Schulverweigerung hat viele Ursachen
"Ich bin mal zur Schule gegangen und mal nicht. Wenn ich zum Beispiel morgens noch voll müde war, hab ich mich einfach umgedreht und hab weitergeschlafen. Das war mindestens einmal die Woche so, wenn es hochkam, auch mehrmals. Besonders an den Tagen, die ich gehasst habe, wenn da Dauerunterricht, Deutsch, Mathe, Englisch in einem durch war." (Schüler)
Gehäufte Schulversäumnisse führen zu sinkenden Schulleistungen und zu fehlenden Schulabschlüssen. Massive Schulverweigerung hat in vielen Fällen soziale Desintegration zur Folge. Meist gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf nicht. Massives Schulschwänzen gilt als "Risikomarker" für Jugenddelinquenz, das heißt, es kann den Einstieg in eine kriminelle Karriere begünstigen.
Schulverweigerung steht zu Recht im Fokus vieler öffentlicher und schulpolitischer Diskussionen. Es handelt sich um ein Grundproblem des schulischen Systems, das weit über die nationalen Grenzen hinausreicht. Es ist nötig, die zumeist punktuellen Ansätze und Erfolge zahlreicher Projekte in der Jugendsozialarbeit so auszubauen und in die Regelpraxis zu integrieren, dass der Anteil der Personen, die an keinerlei Bildungs- oder Berufsbildungsmaßnahmen teilnehmen, dauerhaft auf den EU-Benchmark von zehn Prozent gesenkt werden. Konkrete Ansätze hierzu liefert das Projekt "Schulmüdigkeit und Schulverweigerung" der Sozialwissenschaftlichen Forschungsstelle (SoWiFo) im Meinwerk-Institut1: Ausgehend von den Erfahrungen aus 30 Einzelprojekten wurden zentrale Einflussgrößen und die übertragbaren Erfolgsfaktoren im Umgang mit diesem Problem herausgearbeitet.2
Welches sind zentrale Einflussgrößen?
In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von sogenannten "Multiproblemlagen" gesprochen, das heißt, man hat es hier mit komplexen Wechselwirkungen unterschiedlicher Faktoren zu tun. Diese liegen sowohl in der Persönlichkeit des Jugendlichen selbst begründet als auch in seinem sozialen Umfeld.
Die Entstehung und Entwicklung schulverweigernden Verhaltens besitzt ein hohes Maß an Eigendynamik. Es muss als ein sich selbst verstärkender Prozess gesehen werden. Es gibt nicht den "typischen" Verlauf der Schulverweigerung oder "das typische Profil" eines Schulverweigerers. Das Problem lässt sich auch nicht linear aus einer einzigen Ursache (zum Beispiel einem zerrütteten Elternhaus) heraus erklären und lösen. Es muss immer im Kontext verschiedener Einflussgrößen betrachtet werden.
Erfolgreiche Präventions- und Interventionsansätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie zeitgleich und aufeinander abgestimmt in den unterschiedlichen Teilsystemen ansetzen. Beschränken sich die Bemühungen auf nur eines dieser Teilsysteme, so können diese noch so umfangreich sein, sie werden zu keinem Erfolg führen.
"Ich glaube, man hätte bei mir überhaupt nichts machen können." Dieses typische Zitat eines Schulverweigerers macht ein Grundproblem auf der personalen Ebene deutlich: Die Jugendlichen haben zumeist eine niedrige Selbstwirksamkeit, das heißt sie nehmen negative Bewertungen bezüglich ihrer Fähigkeiten (beispielsweise bei einer Klassenarbeit) vor. Diese negativen Einschätzungen beeinflussen die Motivation und letztlich die Leistung. Typische Gefühle sind Apathie und Mutlosigkeit und ein geringer Selbstwert. Hinzu kommt ein verzerrtes Selbstkonzept, welches sich dadurch auszeichnet, dass die Wahrnehmung vom "Ich" mit den Wahrnehmungen von den Beziehungen dieses "Ich" zur Außenwelt und anderen Personen nicht mehr in einen realistischen Einklang gebracht werden kann. Typische Anzeichen sind aber auch extreme Überschätzungen.
