Berufliche Inklusion bei der Caritas
Das dreijährige Modellprojekt "IBIS - Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesundheits- und Sozialwirtschaft"1 hat die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung in Caritas-Einrichtungen zum Ziel: Für sie sollen in Mitgliedsorganisationen des Diözesan-Caritasverbandes (DiCV) Köln 50 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen und zehn Ausbildungsplätze eingerichtet werden.
Zudem werden in Mitgliedsorganisationen fünf Integrationsvereinbarungen abgeschlossen. Gemäß § 83 SGB IX beinhaltet eine Integrationsvereinbarung Regelungen im Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter Menschen, insbesondere zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, der Gestaltung des Arbeitsumfeldes und der Arbeitsorganisation.
Das Projekt sensibilisiert personalverantwortliche Führungskräfte in den Mitgliedsorganisationen des DiCV Köln für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Denn in einer 2006 vom DiCV Köln durchgeführten Befragung seiner Mitgliedsorganisationen lag die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung unter den in § 71 SGB IX geforderten fünf Prozent der Arbeitsplätze eines Unternehmens. Dies war der Anlass für die Entwicklung des Modellprojekts, das vom 1. April 2011 bis 31. März 2014 läuft. Finanziell unterstützt wird es von der Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen, der Kölner Kämpgen-Stiftung, der Caritas-Stiftung Heinz Kröly, der Kölner Annemarie und Helmut Börner Stiftung, der Kölner RheinEnergie-Stiftung Jugend, Beruf, Wissenschaft sowie aus Eigenmitteln des DiCV.
Das Projekt berät und begleitet
IBIS unterstützt Organisationen, die die Einstellung von Dienstnehmer(inne)n mit Behinderung anstreben, von der Ausgangsidee über die Konzept- und Prozessentwicklung bis hin zur Einstellung und zum Teil auch in der Einarbeitungsphase des/der Mitarbeitenden. Das Projektteam übernimmt hierbei die Rolle des Beraters und Begleiters bei der beruflichen Integration. Neben der Prozessgestaltung und -umsetzung wird eine Vernetzung zwischen dem künftigen Arbeitgeber und den am Übergangsmanagement beteiligten Institutionen initiiert und etabliert.
Bei der Einstellung von Arbeitskräften mit Behinderung sind verschiedene Prozessschritte zu beachten. Auf die Kontaktaufnahme eines interessierten potenziellen Dienstgebers mit dem Projektteam folgt die Bedarfserhebung in Form einer Organisationsanalyse, die mögliche Einsatzgebiete herausarbeitet. Diese Analyse findet beim Treffen des Projektkoordinators mit personalverantwortlichen Leitungspersonen der interessierten Mitgliedsorganisation statt. Zu Beginn werden neben den Einsatzgebieten auch die formalen Vertragsinhalte wie Entlohnung, Vertragsdauer und Stellenumfang sowie die Anforderungen an künftige Mitarbeitende definiert. Bei diesem Punkt sind nach Möglichkeit auch operativ Mitarbeitende aus dem jeweiligen Aufgabenbereich eingebunden - so sensibilisiert dieser Schritt die zukünftigen Kolleg(inn)en frühzeitig für die Veränderungen im Team. In einem zweiten Schritt werden die definierten Prozessschritte wie auch die Anforderungen an den/die Mitarbeitende(n) in einem Meilensteinplan und einem Anforderungsprofil festgehalten. Und drittens wird mit dem Arbeitgeber die Gestaltung des Übergangs in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung besprochen.
Vielschichtige Suche nach geeigneten Bewerbern
Anschließend wird nach Personen recherchiert, die aufgrund ihrer Kompetenzen und Qualifikationen für die vakante Arbeitsstelle infrage kommen. In diese Personalsuche werden die in der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung aktiven Mitgliedsorganisationen eingebunden. Die Motivation und die Bereitschaft der für die identifizierte Stelle infrage kommenden Personen werden in einem persönlichen Gespräch zwischen diesen und dem Projektteam ausgelotet. Ergänzend finden erste Gespräche mit den optional vor Ort eingebundenen Institutionen wie zum Beispiel dem Integrationsfachdienst, der kommunalen Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, Bildungsträgern und Schulen statt.
Nach Eingang der schriftlichen Bewerbungen tauscht sich der Projektkoordinator mit dem Dienstgeber über die verschiedenen Punkte aus, die im weiteren Prozess aufgrund der individuellen Voraussetzungen der Bewerber(innen) mit Behinderung zu beachten sind, und das Auswahlverfahren beginnt. Dazu werden die Personen, die eine hohe Passung ihrer individuellen Qualifikationen mit dem Anforderungsprofil vorweisen, vom Dienstgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Das Projektteam empfiehlt, dass die Personen in der engeren Auswahl ein Praktikum absolvieren. Dessen Länge wird individuell auf den Bedarf des Bewerbers und des Dienstgebers zugeschnitten, darf aber aufgrund der Gesetzeslage die Dauer von vier Wochen in der Regel nicht überschreiten. Meist wird ein Zwischengespräch vereinbart, um von allen Beteiligten Rückmeldungen über den Verlauf der Praktikumsphase zu bekommen. Die Anforderungen des Dienstgebers werden im Vorfeld eindeutig an den/die Bewerber(in) mit Behinderung kommuniziert. Wird die Praktikumsphase als erfolgreich eingestuft, sind die genauen Kriterien für den Übergang in das Beschäftigungsverhältnis auszuhandeln.
