Partydrogen: Fakten, Gefahren und Tipps zum Umgang
Du fühlst dich gut. Total eins mit dem Rhythmus der Musik. Du traust dich endlich, die hübsche Frau anzusprechen, die du schon länger beobachtest. Du tanzt und tanzt, und wirst nicht müde. Du hast keinen Hunger. Kurzum: Du hast Spaß.
So zumindest beschreiben es die Clubbesucher, mit denen Dirk Grimm von mindzone ins Gespräch kommt, wenn er mit seinem Infostand nachts in der Münchner Clubszene unterwegs ist. "Diese Antwort", sagt Grimm, "lass ich auch so gelten. Drogenkonsum kann Spaß machen, sonst hätten wir nicht so viele Konsumenten."
Aber irgendwann ist jede Party zu Ende. Für nicht wenige verkehrt sich der dabei erlebte Spaß aufgrund exzessiven Drogenkonsums anschließend ins Gegenteil: Sie fühlen sich leer, depressiv, lustlos.
Was sind Partydrogen?
"Genau genommen", sagt Grimm, "gehören auch Kaffee, Alkohol und Zucker zum Kreis der Partydrogen. Schließlich werden auch sie in großer Zahl auf Partys oder gesellschaftlichen Events konsumiert." Aber wer von Partydrogen spricht, meint im engeren Sinne meist den Kreis der psychoaktiv wirkenden Substanzen. Vor allem Ecstasy, Speed und Kokain, die aufgrund ihrer aufputschenden Wirkung in der Clubszene sehr verbreitet sind.
Ihre stimulierende Wirkung auf das Nervensystem erfolgt durch eine Erhöhung der Gehirnbotenstoffe Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin. Das bedeutet: Wer diese Substanzen konsumiert, verspürt Glücksgefühle, ein gesteigertes Wohlempfinden und ausdauernde Wachheit.
Kokain ist zwar wesentlich teurer als Pillen und die Wirkung hält nicht so lange an. Trotzdem ist es in der Partyszene nach wie vor weit verbreitet. Da der Reinheitsgehalt von Koks in den letzten zehn Jahren außerdem enorm gestiegen ist (von 35 auf 75 Prozent), ist es im Grunde auch billiger geworden.
Neue Substanzen fluten den Markt
Während es über die "Klassiker" MDMA (bekannt als Ecstasy), Speed (Amphetamin) und Ketamin (ursprünglich ein Narkosemittel), längst ein profundes Wissen hinsichtlich der Wirkstoffe und deren Auswirkungen auf den Körper gibt, ist das bei einem Großteil der inzwischen über 600 Produkte, die als Partydrogen auf dem Markt gehandelt werden, nicht der Fall. "Der Markt", sagt Grimm, "wird mit neuen Produkten regelrecht geflutet. Wir kriegen immer neue Substanzen, die pharmakologisch völlig unerforscht sind und niemand weiß, wie sie wirken und was sie im Körper machen."
Genau so wenig kann die Drogengesetzgebung die neu auftauchenden Substanzen so schnell erfassen, wie sie auftauchen. Sie werden als zweckentfremdete Produkte, wie etwa Badesalze, Düngemittel oder Kräutermischungen, angeboten und als "Legal Highs" bezeichnet. Dieser Name, so Grimm, suggeriere den Konsumenten, dass es sich um legale Rauschmittel handle. Das lässt sie harmlos erscheinen, dabei enthalten sie psychoaktive Wirkstoffe, die auf den Verpackungen nicht ausgewiesen sind. Die körperlichen wie psychischen Risiken - etwa Atemlähmung, Vergiftung, Angstzustände - sind unkalkulierbar.
Suchtfaktor und Konsumverhalten bei Partydrogen
Darüber, wie schnell Partydrogen süchtig machen, lässt sich laut Grimm keine allgemeingültige Aussage treffen. Von teilweise verbreiteten Horrormeldungen, wie "wer einmal Ecstasy nimmt, ist abhängig" hält, mindzone nichts. Es gibt Substanzen wie Crystal Meth, denen ein besonders hohes Suchtpotential nachgewiesen wurde. Umgekehrt gibt es Menschen, die seit vielen Jahren Partydrogen konsumieren, in ihrem Suchtverhalten aber nicht auffällig sind. Neben der Frage "Was konsumiere ich?", ist deshalb die Frage "Wie oft und wieviel konsumiere ich?" ausschlaggebend.
Zudem ist in den letzten zehn Jahren der Wirkstoffgehalt vieler Substanzen in Deutschland enorm angestiegen. Grimm nennt das Beispiel Ecstasy: Die Tabletten enthalten heute bis zu 300 mg MDMA. "Wenn eine junge Frau mit 50 Kilo Körpergewicht eine solche Tablette komplett schluckt, dann ist das, als würde sie mit einem einzigen Schluck eine halbe Flasche Whisky trinken."
Für einen risikobewussten und selbstverantwortlichen Umgang mit Drogen
Auf der Internetseite www.mindzone.info finden sich Tipps, wie das Risiko beim Drogenkonsum minimiert werden kann: Wer durch die Nase zieht, muss auf eine saubere Unterlage achten. Je kleiner die Substanz gerieben wird, desto genauer lässt sich der Stoff dosieren. "Konsum ohne Risiko", sagt Grimm, "gibt es nicht. Aber wer mehr weiß, kann das Risiko minimieren." Wer weiß, dass die eingenommene Substanz zum Beispiel das Schmerzempfinden massiv reduziert, kann bei eventuellen Verletzungen schneller reagieren.
mindzone arbeitet mit dem Peer-to-Peer-Ansatz. Das bedeutet, am Infostand sind immer auch ehrenamtliche Ansprechpartner zu finden, die selbst enge Kontakte zur Partyszene haben: Als Veranstalter, DJs oder Party-Besucher. Manche von Ihnen haben eigene Rauscherfahrungen gemacht, andere sind dabei, weil sie gerne Party machen und anderen zeigen wollen: Das geht. Spaß haben, ausgehen - ohne Drogen zu nehmen.
Wer möchte, den vermitteln die Mitarbeitenden von mindzone an Beratungsstellen, Entgiftungsstationen und andere ambulante sowie stationäre Dienste weiter. "Wer motiviert ist, sein Konsummuster zu ändern, für den finden wir einen Weg, wie das gelingt", so Grimm.
Dirk Grimm, 34, arbeitet seit 2013 als Sozialarbeiter bei mindzone. Davor war er fünf Jahre lang Peer-Mitarbeiter im Projekt. Er hat schon immer gern getanzt und war einige Jahre als DJ in der Partyszene aktiv. Dass Party machen nur in Zusammenhang mit Drogen Spaß machen soll, hat er noch nie geglaubt. Derzeit engagieren sich 39 Ehrenamtliche bei mindzone für mehr Spaß im Nachtleben - mit weniger Drogen.
Junge Sucht-Selbsthilfe
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