Die Persönlichkeit des Jugendlichen
Damit ergibt sich als zentraler Ansatzpunkt die Stärkung der Persönlichkeit. Ziel muss es sein, dass die Jugendlichen eine hohe Selbstwirksamkeit, einen respektvollen Umgang mit sich selbst und eine realistische Einschätzung von sich selbst entwickeln. Diese Jugendliche brauchen Erfolgserlebnisse. Diese müssen ihnen verschafft werden. Soziale Stützsysteme müssen aufgebaut werden. Schulverweigerer müssen das Gefühl vermittelt bekommen, angenommen zu sein.
Es sind häufig "Kleinigkeiten", die hilfreich sind und konsequent in die pädagogische Arbeit einfließen sollten, wie zum Beispiel, dass sich jemand für die Jugendlichen interessiert und ‚Guten Tag‘ und ‚Auf Wiedersehen‘ sagt.
Wichtig und erfolgversprechend ist ein personenzentriertes Vorgehen. "Beziehung" ist der zentrale Erfolgsfaktor: "Wenn man nicht mehr zur Schule geht, dann braucht man eine Vertrauensperson, damit man wieder zur Schule geht. Die Person muss für einen da sein, einen begleiten. Das kann auch ruhig eine ältere Person sein. Ganz wichtig ist einfach, das Gefühl zu haben, da interessiert sich jemand für mich, und dem kann ich vertrauen", berichtet ein Schüler. Genau dies kann und muss die Aufgabe einer sozialpädagogischen Unterstützung bei diesem Problemfeld sein.3
Ein Faktor ist die Familie
"Ich hab schon die Ahnung, was los ist: Wir haben sehr viele Probleme daheim. Mein Vater ist alkoholabhängig, meine Mutter hat sieben Kinder auf die Welt gebracht… Ich streite mich oft mit meiner großen Schwester, ich gehe abends sehr spät ins Bett und hab dann morgens keine Lust, aufzustehen. Morgens hab ich dann sehr viel Stress, den ich sofort regeln will."
Das Zitat einer Schülerin macht deutlich: Es gibt viele Risikofaktoren, die in dem familiären Umfeld der Jugendlichen begründet sind. Hinzu kommen konkrete Auslöser, auf die der/die Jugendliche mit schulverweigerndem Verhalten reagiert. Schulverweigerndes Handeln ist dann subjektiv ein problemlösendes Handeln und eine für den Jugendlichen zunächst sinnvoll erscheinende Antwort auf die Probleme im familiären Kontext.
Vielfach wird eine vereinfachende Ursachenzuschreibung vorgenommen: Desolate Familienverhältnisse, die sich meist in sozial schwachen und benachteiligten Familien finden lassen. Auch wenn Schulverweigerer und -verweigerinnen tatsächlich überdurchschnittlich stark aus sozial schwachen und benachteiligten Familien kommen und zahlreiche Studien den Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen und der Schulverweigerung statistisch belegen4, so ist dies dennoch nicht die eigentliche Ursache. Schulverweigerung kommt in allen sozialen Milieus und familiären Konstellationen vor. Es hängt vor allem davon ab, wie der/die Jugendliche diese Situation wahrnimmt.
Dabei lassen sich zentrale Einflussgrößen der subjektiven Wahrnehmung benennen:
"In meiner Familie kann ich mich auf die anderen verlassen"; "Wenn ich sie brauche, dann sind meine Eltern für mich da" - diese Variablen zur Messung der emotionalen Bindung zwischen Eltern und Kind sind häufig negativ ausgeprägt bei Schulverweigerern. Auslöser für schulverweigerndes Verhalten ist häufig der Verlust der zentralen Bindungsperson in der Familie, wenn zum Beispiel die ältere Schwester auszieht oder die Mutter stirbt. Können solche Ereignisse im familiären System nicht aufgefangen werden, so führt dies häufig zu einer inneren Zerrissenheit bei den Jugendlichen: Diese fühlen sich auf der einen Seite überfordert, wollen auf der anderen Seite aber alleine mit ihren Problemen fertig werden und sich nicht mit anderen darüber auseinandersetzen.
Wenn Eltern wegschauen
Hinzu kommt elterliches Desinteresse am Schulbesuch, am schulischen und persönlichen Lernfortschritt der Kinder oder sogar eine generell ablehnende Haltung gegenüber Schule: Tolerieren, Ignorieren, Wegschauen der Eltern beziehungsweise der Erziehungsberechtigten sind typische Verhaltensweisen im Kontext der Schulverweigerung. Häufig werden auch aufgrund eigener negativer Schulerfahrungen schulische Misserfolge und Frustrationen der Kinder bagatellisiert oder die Schuld pauschal der Schule zugewiesen. Dies hat zur Folge, dass Schulschwänzen oft mit Kenntnis und Unterstützung der Eltern erfolgt. Was immer auch die Motive der Eltern sind, die Wahrnehmung des Jugendlichen ist immer dieselbe: Meine Eltern interessieren sich nicht für mich und mein Leben.
