstrengender, je nach Entwicklungsstand. Die Kinder freuen sich, wenn Anette König am Mittwochmorgen ankommt, dann rennen sie gleich zum Turnraum. Beim freien Spielen im Hof sieht Gabriele Kappel dann die Fortschritte.
Anmerkungen
1. Die Motopädie ist eine Bewegungstherapie, die Körper, Geist und Seele des Menschen einbezieht.
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