Flüchtlinge brauchen Solidarität
Mehr als 330.000 Menschen haben auf dieser Grundlage im Jahr 2012 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Schutz vor Verfolgung gesucht. Die Katastrophe vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa im Oktober 2013, bei der etwa 350 Menschen zu Tode gekommen sind, hat jedoch einmal mehr auf tragische Weise in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt, was sich bereits seit Jahren in regelmäßigen Abständen auf dem Mittelmeer ereignet. Immer wieder versuchen Migrantengruppen auf ihrem Weg aus Nordafrika, in meist seeuntauglichen Booten die Außengrenzen der EU zu erreichen. Häufig erleiden sie Schiffbruch und verlieren dabei ihr Leben. Allein im Jahr 2013 sind auf diese Weise über 700 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl derer, die in den letzten zwei Jahrzehnten auf diese Weise ihr Leben verloren haben, geht mittlerweile in die Tausende.
Schlepper nehmen den Tod von Flüchtlingen in Kauf
Hintergrund der gefährlichen Fluchtrouten über das Mittelmeer ist die Notwendigkeit, erst in die EU einreisen zu müssen, um einen Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stellen zu können. Angesichts einer ungenügenden Ausgestaltung legaler Einreisemöglichkeiten in die Staaten der EU versuchen die Menschen deshalb, auf verschlungenen Pfaden ohne Einreiseerlaubnis auf das Territorium der Europäischen Union zu gelangen. An der Bereitschaft der Menschen, selbst ihr Leben hierfür aufs Spiel zu setzen, ist abzulesen, in welch auswegloser Situation sich die Betroffenen zumeist befinden. Diese Ausweglosigkeit machen sich skrupellose Schlepper zunutze, die solche gefährlichen Fahrten über das Mittelmeer organisieren und dabei aus Gewinninteresse den Tod der Schutzlosen billigend in Kauf nehmen. Eine Eindämmung des Schlepperwesens geht daher immer auch einher mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der legalen Einreise in die EU.
Einmal auf hoher See, sind die Menschen ihrem Schicksal ausgeliefert. Immer wieder wird davon berichtet, dass sie dort auch mit rechtswidrigen sogenannten "Push back"-Operationen konfrontiert und damit am Erreichen der EU-Außengrenzen gehindert werden. Derartige Maßnahmen widersprechen auf eklatante Weise dem menschen- und flüchtlingsrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung, der nach europäischem Recht auch auf hoher See gilt. Auf hoher See aufgegriffene Schutzsuchende sollen zur Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz in einen EU-Staat gebracht werden. Ein Grenzschutzsystem muss sich immer auch an der Menschenwürde der Schutzsuchenden orientieren.
Mitgliedstaaten haben ein uneinheitliches Schutzniveau
Diejenigen, die das Festland der EU tatsächlich erreichen, sind oft mit weiteren Schwierigkeiten konfrontiert. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt und ist die Einreise in einen Mitgliedstaat der EU, wie in den meisten Fällen, illegal erfolgt, also ohne eine Erlaubnis zur Einreise oder zum dortigen Aufenthalt zu besitzen, so ist der Ersteinreisestaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig. Schutzsuchende, die bereits innerhalb der EU in einen anderen Mitgliedstaat weitergereist sind und erst dort einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, werden deshalb zur Prüfung ihres Antrags in den Ersteinreisestaat zurücküberstellt. Nun herrscht jedoch bislang nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein einheitliches Schutzniveau. Die Schutzsuchenden sind vielmehr in manchen Mitgliedstaaten mit mangelhaften Standards bei den Aufnahmebedingungen und im Asylverfahren konfrontiert. Ist ein EU-Mitgliedstaat mit der Aufnahme von Flüchtlingen überfordert, müssen Wege gefunden werden, dass die Flüchtlinge angemessen behandelt werden, gegebenenfalls auch andernorts. Die Mitgliedstaaten selbst müssen beim Aufbau eines wirksamen Schutzsystems unterstützt werden.
Caritas setzt sich ein für Solidarität mit Flüchtlingen
Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union haben es sich die Mitgliedstaaten der EU zur Aufgabe gemacht, eine gemeinsame Asylpolitik zu entwickeln. Jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, soll ein angemessener Status angeboten werden. Darüber hinaus soll der Grundsatz der Nichtzurückweisung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gewährleistet werden.
Die Erreichung dieser Ziele wird wohl entscheidend davon abhängen, welche Möglichkeiten die EU bereit ist, den Schutzsuchenden einzuräumen, um ihre Schutzgesuche tatsächlich stellen zu können. Darüber hinaus wird ausschlaggebend sein, inwieweit es den Mitgliedstaaten gelingen wird, ein einheitliches angemessenes Schutzniveau zu verwirklichen.
Bedeutsam wird jedoch auch sein, welche ethische Legitimation der Flüchtlingspolitik der Europäischen Union künftig zugrunde gelegt wird. Der Deutsche Caritasverband wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass im Umgang mit Flüchtlingen die Menschenwürde und die Solidarität mit den Schutzsuchenden im Vordergrund stehen.
- Zur Positionierung des Deutschen Caritasverbandes im Bereich Flüchtlingspolitik lesen Sie mehr in den Forderungen zur Kampagne "Weit weg ist näher, als du denkst" und in der Stellungnahme zur Europawahl 2014.