Wenn verlässliche Regeln fehlen
Eng damit verzahnt ist ein weiterer Risikofaktor: unzureichendes elterliches Kontrollverhalten oder aber wenn Eltern nichts vom problematischen Verhalten ihrer Kinder wissen. Genauso belastend wird von den Jugendlichen inkonsequentes beziehungsweise willkürliches Verhalten erlebt: Sie testen mit ihrem Verhalten immer wieder ihre Grenzen aus und sind selbst verunsichert, wenn sie Hilflosigkeit seitens der Eltern und keine verlässlichen Grenzen für das soziale Zusammenleben erleben. Neben (meist) unbeabsichtigten Laisser-faire-Elementen erfahren Jugendliche aber häufig auch das genaue Gegenteil: drakonische Maßnahmen und Sanktionen wie Taschengeldentzug, Hausarrest, Fernsehverbot, Strafarbeiten und Liebesentzug.
Es gibt quer durch die sozialen Schichten Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit von Eltern im Umgang mit ihren schulverweigernden Kindern. Genau hier kann und muss sozialpädagogische Arbeit ansetzen, zum Beispiel mittels präventiver Eltern- sowie sozialräumlicher Familienbildung, konkreter Hilfen zur Erziehung und Empowerment-Ansätzen.
Das System Schule
Als Erstes wird meist die Schulform beziehungsweise das Bildungsniveau der Jugendlichen betrachet: Es gibt deutliche Indizien dafür, dass Gymnasiast(inn)en seltener schwänzen als Hauptschüler(innen). In erster Linie kommen Schulverweigerer und -verweigerinnen aus Haupt- und Förderschulen beziehungsweise dem Berufsvorbereitungsjahr sowie aus Berufsschulen.5 Es deutet sich an, dass die (aktive) Verweigerungsquote umso geringer ist, je höher das Bildungsniveau und damit die Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven der Jugendlichen sind. Schüler(innen) aus dem unteren Qualifikationsbereich tragen ein höheres Risiko zur Schulverweigerung.
Allerdings sollte man auch hier sehr vorsichtig mit der Benennung von statistischen Bedingungsgrößen sein: Zu bedenken ist, dass viele Schulverweigerer bereits sehr umfangreiche Schulwechselkarrieren hinter sich haben. Und: Bisher wenig erfasst sind in diesem Zusammenhang passive Formen der Schulverweigerung, wenn Schüler(innen) zwar physisch anwesend sind, allerdings mental abschalten, vor sich hin träumen oder aber in Gedanken schon die Freizeit planen. Denkbar ist, dass diese viel häufiger als bisher angenommen auch in höheren Schulformen auftreten, jedoch nicht wahrgenommen werden beziehungsweise mit dem Wechsel in eine andere Schulform "gelöst" werden.
Der Schulwechsel von der Realschule auf eine Hauptschule führt nicht automatisch zu Schulverweigerung - vielmehr haben wir auch hier ein komplexes Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren. So benennen die befragten Schulverweigerer und -verweigerinnen folgende Gründe für ihr schulaversives Verhalten:
- negatives Schulklima, welches durch Bedrohung, Erpressung und Gewalt geprägt ist;
- restriktives Erziehungsverhalten der Lehrer(innen), welches durch das Prinzip der Nicht-Annahme geprägt ist. "Meiner Lehrerin hat es gereicht, dass ich immer keine Hausaufgaben hatte. Sie hat meinen Namen an die Tafel geschrieben und man hatte drei Chancen: Am ersten Tag ohne Hausaufgabe wird man angeschrieben, am zweiten Tag wird man eingekreist und am dritten Tag, wenn du die Hausaufgaben immer noch nicht hast, kriegst du eine Sechs. Ich hab tagtäglich mindestens eine Sechs kassiert, das haben alle mitbekommen … Dann bin ich irgendwann nicht mehr hingegangen", berichtet eine Schülerin.