Nachdem die formalen Vertragsinhalte bereits zu Beginn des Prozesses definiert worden sind, ist vor Vertragsunterschrift und Arbeitsaufnahme noch abzuklären, welche Unterstützung - wie zum Beispiel Trainingsmaßnahmen, die Einbindung des Technischen Beratungsdienstes des Integrationsamtes, der Eingliederungszuschuss beziehungsweise weitere Fördermöglichkeiten des Integrationsamtes - genutzt werden.
Ein anderer zentraler Punkt zur Gewährleistung einer erfolgreichen Einmündung ins Arbeitsleben ist die enge Begleitung zu Beginn der Arbeitsaufnahme. Diese erfolgt in Absprache mit dem Dienstgeber, um Fragen und offene Punkte abzuklären und noch vorhandenen Bedarf zu eruieren.
Gelingende Einstellung eines Menschen mit Behinderung
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor besteht in der aufgeschlossenen Haltung der Führungskräfte und der im Team eingebundenen Kolleg(inn)en, weil der/die Mitarbeitende mit Behinderung so die volle Unterstützung bei der Arbeitsaufnahme erhält. Bei der Einstellung ist der Fokus auf seine/ihre Ressourcen und Kompetenzen gerichtet. Alle Beteiligten benötigen Ausdauer, um den Prozess zum Übergang in die Beschäftigung erfolgreich abzuschließen. Organisationen, die eine hohe Identifikation mit dem Ziel der Inklusion von Menschen mit Behinderung haben, weisen die ideale Voraussetzung auf, um auch schwierige Phasen bis zur gelungenen Einstellung zu bestehen. Jedes Übergangsmanagement für einen Menschen mit Behinderung wird individuell gestaltet. Verbände, die in dieser Phase die Dienstleistungen des Projektteams wie auch des Integrationsfachdienstes und die Fördermöglichkeiten aus dem Sozialgesetzbuch intensiv in Anspruch nehmen, gewinnen einen motivierten Mitarbeiter, der dort eingesetzt wird, wo sowohl seine Fähigkeiten als auch die Arbeitsanforderungen bestmöglich aufeinander abgestimmt sind.
Einige Arbeitgeber haben die Notwendigkeit einer Einstellung von Menschen mit Behinderung als ein Instrument der Personalwirtschaft erkannt, um dem beginnenden Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Eine wesentliche Voraussetzung für diesen Weg ist die Bereitschaft zur detaillierten Organisationsanalyse im Hinblick auf mögliche Arbeitsgebiete, die auch von Menschen mit Behinderung ausgeübt werden können.
Fazit
Die Mitgliedsorganisationen des DiCV Köln haben die Dienstleistung des Projekts bereits intensiv in Anspruch genommen; bisher wurden circa 150 Prozesse angestoßen. Seit Beginn des noch bis zum 31. März 2014 laufenden Modellprojekts sind Stellen in fast allen Arbeitsbereichen geschaffen worden: Insgesamt wurden 46 Mitarbeitende mit Behinderung in der Verwaltung, der offenen und stationären Altenhilfe, in Kindertagesstätten und handwerklich geprägten Arbeitsbereichen eingestellt. Acht junge Menschen mit Behinderung erhielten einen Ausbildungsplatz.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich mit Hilfe der Unterstützung eines Beraters der Aufwand für die einstellenden Betriebe reduziert und die Prozessumsetzung vereinfacht wird.
Oftmals stehen in den Personalabteilungen der Mitgliedsorganisationen nicht die Ressourcen und die detaillierten Fachkenntnisse zur Verfügung, um die Einstellung eines Menschen mit Behinderung so zu realisieren, dass alle Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden. Ohne die externe Unterstützung scheitert die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben nicht an der Bereitschaft, sondern an der Komplexität der formalen Voraussetzungen. Diese betrifft zum Beispiel das Zusammenspiel der unterschiedlichen eingebundenen Institutionen, die eine Einstellung fachlich und finanziell unterstützen. Bei diesen beiden Punkten erhalten die Mitgliedsorganisationen durch das Projekt IBIS aktive Unterstützung. Als wesentliche Erfahrung des Projektteams lässt sich festhalten, dass Einrichtungen, die einen Menschen mit Behinderung erfolgreich eingestellt haben, eine hohe Offenheit für eine Beschäftigung weiterer Menschen mit Behinderung haben.
Anmerkung
1. Mehr Infos: www.ibis-caritasnet.deGut gepflegt zu fairen Bedingungen
Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben
Einen für alle – den inklusiven Arbeitsmarkt gestalten
In die Welt da draußen
Gemeinnützige Körperschaften werden bei E-Bilanz entlastet
Nein zu „cleanem“ Dienst
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