Smart Country Side
Digitalisierung im ländlichen Raum
Zusammen mit den Bürger(innen) aus 16 Modellorten im Kreis Höxter (10 im Kreis Lippe) entwickelt und erprobt das Projektteam bedarfsgerechte digitale Anwendungen, die bei Erfolg als Blaupause und Leitfaden für andere Dörfer dienen sollen. Smart Country Side bereitet Dörfer und Bürger(innen) auf die digital vernetzte Welt vor und stärkt damit die Daseins- und Gesundheitsvorsorge, die Teilhabe und Mobilität, das bürgerschaftliche Engagement sowie das generationsübergreifende Miteinander. Es kanalisiert die bisherigen Internet-Erfahrungen der Bürger, stärkt und fördert ihre digitale Kompetenz und begleitet sie bei der Erprobung innovativer Ideen für passgenaue "Smart Country Services".
Sozial darf nicht museal sein
Das SCS-Projektteam begleitet seit 2017 die Caritas-Konferenz St. Maria Salome in Ovenhausen (1.100 Einwohner, Kreis Höxter) als eines von 16 Golddörfern bei der Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter digitaler Anwendungen.
Dabei haben wir als Caritas unsere Projektziele klar definiert: Digital möchten wir sozial nicht nur unsere Caritas-Mitglieder ansprechen. Auf dem Online-Weg möchten wir alle unsere Dorfbewohner über unser soziales Angebot informieren und zum Mitmachen begeistern. Die Caritasarbeit muss sich wandeln. Sozial darf nicht museal sein. Wir erleben: Sozial braucht digital. Rat und Hilfen können digital schneller organisiert werden. Jung und Alt sowie Gesunde, Einsame, Erkrankte, Flüchtlinge, Jakobspilger, Gäste, Neu-Ovenhäuser und Weggezogene können schnell und papierlos im öffentlichen oder geschützten Raum Kontakt zu unserer Caritas-Konferenz aufnehmen. Es wird uns möglich, Umfragen digital zu starten und mehr Bürger direkt zu erreichen. Ganz wichtig sind uns:
- Kommunikation (z. B. gegen Einsamkeit)
- Interaktion (Gemeinschaft lebendig und sozial gestalten)
- Mobilität gewährleisten oder auch Laufwege verkürzen
- Teilhabe (z. B. soll jeder Bürger Zugang zur digitalen Welt erhalten)
- Digitale Info-Tafel (Touchscreen) vor der Klönstube, die jeder nutzen kann
- Verbesserung der Zukunftschancen im Dorf (z. B. Aufbau youngcaritas)
- Nachholbedarf in der schnellen "Internet- und App-Welt" decken zu können
- Digitale Hilfsangebote bedürfen Menschen, die für die Mitbürger da sind
Das Motto der Caritas-Konferenz Ovenhausen lautet: Herz von Mensch zu Mensch - anlog und digital.
Die geplante Kirchen-Plattform und der Gottesdienst zum Streamen sollen jüngere Dorfbewohner erreichen. Auch Menschen, die wenig oder nichts mit der Kirche zu tun haben, können Infos über kirchliche Termine und Aktivitäten abrufen. Oder vielleicht spricht diese Personen eine Tageslosung oder ein Bibelzitat besonders an und gibt neue Kraft für den Lebensweg oder Freude für den Tag. Die Kirche muss sich im Netz positionieren und Online-Kanäle schaffen, um nicht aus dem Sichtfeld zu geraten, denn die jungen Menschen sind es, die die Zukunft der Kirche gestalten werden. Die digitale Welt ist ein Werkzeug und kann das Gemeindeleben, in dem der persönliche Kontakt wichtig ist, an vielen Stellen bereichern.
Neben der Kirchen-Plattform soll es eine Dorf-Plattform geben, die den allgemeinen Internetauftritt von Ovenhausen darstellt und den User über aktuelle Ereignisse, Veranstaltungen und Informationsservice auf dem Laufenden hält. Die Fürsorge-Plattform das "Sorgende Dorf" steht den Bürger(innen) aller Altersgruppen und Interessen mit Rat, Tat und Hilfe zur Seite.
