Strategievorteil Nachhaltigkeit: Berichtspflichten richtig nutzen
Tue Gutes und berichte darüber, um weitere Akteure zu gewinnen: zum Beispiel über das Anlegen einer Streuobstwiese wie beim JHV St. Elisabeth. DiCV Fulda/JHV
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist das zentrale regulatorische Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU. Auch zahlreiche Organisationen des Gesundheits- und Sozialwesens müssen sich mit den neuen Berichtspflichten auseinandersetzen. Neben regulatorischen Vorgaben bietet eine transparente Berichterstattung strategische Vorteile, insbesondere in der Kommunikation mit Spendern, staatlichen Stellen und anderen Stakeholdern. Eine systematische Nachhaltigkeitsstrategie hilft, Risiken zu minimieren und langfristige Vorteile zu sichern.
Auch wenn viele Organisationen aufgrund ihrer Größe oder Rechtsform nicht unmittelbar berichtspflichtig sind, rückt das Thema dennoch in den Fokus. Öffentliche Auftraggeber, Banken und Förderinstitutionen fragen zunehmend entsprechende Daten ab. Wer sich frühzeitig mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzt, kann daher strategische Vorteile nutzen und sich auf künftige Anforderungen vorbereiten.
Caritasweit wird das Ziel verfolgt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung spielt hierbei eine zentrale Rolle, da sie Fortschritte sichtbar macht und gezielte Steuerungsmaßnahmen ermöglicht. Durch die Erfassung und Auswertung relevanter ESG-Daten lassen sich Entwicklungen nachvollziehen, Maßnahmen gezielt weiterentwickeln und notwendige Anpassungen frühzeitig identifizieren.
Welche Pflichten bringt die Richtlinie mit sich?
Die CSRD verpflichtet Unternehmen, umfassend über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) zu berichten. Damit diese Berichterstattung nicht isoliert betrachtet wird, sondern einen praktischen Mehrwert bietet, sollte sie in bestehende betriebliche Prozesse integriert werden. Beispielsweise können ESG-Daten direkt in Controlling- und Risikomanagementsysteme eingebunden werden, so dass Nachhaltigkeitsaspekte strategisch berücksichtigt werden. Zudem lassen sich Nachhaltigkeitsziele in bestehende Qualitätsmanagementprozesse einbetten, um eine kontinuierliche Verbesserung sicherzustellen.
Neben der Identifikation wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen müssen qualitative und quantitative ESGDaten veröffentlicht und in den Lagebericht integriert werden. Ebenfalls vorgesehen ist, dass der Lagebericht von externer und unabhängiger Stelle geprüft wird, um die Verlässlichkeit sicherzustellen.
Vor allem große Organisationen sind betroffen – aber nicht nur
Die CSRD betrifft derzeit nur Unternehmen, die als große GmbH betrieben werden, sowie Rechtsträger wie Vereine oder Stiftungen, die möglicherweise Satzungsvorgaben zur Anwendung der Vorgaben für große Kapitalgesellschaften haben. Im Einzelfall ist auch eine Überprüfung der Satzung beziehungsweise von Gesellschaftsverträgen zu empfehlen.
Auch wenn keine unmittelbare Berichtspflicht besteht, erwarten Fördergeber, Banken oder größere Partnerunternehmen zunehmend Nachhaltigkeitsinformationen. Perspektivisch sollten auch Caritasträger – abhängig von Unternehmensgröße und Rechtsform – eine modifizierte Berichterstattung anstreben, um gesellschaftliche Verantwortung transparent zu machen und sich strategisch auf künftige Anforderungen vorzubereiten. Wer Transparenz schafft, stärkt nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern verbessert auch seine Position bei Finanzierungs- und Kooperationsmöglichkeiten.
Europäische Standards konkretisieren die Berichtspflichten
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisieren die Berichtspflichten der CSRD und legen detailliert fest, welche Inhalte ein Nachhaltigkeitsbericht offenlegen muss.
Die wichtigsten Aspekte sind Umwelt (zum Beispiel Klimawandel, Ressourcennutzung, Kreislaufwirtschaft), soziale Themen (zum Beispiel Arbeitsbedingungen, Gleichstellung, gesellschaftliches Engagement) und Governance (zum Beispiel Unternehmensführung, Compliance, ethische Standards). Sie sorgen für Vergleichbarkeit und Prüfbarkeit der Berichte. Unternehmen sollten sich mit diesen Standards vertraut machen, um frühzeitig geeignete Strukturen zur Datenerfassung zu schaffen.
