Beeindruckt und inspiriert von einer Caritas voller Elan
Gut eine Woche war die deutsche Delegation mit Vertreter(inne)n aus Caritas und Kirche in Kambodscha unterwegs, um bei einer Dialogreise von Caritas international die Arbeitsschwerpunkte der nationalen Caritas in dem südostasiatischen Land anhand ausgewählter Projekte kennenzulernen.
Kambodscha ist ein buddhistisch geprägtes Land, Christen stellen hier nur eine kleine Minderheit dar. Und doch ist die Caritas in Kambodscha ein wichtiges Hilfswerk, das im ganzen Land Anerkennung findet. Denn Unterstützung für alle von Not Betroffenen unabhängig von Herkunft, Nation und Religionszugehörigkeit ist für die kirchlichen Helfer(innen) in diesem Land oberste Maxime.
Durch die anerkannte Professionalität der Caritas Kambodscha haben sich die Bedingungen für deren Arbeit zuletzt recht positiv entwickelt. Es gelingt der Caritas in geduldigen Verhandlungen mit kambodschanischen Regierungsstellen anwaltschaftlich für Menschen in sozialen und humanitären Notlagen zu wirken.
Das ist erfreulich und erstaunlich angesichts der geschichtlichen Hypothek, die Land und Einwohner mit sich herumtragen. Gut 20 Jahre nach der politischen Wende wirken die Menschen in Phnom Penh - in der Hauptstadt mit ihren zwei Millionen Einwohnern ist inzwischen jeder siebte Landesbewohner zu Hause - gleichermaßen geschäftig, optimistisch und modern. Die Gesellschaft ist jung und dynamisch, und diese jungen Leute verhalten sich wie überall auf der Welt: Mopeds und Handys, Facebook und die üblichen Mode-Accessoires bestimmen den Takt - zumindest in der Metropole und in den größeren Städten wie Battambang und dem touristisch wichtigen Siem Reap, nahe der Tempelanlage Angkor Wat, einem Unesco-Weltkulturerbe.
Doch außerhalb der prosperierenden Stadtzentren ist die Situation eine andere. Allgemeine Armut und Rückständigkeit kennzeichnen hier den Alltag der Menschen. In den fruchtbaren aber hochwassergefährdeten Gebieten Zentralkambodschas entlang des Mekongs und am Tonlé Sap, dem Großen See, leben die Menschen meist in einfachen, auf Holzpfosten errichteten Hütten, denen jede Überschwemmung gefährlich werden kann.
Hier setzt die Caritas Kambodscha in verschiedener Hinsicht mit ihrer Hilfe an. Viele der Projekte, die den Teilnehmer(inne)n der Dialogreise vorgestellt wurden, zielen darauf ab, die Gemeinwesenstrukturen zu festigen und die Lebenssituation zu verbessern. Dabei werden die besonderen Probleme berücksichtigt, die vor allem durch die Historie des Landes verursacht wurden. Zahlreiche Menschen, die die Gräueltaten des Khmer-Regimes miterlebt hatten und deren Familien zerstört wurden, sind psychisch gezeichnet. Infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen und durch Landminen, die noch heute Unfälle verursachen, gibt es viele Menschen mit körperlichen Behinderungen. Krankheiten durch Mangelernährung und Armut, Behinderungen bei Kindern durch Polio, Masern oder Nichtbehandlung von körperlichen Defiziten und Aids sind an der Tagesordnung.
Selbstbewusstsein und Eigeninitiative stärken
"Die Projekte, die unsere Caritas initiiert, können nicht so angelegt werden, als ob sie unbefristet bestehen würden", erläutert der kambodschanische Caritasdirektor Rattana Kim. "Dazu fehlen uns Personal und finanzielle Ressourcen. Wir zielen darauf ab, Selbstbewusstsein und Eigeninitiative der Betroffenen zu stärken, um das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die Caritas kann dafür Wege aufzeigen und womöglich beim Start in ein besseres Leben ganz konkret helfen."
Solche konkrete Hilfe kann verschieden aussehen: So lernten die Dialog-Reisenden beispielsweise das Dorf Tuol Sambo nahe Phnom Penh kennen. Hier wurden Familien angesiedelt, deren Slum am Ufer des Mekong weggeschwemmt worden war oder die wegen Bauprojekten von ihrem angestammten Siedlungsgebiet vertrieben worden waren. Mit Hilfe der Stadtbehörden errichtete die Caritas für diese Menschen, von denen drei Viertel unter der Armutsgrenze leben und zahlreiche behindert oder HIV-positiv sind, neue Hauszeilen. Über die gelungene Ansiedelung hinaus geht es nun darum, die 185 Familien in einem Gemeinwesen zusammenzubringen, das solidarisch geprägt ist und in dem Stigmatisierung und Ausgrenzung keinen Platz haben.
Mit Genähtem oder Schmuck in die Selbstständigkeit
Derzeit versucht die Caritas vor allem, Einkommensmöglichkeiten für möglichst viele Menschen zu erschließen. Dazu werden in Tuol Sambo ähnlich wie in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze in geschütztem Raum geschaffen. Durch den Verkauf der dort gefertigten Kleinkunst können Einkünfte erzielt werden. Zudem sollen die Menschen angeregt werden, die Ideen etwa für Genähtes oder Schmuck zu übernehmen und sich damit selbstständig zu machen.
Ein anderes Projekt konnte die deutsche Gruppe wegen der jüngsten Überschwemmungen nur per Boot erreichen: In Prek Reussey, einem Ort in der Provinz Kandal im Süden des Landes, unterstützt die Caritas die Dorfentwicklung. Die Familien sollen lernen, sich mit einfachen Mitteln besser gegen wirtschaftliche Rückschläge zu wappnen wie sie etwa die regelmäßigen Fluten verursachen. So helfen aufgeschüttete Hügel, das Vieh bei Hochwasser vor dem Ertrinken zu bewahren. Mit Fischzucht erlernen die Bauern neben Viehhaltung und Reisanbau weitere Fertigkeiten. "Kuh-Banken", bei denen reihum Kühe an die Familien verliehen werden, deren Kälber jeweils ins Eigentum der Familien übergehen, und "Reis-Banken", die eine erste Aussaat und Notvorräte möglich machen, zielen auf Nachhaltigkeit und Stärkung der Dorfgemeinschaft.
Mit ihren Projekten stößt die Caritas Kambodscha Entwicklungen an, die sich positiv auf die Menschen und ihr Lebensumfeld auswirken. Oft sehen es die Mitarbeiter(innen) daran, dass Caritas-Embleme an neuen Brunnen oder Häusern auftauchen, auch wenn sie gar nicht von dem katholischen Verband veranlasst wurden. Auch die Teilnehmer(innen) der Dialogreise erlebten solch positiven Zuspruch, wenn Projekt-Beteiligte berichteten, welche Wendung ihr Leben dank der Caritas genommen hat. Jugendliche aus einem Programm für inklusive berufliche Schulungen dankten der Caritas sogar in Form selbst verfasster Loblieder.