Für die Entwicklung und Erprobung einer digitalen Fürsorge-, Kirchen- und Dorfplattform braucht es viele aktive Hände und Menschen, die bereit sind, sich einzulassen und neue Wege bei der Kommunikation und Vernetzung zu gehen. Über diese digitalen Plattformen erhalten die Menschen vor Ort Halt und Hilfe. Diese neuartige Art der Vernetzung und Kommunikation stärkt die Gemeinschaft und bezieht auch Menschen mit ein, die beruflich viel unterwegs bzw. zum Studieren weggezogen sind oder bisher zurückgezogen im Dorf leben.
Die künftigen Dorf-Digital-Experten üben die versierte Handhabung digitaler Anwendungen und geben ihr Wissen an die Dorfgemeinschaft weiter. Sie lernen, wie man online rechtssicher einkauft, Tickets bestellt, Verträge abschließt, Software und Virenschutz installiert, Informationen recherchiert, E-Reader benutzt, digitale Fotobücher erstellt und mit CMS-Systemen Websites gestaltet. Das Besondere: Die Dorfgemeinschaften definierten ihren Wissensbedarf vorab, so dass das Konzept "Stärkung der digitalen Kompetenz" passgenau auf ihren Bedarf zugeschnitten ist.
Smart Country Side ermöglicht Bürgern den Erwerb digitaler Kompetenz und wurde im Dezember 2018 mit dem Innovationspreis des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung ausgezeichnet. Anlässlich der Preisverleihung wurde der folgende Film produziert, der insbesondere die Ausbildung der Dorfdigitalexperten beschreibt.
Herausforderungen
Als soziale und kirchliche Organisation mussten wir zunächst die technischen Grundlagen erwerben. Wir mussten lernen die kostenlose Hardware aus dem SCS-Projekt anwenden und bewirtschaften zu können. Bei Infoabenden in der Klönstube von Ovenhausen (einem Café als sozialer Treffpunkt) mussten Vorurteile der Dorfbewohner abgebaut und durch Beispiele einer sinnvollen Nutzung digitaler Anwendungen untermauert werden. Für die Schulung der ehrenamtlichen Dorfdigitalexperten, die ihr Wissen später an die Dorfbewohner weitergeben werden, mussten zunächst sozial und digital interessierte Menschen gewonnen werden.
Die Schulungen der VHS sind noch nicht abgeschlossen und werden noch bis zum Sommer 2019 laufen. Der Aufbau der Kommunikationsplattformen, die das Fraunhofer Institut IESE für uns entwickelt, wird ab Januar 2019 starten und ca. drei Monate dauern. Unsere Aufgabe ist es die Webseite und die App inhaltlich bedarfsgerecht für unser Dorf zu füllen. Danach wird der Zugang zur Webseite im Internet und zur App auf den Smartphones der Dorfbewohner zur Verfügung gestellt werden. Die Erprobung wird daran anschließend beginnen.
Weichenstellen für eine vernetzte Zukunft
Smart Country Side hat sich als interkommunales Kooperationsprojekt in kurzer Zeit zu einem Modellvorhaben mit bundesweiter Strahlkraft entwickelt. Der stringente Bottom-up Prozess, d. h. die Einbindung der Bürger(innen) vor Ort von Beginn an, ist ein bürgernahes Vorgehen, das viel Aufmerksamkeit und Anerkennung erntet. Es bietet relevante Erfahrungswerte und innovative Ideen für Verbände, Kommunen, öffentliche Einrichtungen, Vereine und die Politik, wie der ländliche Raum von den Chancen der Digitalisierung profitieren kann und welche Rahmenbedingungen und Angebote geschaffen werden müssen, damit die Dörfer für eine vernetzte Zukunft gut gerüstet sind. Die Caritas nutzt diese Chancen und stellt sich neu für die Herausforderungen der Zukunft auf.
Kontaktdaten zum Projekt:
Caritas-Konferenz St. Maria Salome Ovenhausen
Martina Voss und Martina Werdehausen
Teamleitung Caritas-Konferenz
Bosseborner Str. 1
37671 Höxter
Telefon: 05278 952294
Mail: m.voss@caritas-ovenhausen.de
Heidrun Wuttke
Projektreferentin Smart Country Side
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung im Kreis Höxter mbH
Corveyer Allee 7
37671 Höxter
Telefon: 05271 9743-18
Mail: heidrun.wuttke@gfwhoexter.de