Obwohl aufgrund des demografischen Wandels die Einwohnerzahl in Deutschland langfristig schrumpfen wird, gehen demografische Prognosen von einer weiterhin steigenden Wohnungsnachfrage in vielen Regionen der Bundesrepublik aus.
Der Deutsche Caritasverband (DCV) fordert Bund, Länder, Kommunen und Kirchen auf, diese Problematik gemeinsam anzugehen. Er regt folgende Maßnahmen an:
Beiträge des Bundes
- Der Bund muss seine Kompensationszahlungen bedarfsgerecht aufstocken. Damit die Mittel auch tatsächlich in den Neubau von Sozialwohnungen investiert werden, ist eine Zweckbindung der Mittel erforderlich.
- Ungenutztes Bauland im Eigentum des Bundes muss zur Wohnbebauung zur Verfügung gestellt werden. Es bedarf einer gesetzlichen Änderung des § 1 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImAG), damit die Ziele des sozialen Wohnungsbaus bei der Verwertung von Grundstücken berücksichtigt werden.
- Durch kürzere steuerliche Abschreibungsfristen für Investitionen in den sozialen Wohnungsbau könnte der Bund zusätzliche Anreize zur Entstehung dieses Wohnraums setzen.
- Damit bestehende Wohnungen altersgerecht, energetisch und barrierefrei bzw. barrierearm saniert werden können, ist ein Gebäudesanierungsprogramm zu entwickeln. Dabei sollten die Sanierungskosten zwischen Staat, Vermieter und Mieter entsprechend ihrem Leistungsvermögen aufgeteilt werden. Die Regelung muss so erfolgen, dass das private Wohnraumangebot nicht zurückgeht.
- Der DCV begrüßt die geplante Verbesserung der Entlastungswirkung des Wohngelds. Allerdings muss Wohngeld grundsätzlich dynamisiert werden. Die Miethöchstbeträge und Einkommensgrenzen sollten anhand eines Index jährlich an die aktuellen, regional unterschiedlichen Einkommens- und Mietkostenverhältnisse angepasst werden. Bei der Bemessung des Wohngeldes sollte entweder die Bruttowarmmiete maßgeblich sein oder die Heizkostenkomponente wieder eingeführt werden.
- Der Gesetzgeber muss bei der Gewährung der Grundsicherung für bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für die Bestimmung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung regionaler Preisunterschiede sorgen. Vor Ort muss eine zeitnahe Dynamisierung der Unterkunftskosten erfolgen. Für die Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten muss der jeweilige Einzelfall maßgeblich sein. Richtwerte sind nicht als Kappungsgrenze, sondern als Nichtprüfungsgrenze zu verstehen. Sie sind so hoch anzusetzen, dass die Leistungsberechtigten eine reale Chance haben, Wohnungen innerhalb dieser Grenze zu finden.
Beiträge der Länder
- Die Länder müssen für die Programme zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus ausreichend eigene finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
- Die Förderbedingungen des sozialen Wohnungsbaus sind so auszugestalten, dass es für Bauherren wieder attraktiver wird, in Wohnungen im preisgünstigeren Segment zu investieren. Zielführend können dabei höhere Förderpauschalen und Tilgungszuschüsse sein.
- Die Mietpreisbindung im sozialen Wohnungsbau muss flexibel ausgestaltet werden können. Um mögliche Investoren nicht vor einer längeren Bindungsfrist abzuschrecken, müssen die Förderkonditionen entsprechend angepasst werden.
- Es sollte auch diskutiert werden, ob die Wiedereinführung der sog. Fehlbelegungsabgabe oder die Einführung einer einkommensabhängigen Förderung nicht sinnvoll wäre, um mögliche Fehlbelegung von Sozialwohnungen zu vermeiden bzw. zu kompensieren.
Beiträge der Kommunen
- Die Kommunen müssen die Erschließung und Bebauung brach liegender Flächen forcieren. Bei der Vergabe von Bauland sollte nicht mehr der höchste Preis maßgeblich sein, sondern die Realisierung sozialen Wohnungsbaus als Entscheidungskriterium berücksichtigt werden. Entscheidend für die Vergabe müssen Konzepte der Kommunen sein, bei denen auch soziale Kriterien eine wichtige Rolle spielen. Die Kommunen können auch städtebauliche Verträge nutzen, um den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.
- Durch geeignete Instrumente muss besonders der Wohnungsneubau durch genossenschaftliche, gemeinschaftlich organisierte und gemeinwohlorientierte Bauträger gefördert werden, soweit sie spezifische Sozialverpflichtungen eingehen. Ebenso muss der Wohnungsbestand dieses Segments der Immobilienwirtschaft gesichert werden.
- Damit Kommunen im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung die Möglichkeit haben, auf das Wohnungsangebot für Haushalte mit geringem Einkommen Einfluss zu nehmen, sollten sie einen ausreichenden Bestand an Sozialwohnungen und kostengünstigem Wohnraum selbst halten. Sofern eine Privatisierung erfolgt, ist es wichtig, dass die Kommunen an ihren Belegungsrechten festhalten und, wenn es erforderlich ist, sollte sie auch neue Belegungsrechte erwerben.
- In Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sollten interkommunale und regionale Entwicklungskonzepte entworfen werden, um durch die Einbeziehung von Ballungsrandgebieten und Umlandgemeinden zu einer Entspannung beizutragen.
- Um das Wohnungsangebot in ländlichen Räumen für Mieter attraktiv zu machen, sind infrastrukturelle Maßnahmen notwendig. So muss die gleichmäßige Bereitstellung von Wasser- und Energieversorgungsleistungen sowie von Kommunikationsdienstleistungen (Post, Telefon, schnelles Internet) sichergestellt sein. Auch der Zugang zu Bildungseinrichtungen (Schule, Kindertagesstätten) und Gesundheitsdienstleistungen (Hausarzt, Pflegedienst) ist zu gewährleisten. Unverzichtbar dafür ist, dass der öffentliche Personennahverkehr im Rahmen der Möglichkeiten, die in dünn besiedelten Räumen gegeben sind, vorhanden und bezahlbar ist. Auch die Sicherheit und Ordnung muss gewährleistet sein. Zudem müssen strategische Ansätze weiterentwickelt werden, wie die Bewohner vor Ort bei der Neugestaltung beteiligt werden.
Beiträge der Kirchen und Wohlfahrtsverbände
- Um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen, stehen kirchliche Einrichtungen und die Bistümer im Rahmen ihrer Möglichkeiten in der Verantwortung, Grundstücke bereitzustellen, Wohnraum zu schaffen und ggf. Erbbaurechte einzuräumen. Zur Wohnraumerstellung tragen auch die kirchlichen Siedlungswerke und Wohnungsunternehmen bei.
- Die Kirchen und Wohlfahrtsverbände sollten aktiv bei kommunalen Planungsprozessen und städtebaulichen Entwicklungen mitwirken. So verfügt die Caritas vor Ort über Expertise zu Fragen der regionalen Wohnraumpolitik und Stadtentwicklung. Sie kann sich auf diese Weise in verschiedenen Gremien einbringen.