Rechtsextremismus offensiv entgegentreten
Die Taten der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) haben dafür gesorgt, dass Rechtsextremismus wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht. Warum beschäftigt sich auch die Caritas mit diesem Thema?
Die Vorgänge um das rechtsterroristische Netzwerk sind schockierend und werfen nach wie vor Fragen auf - natürlich vor allem für die zuständigen Behörden. Doch auch die Caritas ist aufgrund ihres Selbstverständnisses gefordert, Stellung zu beziehen. Als Solidaritätsstifter setzt sie sich für ein friedliches Miteinander ein, das mit rechtsextremem Gedankengut unvereinbar ist. Daher muss die Caritas einer Ideologie, die sich unter anderem gegen Menschen mit Migrationshintergrund wendet, offensiv entgegentreten.
Außerdem gibt es im rechtsextremen Spektrum seit einiger Zeit erschreckende Entwicklungen: So bemühen sich Rechtsextremisten in strukturschwachen Regionen um ein Kümmerer-Image – zum Beispiel mit kostenloser Sozialberatung oder Kinderfesten. Für die Caritas ist es alarmierend, wenn sich Hilfesuchende über deren Angebote auf rechtsextreme Organisationen einlassen.
Einschlägige Organisationen treten vor allem in den neuen Bundesländern auf - ist Rechtsextremismus damit nicht vor allem eine Herausforderung für Caritasverbände in Ostdeutschland?
Tatsächlich sind rechtsextreme Organisationen in Teilen Sachsens oder Mecklenburg-Vorpommerns vergleichsweise stark - trotzdem ist Rechtsextremismus kein Ost-Phänomen. Ob Aufmärsche in Bayern oder "Autonome Nationalisten" im Ruhrgebiet - ganz Deutschland ist hiervon betroffen.
Zudem plädiere ich dafür, Rechtsextremismus nicht isoliert zu betrachten. Viele Studien zeigen, dass Rechtsextremismus die Spitze des Eisbergs darstellt und rassistische Haltungen weit verbreitet sind. Wenn laut einer Untersuchung des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld beispielsweise 24 Prozent der Deutschen fordern, "Ausländer in ihre Heimat zurückzuschicken, wenn die Arbeitsplätze knapp werden", zeigt dies die Verbindung von rechtsextremen Forderungen und der vermeintlichen "Mitte der Gesellschaft".
Einschlägige Organisationen bedienen diese Themen und versuchen, als Stimme einer stillen Mehrheit aufzutreten. Daher ist es wichtig, gegen diese Gruppen Position zu beziehen. Außerdem müssen aber auch verbreitete Formen von Ausgrenzung und Intoleranz als Teil des Problems erkannt werden. Dies ist eine Herausforderung für die Caritas in ganz Deutschland.
Wie kann sich die Caritas vor Ort engagieren?
Wenn einschlägige Organisationen aktiv sind oder rechtsaffine Jugendliche im Jugendclub auftauchen, muss gehandelt werden. Nicht alleine, sondern in Bündnissen - unterstützt von lokalen und überregionalen Beratungsstrukturen. Demonstrationen und öffentlichkeitswirksame Aktionen sind eine Option. Zudem können ideologisch ungefestigte Personen unter Umständen mit unseren Angeboten erreicht werden. Nicht immer handelt es sich nämlich um überzeugte Neonazis, auch jugendtypischer Protest oder Perspektivlosigkeit kann zum Einstieg in die Szene führen.
Ebenso wichtig ist es allerdings, frühzeitig die Initiative zu ergreifen. So kann man bereits im Vorfeld aktiv für Respekt und Demokratie eintreten und Menschen damit gegen rechtsextreme Parolen stark machen. Viele Einrichtungen berichten von Konflikten zwischen Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft - hier sind verschiedene Ansätze denkbar. Speziell für Jugendliche gibt es aus dem Bereich der Caritas interessante Projekte.
Mit dem Projekt möchte der Deutsche Caritasverband lokales Engagement unterstützen. Worin besteht Ihre Aufgabe und wer kann sich an Sie wenden?
Da wirksame Aktionen vor Ort stattfinden, unterstützt das Projektbüro interessierte (Fach-)Verbände, Dienste und Einrichtungen der Caritas. Wir stellen Informationen oder Materialien aus dem Themenspektrum Rechtsextremismus, Rassismus, Demokratie und Respekt zur Verfügung. Über aktuelle Entwicklungen, erfolgreiche Projekte oder Ausschreibungen informieren wir in unserem Newsletter.
Außerdem leistet das Projektbüro Unterstützung bei der Durchführung von (Fortbildungs‑)Veranstaltungen oder der Umsetzung von Projektideen zur Förderung von Respekt und Demokratie. Auf diese Weise wollen wir dazu beitragen, innerhalb der Caritas ein Problembewusstsein zu entwickeln. Daneben freuen wir uns über Erfahrungsberichte aus dem Verband sowie Anregungen und Vorschläge.