Gewalthilfegesetz endlich verabschiedet
Fast täglich wird in Deutschland eine Frau getötet, weil sie eine Frau ist. Schon allein deshalb gehört das Thema geschlechtsspezifische Gewalt ganz oben auf die politische Agenda. Tatsächlich hatte die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag versprochen, den Gewaltschutz für Frauen deutlich zu verbessern. Knapp vor der Bundestagswahl wurde nun ein wichtiger Meilenstein erreicht.
Denn das Gewalthilfegesetz, das SPD und Grüne nach dem Ampel-Aus vorlegten, wurde Ende Januar vom Bundestag verabschiedet – auf massiven Druck der Zivilgesellschaft hin. Mit dem Gesetz wird sich der Bund an den Kosten für den dringend notwendigen Ausbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen beteiligen. Betroffene haben außerdem ab 2032 einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Das alles ist dringend notwendig: Allein 2023 wurden laut Bundeskriminalamt über 180.000 Mädchen und Frauen Opfer von häuslicher Gewalt. Die wahrscheinlich hohe Dunkelziffer ist besorgniserregend. Denn aktuell gibt es nur 7700 Frauenhausplätze – 14.000 fehlen.
Auf sich warten lässt jedoch ein Gesetz gegen digitale Gewalt, das dringend nötig wäre, um gegen die perfide Hetze gegen Frauen im Netz vorzugehen. Eingelöst hat die Regierung hingegen ihr Versprechen, eine unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten. Erst im Dezember 2024 beschloss sie eine Gewaltschutzstrategie nach der Istanbul-Konvention mit 120 konkreten Maßnahmen.
Zudem ließ die Regierung 2023 die ausländerrechtlichen Vorbehalte gegen die Istanbul-Konvention auslaufen. Für Betroffene mit Flucht- und Migrationsbiografie bleiben dennoch rechtliche Hürden bestehen. IN VIA setzt sich dafür ein, dass diese endlich abgebaut werden: Wie kann es sein, dass geflüchtete Frauen durch eine Wohnsitzauflage daran gehindert werden, in einem Frauenhaus außerhalb ihrer Kommune Schutz zu suchen? Alle Frauen – unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus – müssen Schutz vor Gewalt erfahren. Auch erwerbslose EU-Staatsangehörige müssen einen uneingeschränkten Zugang zu Schutz- und Hilfeleistungen erhalten. Migrantinnen brauchen einen eigenständigen Aufenthaltstitel, so dass sie bei häuslicher Gewalt nicht vom Partner abhängig sind. Für Migrantinnen mit komplexer Gewalterfahrung, zum Beispiel Opfer von Menschenhandel, fehlen Schutzplätze sowie Begleit- und Therapieangebote. All diese strukturellen Benachteiligungen erwecken den Anschein, dass Migrantinnen in Deutschland wie Frauen zweiter Klasse behandelt werden. Es ist überfällig, alle Frauen vor Gewalt zu schützen.