Gut beraten und technisch unterstützt
Senioren sollen sich zu Hause wohlfühlen. Das Projekt "Sicherheit und Unterstützung für Senioren durch Integration von Technik und Dienstleistung", kurz SUSI TD, will dies erreichen. Es kombiniert "Ambient Assisted Living"-Technologien mit Ansätzen des präventiven Hausbesuchs, in Vernetzung mit dem jeweils vorhandenen Sozialraum. Erprobt wurde das Projekt von Herbst 2011 bis 2014 in Trier und der Verbandsgemeinde Konz.1 18 selbstständig in ihren Haushalten lebende Senior(inn)en, zwei Pflegestützpunkte sowie die Hausnotrufzentrale des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Rheinland-Pfalz nahmen daran teil. An die Pflegestützpunkte war SUSI TD gekoppelt, weil diese einen grundsätzlichen Beratungsauftrag haben. Parallel dazu wurde evaluiert, wie praktikabel das Konzept ist, wie es akzeptiert wird und wie nützlich es für den Lebensalltag der Senior(inn)en sowie für die Beratung und Begleitung im Rahmen des präventiven Hausbesuches ist.
Das Angebot umfasste die notwendige technische Ausstattung, um die AAL-Lösung und bedarfsorientierte präventive Hausbesuche zu verwirklichen. Die Seniorenhaushalte waren mit einem All-in-one-PC (Bildschirm und Computer sind in einem Gehäuse) mit Touch-Monitor und Headset (Kopfsprechhörer) ausgestattet. Dieser ermöglichte den Teilnehmenden, durch Videotelefonie und Videonachrichten mit den Beratenden, anderen Teilnehmenden und ihren Angehörigen Kontakt aufzunehmen. Die Komponenten des Kommunikationsmoduls wurden zudem in den Pflegestützpunkten installiert. In den Seniorenhaushalten wurden darüber hinaus circa 15 Sensoren für die Erkennung der Alltagsaktivitäten und von Hilflosigkeitssituationen platziert. Die Sensoren wurden dabei so angebracht, dass Aussagen zu wesentlichen Alltagsaktivitäten wie Essenszubereitung, dem Hygieneverhalten oder der allgemeinen Aktivität in der Wohnung möglich wurden, zum Beispiel an der Kühlschranktür, der Besteckschublade oder der Tür des Badezimmers. Kameras zur "Überwachung" wurden nicht eingesetzt. Die Annahme war, dass durch das Monitoring dieser Alltagsaktivitäten schleichende Veränderungen der Gesundheits- und Lebenssituation erkannt werden können und bei Bedarf durch die Vernetzung mit den Beratenden darauf reagiert werden kann. Zudem sollte das System Situationen der Hilflosigkeit automatisch erkennen und an eine Notrufzentrale weiterleiten. Im Projekt wurde dafür die technische Schnittstelle zum Hausnotrufsystem entwickelt. So konnte das SUSI-TD-System an die DRK-Hausnotrufzentrale angebunden werden. Wenn das System eine Hilflosigkeit erkannte, wurde per Funk der Notruf übermittelt. Weil diese Technik noch im Entwicklungsstadium war, wurde den Teilnehmenden der Hausnotruf mit allen Funktionen zur Verfügung gestellt. Das Auslösen eines Notrufs war zudem über die Monitoroberfläche des All-in-one-PCs möglich.
Das Beratungskonzept war angelehnt an ein Modell, das vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung Köln (dip) zu präventiven Hausbesuchen entwickelt wurde.2 Dessen Grundsätze sind Kompetenz- und Ressourcenorientierung, die Anwendung eines multidimensionalen Assessments (das heißt eines Fragebogens, der unterschiedliche Lebensbereiche wie soziale Teilhabe, die Fähigkeiten zur Haushaltsführung oder Fragen zur Gesundheitssituation erfasst), die Ansprache und Begleitung der Senior(inn)en, Vertrauensaufbau, ein systemisch-lösungsorientierter Beratungsansatz und eine vorbereitende aufgabenbezogene Schulung.
Senioren fühlen sich sicherer
Die Senior(inn)en haben die Technik sehr gut angenommen. Die innovative Technologie im eigenen Heim in Kombination mit einem verlässlichen Ansprechpartner empfanden die Teilnehmenden als Zunahme an Sicherheit und als allgemeine Unterstützung. Das System wurde als zeitgemäßes und weniger als stigmatisierendes Hilfsmittel angesehen. Die Teilnehmer(innen) empfanden keinen Verlust von Privatsphäre durch die eingesetzte Sensorik; das größere Sicherheitsgefühl überwog.
Darüber hinaus erwies sich die Technik als Türöffner für die Beratung. Kennzeichnend für SUSI TD sind die "En passant"-Beratungen, die sich im Zusammenhang mit der Technologie ergeben haben. Der Anlass des Hausbesuches oder der Kontaktaufnahme war häufig technikbezogen. Beim Hausbesuch wurden dann aber auch alltägliche Belange besprochen. Wie bedeutend das Beratungsangebot für die Senior(inn)en war, hing von der familiären Eingebundenheit, der Fragilität der eigenen Situation und dem Unterstützungsbedarf ab. Durch die kontinuierliche Begleitung in SUSI TD wurde eine Vertrauenssituation geschaffen, die den Zugang zu den Senior(inn)en erleichterte. Die Beratung mit umfassenderen, präventiv ausgerichteten Anteilen wurde im Bedarfsfall sowohl von Senior(inn)en als auch deren Angehörigen angefragt. Die Funktion der passiven Hilflosigkeitserkennung konnte im Projekt weiterentwickelt werden, ist jedoch noch nicht marktreif.
Mit SUSI TD konnte gezielt und frühzeitig am Bedarf von älteren Menschen in fragilen Lebenssituationen angesetzt werden. Diese konnten ihrerseits an innovativen gesellschaftlichen Entwicklungen teilhaben. Diese Verbindung kann älteren Menschen erfolgreich vermitteln, Teil der Gesellschaft zu sein. Dies scheint im Sinne einer weiteren Entwicklung und Verbreitung von altersunterstützender Technik ein wichtiges, in Zukunft zu beachtendes Kriterium zu sein.
Der Nutzen steht im Fokus
Ein weiteres Ergebnis des Projektes ist, dass bestehende technische Lösungen immer auch auf die Nutzung hin angepasst werden müssen.?Dies nimmt Zeit in Anspruch. Die sichere Integration eines technischen Systems in bestehende Strukturen bringt technische, organisatorische und datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich. Die systematische und ineinandergreifende Entwicklung von technischen und sozialen beziehungsweise pflegebezogenen aufsuchenden Dienstleistungen ist längst noch keine Selbstverständlichkeit und sollte weiter vorangetrieben werden. Die durchgängige Verschränkung von Technik und Beratung in SUSI TD verdeutlicht, wie unterschiedliche Disziplinen mit ihren eigenen Ansätzen und Perspektiven voneinander profitieren und damit direkt auch neue Angebote für die wichtige Gruppe von Senior(inn)en entwickeln können.
Anmerkungen
1. SUSI TD wurde vom Land Rheinland-Pfalz gefördert. Projektträger waren das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) und das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE sowie das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM. Der Abschlussbericht des Projektes SUSI TD kann auf Anfrage beim dip bezogen werden.
2. Gebert, A. et al.: Präventive Hausbesuche bei Senioren. Hannover: Schlütersche, 2008.
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