Nur kein Neid – Zusammen was bewegen
Der Sommertag im hohen Westerwald ist ideal zur Landschaftspflege. Das Surren der Maschinen verrät, dass das Moor im Naturschutzgebiet Weidenbruch bei Elkenroth auf Vordermann gebracht wird. Da werden Hecken geschnitten, da wird Gras gemäht und Unkraut gejätet, alles wichtig gegen eine Verbuschung der Landschaft. Jeder der Teilnehmer hat seine Geschichte im Gepäck: Die Syrer sind vor Krieg und Zerstörung geflohen, die Deutschen fürchten, in unserer Gesellschaft als Arbeitslose nicht mehr gebraucht zu werden. So unterschiedlich die Schicksale auch sind, diese Menschen wollen eins: einen Neuanfang.
"Wir haben uns direkt verstanden"
Vorkenntnisse für den Job braucht es keine. Für die Verständigung steht Mohamed Daher als Sprachmittler zur Verfügung. 1992 kam er aus dem Libanon nach Deutschland. Für ihn war diese Aufgabe etwas völlig Neues. "Aber es gab keine Berührungsängste. Wir haben uns direkt verstanden." Auch die beiden deutschen Langzeitarbeitslosen Klaus und Gerd, die nur mit Vornamen genannt werden möchten, finden die Arbeit mit den Flüchtlingen völlig in Ordnung. "Die sind ganz normal, wie andere Arbeitskollegen auch. Hilfsbereit, und wenn Not am Mann ist, packen sie mit an", sagt Klaus. Gerd ergänzt mit einem Schmunzeln: "Die sind genauso wie wir. Und wenn Mohamed Daher mal gerade nicht da ist, dann unterhalten wir uns mit Händen und Füßen."
Anleiter Klaus Röttgen, der den Teilnehmern die Bedienung der Maschinen erklärt und die zu erledigenden Aufgaben bespricht, ist von der Zusammenarbeit begeistert. Vorbehalte und Befürchtungen von Sozialneid waren eher theoretischer Natur. In der Praxis zeigt sich ein gutes Miteinander. Je enger die Kontakte, desto geringer sind die Vorurteile.
"Pro Lia" fördert berufliche Eingliederung
Klaus und Gerd freuen sich, wieder gebraucht zu werden, etwas Sinnvolles tun zu können und bald einen richtigen Arbeitsplatz zu finden. Der Syrer Bashar, der zu Hause Jura studiert hat, möchte IT-Ingenieur werden. Allerdings müssen seine Schulabschlüsse auf deutsche Standards hin überprüft werden. Während seines Studiums in Syrien hatte er im Hotel gejobbt. Die Beschäftigung in der Natur ist für ihn schon eine Umstellung. Doch die Arbeit hat den Vorteil, dass er im Kontakt mit den Kollegen erste Spracherfahrungen macht und die deutsche Lebensart etwas kennenlernt. Schon seit 1985 gibt es das Ökoprojekt im Bereich Natur-, Arten- und Umweltschutz, früher als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, heute für Ein-Euro-Jobber. Vor allem Pflegearbeiten in den Natur und Landschaftsschutzgebieten des Kreises Altenkirchen werden in Angriff genommen.
Damit es nicht nur beim Ein-Euro-Job bleibt, hat die Caritas-Dienste und Arbeit gGmbH zusammen mit dem Verein Neue Arbeit zusätzlich das "Projekt lokal inklusiv aktiv" (Pro Lia) gestartet, das die berufliche Eingliederung von Flüchtlingen und Langzeitarbeitslosen fördert. Ausflüge in den Supermarkt oder zum Arzt, Bewerbungstrainings, aber auch Gemeinschaftskunde und betriebliche Praktika gehören dazu. Sozialpädagogen stehen für Einzelgespräche bereit. Neben Ökologie und Forst gibt es auch Anleitung in den Bereichen Möbel und Holz, Kleidung und Nähen, Soziales und Hauswirtschaft. 44 Teilnehmer für den Kreis Altenkirchen können dabei mitmachen.