Für KMU und nicht berichtspflichtige Organisationen bietet hier der "Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs" (VSME) eine Möglichkeit zur strukturierten Nachhaltigkeitsberichterstattung. Besonders für Kreditverhandlungen oder Förderanträge kann dies vorteilhaft sein. Diesen ergänzenden freiwilligen Standard hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG, eine EU-Organisation, die die Europäische Kommission in Sachen Berichtspflichten berät) am 17. Dezember 2024 an die EU-Kommission übermittelt. Er richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht unter die CSRD fallen, aber dennoch Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen müssen. Die EFRAG wird 2025 Unterstützungsmaterial veröffentlichen, um die Anwendung des VSME zu fördern. Besonders für Caritas-Organisationen, die steigende Anforderungen seitens der Stakeholder erwarten, ermöglicht der VSME einen stufenweisen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung, da er durch seine modulare Struktur (Basis- und umfassendes Modul) flexibel an individuelle Bedürfnisse angepasst werden kann.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Berichtspflichten
Neben der CSRD existieren weitere wichtige Regelwerke: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beispielsweise verpflichtet größere Unternehmen dazu, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten zu identifizieren und zu minimieren. Die EU-Taxonomie-Verordnung wiederum legt fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten – ein entscheidender Aspekt für Organisationen mit Investitions- oder Finanzierungsbedarf.
CSRD-Umsetzung ist 2025 oder 2026 zu erwarten
Die Umsetzung der CSRD in nationales Recht verzögert sich. Am 26. Februar hat die Europäische Kommission mit der sogenannten Omnibus-Verordnung Vorschläge für Erleichterungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt. Geplant ist unter anderem, die Berichtspflichten auf größere Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten sowie einem Umsatz von über 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro zu begrenzen. Zudem soll die erstmalige Berichterstattung um bis zu zwei Jahre verschoben werden. Ziel dieser Anpassungen ist es, den administrativen Aufwand zu reduzieren, ohne die grundlegende Berichtspflicht aufzuheben.
Trotz dieser möglichen Änderungen bleibt die CSRD in Kraft. Die Umsetzung in deutsches Recht ist weiterhin offen, eine Verabschiedung dürfte sich voraussichtlich bis 2026 hinziehen. Eine rückwirkende Anwendung für das Geschäftsjahr 2025 erscheint zunehmend unwahrscheinlich.
Berichtspflichtige Unternehmen sollten sich auf jeden Fall eng mit ihren Abschlussprüfern abstimmen, um die Anforderungen bestmöglich umzusetzen und ihre Umsetzungsziele regelmäßig zu überprüfen. Zudem sollten sie auch ihre Lieferketten in den Blick nehmen, da sich mögliche Anpassungen auf die Sorgfaltspflichten und Berichtsanforderungen in diesem Bereich auswirken können. Unternehmen sollten sich demnach proaktiv auf bestehende Anforderungen vorbereiten, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Warum sich Nachhaltigkeitsberichterstattung lohnt
Auch wenn die Umsetzung der CSRD in nationales Recht noch nicht abgeschlossen ist, steht fest, dass die Anforderungen kommen werden. Sozialunternehmen sollten die Zeit nutzen, um sich auf die neuen Berichtspflichten vorzubereiten. Dazu gehört, wesentliche Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren, ein strukturiertes Management von ESG-Daten aufzubauen und Nachhaltigkeit frühzeitig in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Wer sich jetzt vorbereitet, wird langfristig von einem klaren und belastbaren Nachhaltigkeitsbericht profitieren und regulatorische Risiken minimieren.
Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Chance. Organisationen, die frühzeitig Strukturen für eine nachhaltige Betriebsführung und Dokumentation etablieren, profitieren von besseren Finanzierungsbedingungen, von erhöhter Attraktivität für Mitarbeitende und Partner sowie von langfristiger Zukunftsfähigkeit. Zudem können Organisationen wie die Caritas die Berichterstattung nutzen, um ihre Klimaziele, insbesondere die angestrebte Klimaneutralität bis 2030, aktiv zu steuern und ihre Fortschritte sichtbar zu machen. Auch nicht berichtspflichtige Unternehmen und Organisationen können durch eine freiwillige Anwendung des VSME von einheitlichen Standards profitieren. Damit sie schon jetzt auf künftige Markterwartungen eingestellt sind.