Hinzu kommt, dass Lehrer das Problem oft ignorieren oder nicht wahrnehmen. Die Gründe für späte oder auch ausbleibende Reaktionen seitens der Lehrer(innen) beziehungsweise der Schule sind vielfältig. Das Hauptproblem bleibt jedoch: Die Schüler(innen) verfolgen mit ihrem problematischen Verhalten letztlich ein positives Hauptziel: Sie wollen Anerkennung erhalten. Erfahren sie keine oder falsche Konsequenzen, so ändern sie ihr Verhalten und verfolgen schließlich "irrtümliche" Ziele: Macht, Vergeltung, Unzulänglichkeit.6
Die Ansätze und Maßnahmen, die sich für das Schulsystem ergeben, sind vielfältig. Exemplarisch seien einige Möglichkeiten genannt:
- ein systematisches Frühwarnsystem zur Erkennung von Schulmüdigkeit und Schulverweigerung ("Kultur des Hinschauens"): Ein erster Schritt sollte die grundsätzliche Sensibilisierung der Lehrkräfte für dieses Problem sein. Es hat sich ein zentrales und standardisiertes Erfassungssystem bewährt, in dem eine deutliche Zunahme von Zuspätkommen oder Fehlzeiten, auffällige Leistungsveränderungen, Veränderungen im Arbeits- und Sozialverhalten dokumentiert werden.
- Ein schulinterner Verfahrenskatalog mit festgelegter Schrittfolge, um unmittelbare und für den/die Schüler(in) sofort sichtbare Reaktionen sicherzustellen. Hier kann ein gezieltes Nachfragen ausreichen. Andere Möglichkeiten sind eine telefonische Benachrichtigung der Erziehungsberechtigten oder auch Hausbesuche.
- Die Gestaltung der Schule als gemeinsamer Arbeits- und Lebensraum, welcher durch einen hohen Grad an Aktivität, Partizipation und gegenseitiger (sozialer) Verantwortung geprägt ist. Dies lässt sich durch Projektarbeit realisieren.
Diskussionen mit den Fachkräften aus Schule und Jugendhilfe zeigen deutlich, dass Schule allein mit diesen Anforderungen überfordert ist. Auch hier bedarf es einer sozialpädagogischen Unterstützung sowie einer engen Verzahnung mit außerschulischen Angeboten und Projekten. Schulsozialarbeit kann hier eine wichtige "Scharnierfunktion" übernehmen, die letztlich auch Impulse für die Schulentwicklung gibt.
Die Peergroup hat Einfluss
"Meine Mitschüler haben mein Schwänzen verschlimmert… Wenn ich keinen Bock auf Schule hatte, hab ich mich einen Tag vorher mit Freunden verabredet und wir haben zusammen blaugemacht", erzählt ein Schüler.
Die Peergroup hat einen entscheidenden Einfluss auf das schulverweigernde Verhalten: Ein Großteil der Schulverweigerer gibt an, durch ihre Peergroup animiert worden zu sein. "Freunde treffen" wird als häufigster Grund für Schulschwänzen genannt. Schuldistanz ist häufig ein "Kitt" in der Clique. Es gilt als Mutbeweis, oder aber es stellt eine reizvolle alternative Erlebniswelt dar im Gegensatz zur schulischen Langeweile.
- Ein zentraler Ansatz zur Prävention und Intervention auf dieser Ebene sind Peer-Involvement-Projekte, die in formellen Settings Jugendliche in sie betreffende Zusammenhänge einbeziehen: Ihnen wird Verantwortung übertragen, sie werden ernst- und wahrgenommen.7 Konkrete Beispiele hierfür sind Peer-Tutoring, das heißt, die Peers schlüpfen in die Expertenrolle und vermitteln Wissen beziehungsweise Fertigkeiten an andere Jugendliche oder Peer-Projekte, bei denen eine symmetrische und selbst gesteuerte Zusammenarbeit von Gleichen initiiert wird. Populär sind die vielerorts in Kooperation mit den jeweiligen Kultusministerien eingeführten Buddy-Projekte (Buddy = Kumpel) unter dem Motto "Aufeinander achten. Füreinander da sein. Miteinander lernen".8
Auch wenn es zunächst paradox klingt: Die stärkere Einbeziehung der unterrichtsmeidenden Schüler(innen) in den Unterrichtsablauf kann tatsächlich eine Lösung sein, denn das Schwänzen des Unterrichts ist nicht Hauptziel des Schulverweigerers. Vielmehr stehen positiv besetzte Ziele dahinter, wie zum Beispiel Treffen mit (außerschulischen) Peers, Erleben sozialer Anerkennung oder die Meidung von schulischen Misserfolgen.
