Klassische Wohlfahrt trifft junge Sozialunternehmer
Die Malteser Werke, eine gemeinnützige GmbH innerhalb des Malteser Verbundes, wurden 1989 gegründet und haben es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, Menschen zu begleiten, zu beraten und zu betreuen: Flüchtlinge und Asylsuchende, Jugendliche, Drogenabhängige, Familien. Prägend war von Beginn an, den Leitsatz des Malteserordens "Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen" im Kontext der jeweiligen gesellschaftlichen Herausforderungen mit Leben zu füllen und umzusetzen. So machte sich das Unternehmen auch vor drei Jahren auf den Weg, sich nicht nur oberflächlich mit Nachhaltigkeitsthemen zu beschäftigen, sondern ein Nachhaltigkeitsprogramm zu implementieren. Das heißt, einen Bewusstseinsbildungsprozess zu initiieren, der sich an den Handlungsfeldern der klassischen Corporate-Social-Responsibility-Strategien (CSR) orientiert. Eines dieser Handlungsfelder ist mit "Gemeinwesen" überschrieben. Und gerade hier lohnt ein Blick über den Tellerrand: Welche Akteure gibt es denn außer der klassischen Wohlfahrt? Die Malteser Werke leitete dabei nicht das Prinzip der Marktbeobachtung, das nach Konkurrenten Ausschau halten lässt. Seit Jahren beobachten sie - so wie andere auch - immer komplexer werdende gesellschaftliche Herausforderungen. Oftmals wird der spürbare und zunehmende Fachkräftemangel oder ein kälter werdendes Klima in der Gesellschaft beklagt. Jenseits des Tellerrandes wurden die Malteser Werke auf "Ashoka" aufmerksam, die weltweit agierende Organisation zur Förderung von Social Entrepreneurship. Damit wurde ein neues Buch aufgeschlagen. Aus dem Gespräch, anschließenden Begegnungen, abtastendem Kennenlernen und langsam wachsendem Vertrauen entstand die Idee zur zunächst auf drei Jahre ausgelegten Zusammenarbeit, kurz "Wirkungsschmiede für Teilhabe" genannt. Sie ist eigentlich Teil des Programms "Engagement mit Perspektive" (Pep), mit dem Ashoka in den vergangenen Jahren über 600 engagierte junge Menschen mit Coaching, Stipendien und Weiterbildungsmöglichkeiten bei der Professionalisierung ihrer Projekte begleitet hat. Nun ist der Partner aber ein Träger aus der Wohlfahrt.
Kontakt mit wichtigen gesellschaftlichen Akteuren
Wirkungsschmiede ist ein Wort, das zunächst eher verstört als motiviert hat. Inzwischen aber eines, das die Malteser Werke seit gut einem Jahr intensiv begleitet und mit viel Leben gefüllt ist.
So richtig los mit der Wirkungsschmiede ging es im Frühjahr 2014, nachdem sich die Malteser Werke mit den Ashoka-Verantwortlichen auf die gemeinsame Zielsetzung verständigt hatten: Die Malteser möchten mit jungen Menschen in Berührung kommen, die von manchen vielleicht als Weltverbesserer eher belächelt werden, von denen sie aber glaubten und glauben, dass sie wichtige gesellschaftliche Akteure sind und ein neuer Teil der sogenannten Wohlfahrt werden sollten. So erarbeiteten sie mit Ashoka eine gemeinsame Ausschreibung und veröffentlichten diese in den jeweiligen Netzwerken. Einen Ausschreibungstext zu entwerfen war bereits die erste Herausforderung. Da standen die Malteser mit Ordensleitsatz, Projektmanagement, Sozialarbeit und Betreuungsqualität plötzlich Wirkungsketten, Skalierungen, Pitchings und Changemakern gegenüber. Aber es wurde eine gemeinsame Sprachregelung für die Ausschreibung gefunden. Ob über die klassischen Informationskanäle der Malteser oder die sozialen Netzwerke von Ashoka: Es bewarben sich dann doch so viele mit ihren Projektideen, dass eine gute Auswahl getroffen werden konnte. Dass manche zögerlich waren, mag daran gelegen haben, dass der Respekt vor dem konfessionellen Träger vielleicht doch zu groß war.
