Soziale Firmenengagements per Marktplatz-Methode
Angesichts der Verschiebungen in der Rollenverteilung zwischen Staat, Markt und Gesellschaft richten zivilgesellschaftliche Akteure ihren Blick stärker auf die freie Wirtschaft und erwarten von ihr vermehrt Beiträge zur Lösung gesamtgesellschaftlicher Anforderungen. In diesem Zusammenhang gewinnen Kooperationen mit Akteuren aus dem Dritten Sektor für Unternehmen zunehmend an Bedeutung, um gezielt gesellschaftliche Bedürfnisse identifizieren und Engagementprojekte entwerfen zu können. Die Bertelsmann-Stiftung hat mit der Marktplatz-Methode einen Ansatz entwickelt, um Kooperationen von Unternehmen und Gemeinnützigen systematisch anzubahnen sowie generell das Interesse an bürgerschaftlichem Engagement zu vergrößern.
Auf den "Marktplätzen" kommen Unternehmen und gemeinnützige Organisationen zusammen, so dass die Suche nach einem geeigneten Kooperationspartner nicht mehr hauptsächlich eine Frage von guten informellen Beziehungen ist. Zu einer zweistündigen Veranstaltung - meist in einem öffentlichen Gebäude - werden ungefähr in gleicher Anzahl ausgewählte Unternehmen und gemeinnützige Institutionen eingeladen. Hier können sich die Teilnehmenden kennenlernen und, wenn sie auf einen passenden Partner treffen, Kooperationsprojekte verbindlich aushandeln. Der Phantasie hinsichtlich Kooperationsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt - mit einer wichtigen Voraussetzung: Alles ist erlaubt, nur Geld ist tabu! Das Ziel der Methode besteht darin, dass gleichberechtigte Partner gemeinsame Projekte vereinbaren. Da die Teilnehmenden nicht die gleichen finanziellen Voraussetzungen mitbringen, könnte auf monetärer Ebene kein gleichberechtigter Austausch stattfinden.
Aber auch ohne Geldspenden können Unternehmen mit Sachleistungen, Mitarbeitereinsatz oder ihrem Know-how eine große Unterstützung für Gemeinnützige bieten und beispielsweise bei Renovierungsarbeiten oder mit IT-Schulungen helfen (vgl. das neue caritas Spezial 1/2009 zu Corporate Citizenship). Im Gegenzug werden die Gemeinnützigen aufgefordert, kreative und innovative Angebote zu entwickeln, die für die Unternehmen von Interesse sein könnten. Beispielsweise könnten sie blinde Klient(inn)en vermitteln, die Freude daran haben, anlässlich der Betriebsfeier des Partnerunternehmens dessen Mitarbeitenden bei einem erlebnisgastronomischen "Dinner im Dunkeln" zu assistieren. Oder sie könnten mit ihrer fachlichen Expertise im Migrationsbereich ein interkulturelles Coaching anbieten.
So unterschiedlich die Kooperationsprojekte sein können, eines haben sie gemeinsam: Beide Kooperationspartner erhalten etwas, das sie gebrauchen können, und geben etwas zurück, das ihren Fähigkeiten entspricht. Dies geschieht unter Berücksichtigung der lokalen gesellschaftlichen Anliegen und auf gleicher Augenhöhe der Partner: Die gemeinnützigen Organisationen treten nicht als Bittsteller und Empfänger von Spenden auf, sondern als Anbieter konkreter Angebote und Leistungen, die für das Unternehmen von Interesse sind. Im Gegensatz zu einem Austausch im ökonomischen Sinn muss der jeweilige Gewinn des Partners nicht äquivalent zum Nutzen des anderen Partners sein: Die Vereinbarungen entsprechen eher einem nicht abstrakt zu definierenden Gleichgewicht der unterschiedlichen Aktivitäten und Interessen der Partner. Die wechselseitigen Transaktionen bauen auf gegenseitigem Vertrauen auf und können helfen, Barrieren zwischen einander bislang fremden gesellschaftlichen Bereichen aufzuheben. Dafür müssen sich alle Beteiligten der gemeinsamen Verantwortungsübernahme bewusst sein und auch eine Offenheit für die Andersartigkeit der Partner in die Kooperation einbringen.
Die "Marktplatz-Methode" bietet keine Alternative zu sozialstaatlichen Leistungsangeboten - sie konzentriert sich darauf, auf Möglichkeiten der intersektoralen Zusammenarbeit hinzuweisen und die Suche nach einem geeigneten Kooperationspartner zu erleichtern. Das Engagement selbst - und ob sich daraus langfristige Kooperationen entwickeln - liegt in der Verantwortung der beteiligten Akteure.
Mehr Infos: www.gute-geschaefte.org