Illegal in Deutschland und krank
Anita Rüffer sprach mit Dr. Adelheid Franz, die dort als Ärztin arbeitet.
Wer kann ihre Hilfe in Anspruch nehmen?
Wir sind da für Menschen, die in Berlin leben und keine Möglichkeit haben, eine Krankenversicherung abzuschließen.
In welchem Zustand kommen die Menschen zu ihnen?
Bei manchen ist die Krankheit schon in einem fortgeschrittenen Zustand. Wer nicht weiß, zu welchem Arzt er gehen soll oder schon mal die Erfahrung gemacht hat, dass er abgewiesen oder nur gegen Vorkasse behandelt wurde, wartet lange ab. Andere, die uns schon kennen, kommen früher, bei Zahnschmerzen, Diabetes, Halsschmerzen oder Grippe - das ganz normale Spektrum von Krankheiten eben.
Was können Sie für ihre Patienten tun?
Unsere Praxis ist mit sechs Behandlungsräumen und einem Wartezimmer ausgestattet. Es sind sieben ärztliche Fachrichtungen vertreten: Allgemeinmedizin, Gynäkologie mit Schwangerenberatung, Neurologie, Psychiatrie, Orthopädie, Kinder- und Zahnheilkunde. Wir können zwar nicht röntgen, sind aber mit einem Ultraschallgerät, CTG (=Cardiotokographie) und Labor diagnostisch gut ausgestattet. Wir betreiben Zahnvorsorge. Schwangere, Neugeborene und Kinder bekommen die üblichen Vorsorgeuntersuchungen, Kinder die vorgeschriebenen Impfungen. Wir decken fast alles ab, was im ärztlichen Alltag vorkommt. Entbindungen sind in unserer Praxis nicht möglich.
Arbeiten sie mit Kliniken und anderen Ärzten zusammen?
Wenn jemand schon lange ohne legalen Aufenthaltsstatus hier lebt und sich mit Mühe über Wasser hält, legen wir uns schon ins Zeug, wenn er dringend eine Operation braucht. Dabei arbeiten wir auch mit Kliniken zusammen. Wir schauen aber im Einzelfall genau hin, wer dieser Hilfen wirklich bedarf. Wir wollen nicht als kostenloser Selbstbedienungsladen missverstanden werden.
Müssen Menschen ohne Papiere Angst vor Entdeckung haben, wenn sie zu ihnen kommen?
Wir unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Wir fragen nach Namen und Geburtsdatum und allem, was für eine Behandlung erforderlich ist. Dabei erwarten wir wahrheitsgemäße Angaben und eine Bereitschaft zur Mitarbeit bei den Patienten. Den Aufenthaltsstatus fragen wir zwar nicht ab, aber wenn sich die Kostenfrage für eine Behandlung stellt, suchen wir schon mit den Patienten nach Legalisierungsmöglichkeiten. Etwa über die Härtefallkommission. Oder bei einem Neugeborenen: Gibt es womöglich einen deutschen Vater, der für das Kind aufkommen könnte? Es braucht ja auch eine Geburtsurkunde. Bei sehr teuren Behandlungen ist zu erwägen, ob sich eine Patientin bei der Ausländerbehörde meldet, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu bekommen. Wer damit sein Leben retten kann, ist unter Umständen dazu bereit.
Wer bezahlt sonst die Behandlung?
Unser Ziel ist nicht, kostenlos zu behandeln. Wer hier lebt und arbeitet, kann sich nach seinen Möglichkeiten an den Kosten beteiligen. Für einen Abstrich bei der Krebsvorsorge verlangen wir zum Beispiel zehn Euro. Die Einrichtung wird von den Maltesern aus Spendengeldern finanziert. Damit wollen wir verantwortlich umgehen.