Gesucht waren zehn Sozialunternehmerteams, die bereit waren, sich für die Dauer eines Jahres im Rahmen eines Programm-Stipendiums auf eine Lernreise zu begeben. Gefunden wurden 20 Menschen, die zwölf Monate von Malteser-Mentor(inn)en begleitet und von Expert(inn)en aus den Malteser- beziehungsweise Ashoka-Netzwerken beraten wurden. Sie kamen an drei Weiterbildungswochenenden zusammen, um sich über die Wirkung ihrer jeweiligen Projekte auszutauschen und ihr eigenes Projekt weiterzuentwickeln.
Die Teilnehmer(innen) der Wirkungsschmiede für Teilhabe 2014/2015 waren:
- "Retrobrain" (Videospielentwicklung zur Eindämmung von Demenz); www.retrobrain.de
- "Lebens(T)raum" (Hilfe bei der Wohnungssuche für Flüchtlinge)
- "Kuchentratsch" (Backen und Tratschen für Seniorinnen); www.kuchentratsch.com
- "kein Abseits!" (Bildungs- und Integrationsprojekt); www.kein-abseits.de
- "Auf halber Treppe" (Nachbarschaftsnetzwerke); www.aufhalbertreppe.de
- "climb" (Lernen in den Ferien - Bildungsprojekt); www.climb-lernferien.de
- "Schülerpaten" (Mentoringprojekt); www.schuelerpaten-deutschland.de
- "Serlo" (virtuelles Lernen - Bildungsprojekt); www.serlo.org
- "Show Racism the Red Card" (Antidiskriminierungsprojekt); www.theredcard.de
- "Über den Tellerrand kochen" (Kochen mit Flüchtlingen - Integrationsprojekt); www.ueberdentellerrand.org
Junge Menschen mit guten Ideen unterstützen
Das Ziel war und ist, junge Menschen bei der Professionalisierung ihrer Projektideen zu unterstützen, ihnen Möglichkeiten der Verbreitung und Geschäftsmodelle aufzuzeigen, Anhaltspunkte zur Zusammenarbeit zu entdecken und nicht zuletzt Barrieren zwischen klassischer Wohlfahrt und "Social Entrepreneurs" abzubauen. Nach diesem Jahr können beide Kooperationspartner feststellen, dass die Idee aufgegangen ist: Die jungen Sozialunternehmer waren genau die "positiv verrückten Menschen", denen die Malteser zu begegnen sich erhofft hatten. Menschen, die auf den üblichen Berufs- und Karrierewegen nicht auf die katholischen Malteser getroffen wären. Bereits heute steht fest, dass es mit einigen Projekten eine nachhaltige Kooperation geben wird, mit anderen einen Austausch.
Auch für die Malteser ist dieses Jahr eine Lernreise gewesen. Sie haben gelernt, wie vielfältig die Gesellschaft ist, dass um sie herum Menschen leben, die vor Kreativität sprühen und ausgetretene Pfade verlassen um der Realisierung ihrer Projektidee willen. Sie haben gelernt, dass die Wohlfahrt ärmer wäre, wenn es die Social Entrepreneurs nicht gäbe. Und sie haben erfahren, dass sie gar nicht so "verstaubt" sind, wie sie manchmal meinen, und dass Kirche dann als authentisch wahrgenommen wird, wenn sie Verkündigung und Caritas-Auftrag miteinander verbindet und glaubhaft lebt.
Im Herbst 2015 wird die nächste Lernreise beginnen. Mit 20 jungen Menschen, zehn Projekten und einem Auftrag: Ideen schmieden, damit sie wirken.
Anmerkungen
1. Als Social Entrepreneurship wird unternehmerisches Tun bezeichnet, das darauf abzielt, soziale und gesellschaftliche Probleme zu lösen. Der Profitgedanke steht dabei im Hintergrund.
2. Weitere Informationen unter: http://germany.ashoka.org/
www.malteser-werke.de
www.pep-deutschland.de/artikel/wirkungsschmiede-fuer-teilhabe
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