Krankenhäuser kriegen trotz Krise noch Kredite
Seit der Eskalation der Finanzmarktkrise im September 2008 haben sich die Richtlinien der Banken für die Gewährung von Krediten und Kreditlinien an Unternehmen verschärft. Doch für den Krankenhaussektor ist eine breit angelegte Verschlechterung der Bedingungen für Kreditfinanzierungen bislang nicht festzustellen. Wenn ein Krankenhaus Finanzierungsprobleme hat, dann hat dies nichts mit dem Branchenrisiko insgesamt zu tun, sondern mit der aktuellen Geschäftslage der jeweiligen Bank oder des jeweiligen Krankenhauses selbst. Der Krankenhaussektor erweist sich mit seinem hohen Maß an öffentlicher Regulierung als ausgesprochen krisenfest.
Trotz der Finanzmarktkrise können sich für die Krankenhäuser positive Perspektiven hinsichtlich des Kredit- und Kapitalmarkts eröffnen. Es zeichnet sich ein Gesinnungswandel bei der Vergabe von Fremd- und Beteiligungskapital ab, bei dem insbesondere gut aufgestellte Unternehmen in relativ stabilen und konjunkturresistenten Branchen verstärkt in den Fokus der Mittelgeber rücken. Davon sollten auch wirtschaftlich solide Krankenhäuser profitieren können. Die Insolvenzrate von Krankenhäusern war im gesamtwirtschaftlichen Vergleich immer unterdurchschnittlich. Dies - zusammen mit den demografiebedingten und von der Politik nicht zu beeinflussenden Bedarfszuwächsen sowie den Potenzialen für Rationalisierungsgewinne - macht den Sektor grundsätzlich attraktiv für Investoren.
Die Kreditgeber haben dezidierte Erwartungen
Um die sich bietenden Chancen zu nutzen, müssen sich die Krankenhäuser auf die Anforderungen der Mittelgeber hin ausrichten. So müssen sie damit rechnen, dass Banken in Folge der Finanzmarktkrise ihre risikominimierenden Maßnahmen verstärken werden. Die Banken achten sehr genau darauf, ob dem Engagement ein zukunftsfähiges Unternehmenskonzept zugrundeliegt. Dies ist die Grundlage für die zusätzlich eingeforderte Unternehmensplanung, die in der Regel fünf Jahre umfasst, bestehend aus Investitions- und Finanzplanung, Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, Planbilanzen und Plan-Cashflow-Rechnung. Diese Planungen müssen plausibel begründet sein. Voraussetzung ist, dass eine leistungsfähige Unternehmenssteuerung vorhanden ist. Eine zentrale Voraussetzung für den Zugang zu Krediten mit wettbewerbsfähigen Konditionen ist eine angemessene Eigenkapitalausstattung. Eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung erfordert auch eine offene Kommunikation zwischen Krankenhausmanagement und Bank. Speziell für Finanzierungen im Krankenhaussektor hat die Bank für Sozialwirtschaft ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe sich aus dem zukünftigen Free-Cashflow (also die Summe der Mittel, die dem Unternehmen nach allen Ausgaben innerhalb einer Periode frei zur Verfügung steht) ein Äquivalenzwert für die Kreditfähigkeit ableiten lässt. Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass Gebäude in dieser Branche mangels alternativer Verwendungsmöglichkeiten nur bedingt als Sicherheit dienen können.
Ein Finanzierungsmix hilft
Ein Gesamtfinanzierungskonzept wird gefordert. Dieses kann einen Finanzierungsmix beinhalten, der neben öffentlichen Fördermitteln auch Mittel des Trägers und Bankkredite sowie den Einsatz von Mezzanine-Kapital (Fremdkapital mit eigenkapitalähnlichem Charakter aufgrund nachrangiger Haftung) als eigenkapitalersetzende Mittel des Kapitalmarktes und Leasing umfasst.
Um die Kosten bei Darlehensfinanzierungen zu reduzieren, sollten auch die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Sonderprogrammen der Banken geprüft werden, beispielsweise das KfW-Förderprogramm "Sozial Investieren". Auch die Finanzierung des laufenden Betriebs und das Liquiditätsmanagement müssen unter die Lupe genommen werden. Spezielle Produkte wie "Factoring"1 und "Cashpooling"2 können die Zahlungsfähigkeit unterstützen. Reicht das nicht aus, sind Kontokorrentkredite (auf das Girokonto befristet eingeräumte, limitierte Überziehungsmöglichkeit zwecks Überbrückung von kurzfristigen Liquiditätsengpässen) immer noch eine bessere Alternative als der Einsatz von wertvollem Eigenkapital und liquiden Rücklagen.
Auswirkungen der Krise auf die Krankenhäuser
Die Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt sich nicht nur auf die unmittelbare Beziehung zwischen dem Finanzmarkt und den Krankenhäusern aus. Mittel- bis längerfristig zeichnen sich für den deutschen Krankenhaussektor indirekte Konsequenzen ab. Durch krisenbedingte Mindereinnahmen und Mehrausgaben schrumpfen die finanziellen Spielräume von Bund, Ländern und Gemeinden. Aufgrund der stark steigenden Verschuldung - die Summe aus Kreditmarktschulden und Kassenkrediten der Gebietskörperschaften belief sich zum 31. Dezember 2008 auf 1577 Milliarden Euro3 - zeichnet sich für die öffentlichen Haushalte auch nach einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine längerfristige Belastung ab. Damit verschlechtern sich die Rahmenbedingungen für die ohnehin vernachlässigte öffentliche Aufgabe der Investitionsfinanzierung von Krankenhäusern weiter.
Aufgrund der defizitären Haushaltslage bei öffentlichen Krankenhausträgern ist zu erwarten, dass die Bereitschaft zu privatisieren wieder zunimmt. Dies kann eine zukunftsichernde Chance für gemeinnützige Krankenhausträger sein. Sie müssen sich dann aber auch im Bieterwettbewerb mit den gewerblichen messen können.
Rezessionsbedingt verschlechtert sich auch die Finanzsituation der Sozialversicherungen. Der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherung taxiert die konjunkturbedingten Mindereinnahmen des Gesundheitsfonds in 2009 auf 2,9 Milliarden Euro. Eine Auseinandersetzung um die Neugestaltung der Sozialversicherungen ist absehbar. Sollten Patienten künftig mehr bei Krankenhausleistungen zuzahlen müssen, würde der Sektor einen Teil seiner Stabilität gegenüber Konjunkturschwankungen verlieren.
Wie sich zukünftig die Betriebs- und Investitionskostenfinanzierung im Krankenhaussektor und somit auch das Interesse von Finanziers entwickeln werden, ist abhängig davon, wie es den Anbietern gelingt, negative Auswirkungen der finanziellen Entwicklung in den öffentlichen Haushalten und der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit abzuwehren.
Anmerkungen
1. "Factoring" ist der Ankauf von kurzfristigen Geldforderungen aus Waren- und Dienstleistungen. Dabei tritt ein Unternehmen seine kurzfristigen Forderungen gegenüber seinen Abnehmern an ein anderes Unternehmen ab, das dann wiederum die Forderungen beim Schuldner eintreibt.
2. Bargeldbestände werden am Tagesende von den Konten der Konzernunternehmen in ein gemeinsames Konto (Pool) bei der Konzernleitung überführt und dient zur Deckung von Liquiditätslücken.
3. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 31. März 2009.