Die Politik ist gefordert
Es müssen auch die Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Problematische Aspekte sind hier:
- der hohe Grad an sozialer Selektion und Exklusion im Bildungssystem. Dieser ist sehr deutlich im Bewusstsein der Schüler(innen) vorhanden und führt zu Demotivation.
- Kurzfristige und isolierte (Modell-) Projektförderungen, die sich kontraproduktiv auf den Aufbau nachhaltiger Unterstützungsangebote auswirken. Es sind daher verstärkt Maßnahmen zur Steigerung der Durchlässigkeit im Bildungs- und Beschäftigungssystem zu fördern. Eine Chance liegt derzeit in der nationalen Ausgestaltung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR):9 Hier bietet sich die Möglichkeit, Kompetenzen, die in anderen (nonformalen oder informellen) Kontexten erworben worden sind, offiziell anzuerkennen. Ein Beispiel hierfür ist die Anrechnung ausbildungsvorbereitend erworbener Kompetenzen auf die duale Berufsausbildung - wie sie in unzähligen Maßnahmen der Jugendberufshilfe seit langem vermittelt werden. Die Chancenungleichheiten auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt könnte durchbrochen werden, indem eine Eins-zu-eins-Kopplung der zu erarbeitenden Niveaustufen mit den klassischen Bildungswegen vermieden wird.
- Sinnvoll ist nur eine langfristige finanzielle Absicherung von kontinuierlichen Unterstützungsangeboten, die den Aufbau tragfähiger Beziehungen und Netzwerke ermöglichen.
Damit wird deutlich, dass im Umgang mit Schulmüdigkeit und -verweigerung umfassende Präventions- und Interventionsansätze notwendig sind, die nur mit einer engen Verzahnung und Kooperation zwischen Schule, Familie und Jugendhilfe möglich sind - und Einmischung auf der sozialpolitischen Ebene erfordern. Hierfür bedarf es professionellen (sozial-)pädagogischen Personals, das die einzelnen Systeme unterstützt sowie die Vernetzung zentraler Akteure koordiniert und steuert.
Anmerkungen
1. Das Meinwerk-Institut ist eine Einrichtung von IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit - Deutschland e.V.
2. Vgl. auch Bührmann, Thorsten; Hoffbauer, Christian: Gezielt den Anfängen wehren. In: neue caritas-Jahrbuch 2009, S. 92-97. Der Caritasfachverband IN VIA hat ferner eine Studie zu Schulmüdigkeit und Schulverweigerung in Auftrag gegeben, um schulmüde Jugendliche in Zukunft zu erreichen, bevor sie die Schule verweigern. Bührmann, Thorsten: Erfolgreicher Umgang mit schulmüden Jugendlichen und Schulverweigerern. Hrsg. v. Marx, Birgit, IN VIA Verlag, Paderborn/Freiburg, 2009.
3. Rogers, Carl R.: Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart, 1976.
4. Vgl. zum Beispiel Ricking, Heinrich: Schulabsentismus als Forschungsgegenstand. Oldenburg, 2003, S. 140ff.
5. Vgl. zum Beispiel Schreiber-Kittl, Maria; Schröpfer, Haike: Abgeschrieben? : Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über Schulverweigerer. München, 2002, S. 126.
6. Vgl. Dreikurs, Rudolf u.a.: Lehrer und Schüler lösen Disziplinprobleme. Weinheim (9. Aufl.), 2003, S. 18ff.
7. Vgl. Lütgenau, Bernd: Peer-Involvement als präventive und interventive Strategie, um Unterrichtsabsentismus zu begegnen - mögliche Formen und theoretische Begründungen. In: Herz, Birgit u.a. (Hrsg.): Problem Schulabsentismus. Bad Heilbrunn, 2004, S. 255-271; vgl. auch Opp, Günther; Teichmann, Jana (Hrsg.): Positive Peerkultur : Best Practices in Deutschland. Bad Heilbrunn, 2008.
8. Eine Übersicht über konkrete Projekte findet sich unter www.buddy-ev.de/ Buddys_Bundesweit/
9. Vgl. hierzu das aktuelle Projekt im Meinwerk.