I like Solidarität
In der Talkrunde zum Abschluss des Caritaskongresses in Berlin ergänzt Dr. Brigitte Reiser diese These aus Sicht der Beraterin von Non-Profit-Organisationen: "Das Internet ersetzt nicht das konkrete Handeln. Um Menschen zum Mitmachen zu bewegen, müssen sie sich aber erst einmal mit ihnen vernetzen, und ihnen erzählen, wie toll und interessant es sein kann, anderen zu helfen." Es sei falsch, soziale Medien auf Technologien zu reduzieren, "denn im Kern geht es um Beteiligung und Beziehungsaufbau". Reiser appelliert an die Caritas, sich vor Ort stärker in digitale Aktionsnetzwerke einzubringen. Mit Hilfe sozialer Medien könne der Verband dort sein zivilgesellschaftliches Profil besser herausarbeiten.
Bürger organisieren sich eigenständig übers Netz
Organisationen des dritten Sektors sollten sich aus Sicht Reisers auch deshalb online einklinken, weil ihnen sonst ein Bedeutungsverlust droht: "Sie müssen heute damit rechnen, dass sich Bürger digital organisieren und Dinge tun, die sie früher nicht ohne ihre Hilfe hätten realisieren können." Auch Ansgar Mayer empfiehlt den Verantwortlichen der Caritas mit strategischen Partnerschaften im Netz ihre digitale Bedeutung zu sichern (siehe Hörbeitrag am Ende der Seite). "Die neuen Kommunikationsplattformen sind einfach da. Denen ist es egal, ob sich die Caritas einschaltet oder nicht." Erfolg oder Misserfolg in sozialen Medien hängen nach Meinung von Brigitte Reiser davon ab, inwieweit der Caritasverband anschlussfähig wird für soziale Bewegungen oder einzelne engagierte Bürgerinnen und Bürger. Wie bereichernd so eine Öffnung des Verbandes sein kann, habe die öffentliche Erarbeitung der Social Media Leitlinien des Deutschen Caritasverbandes gezeigt.
Social Media als Chance für die Caritas
Für Hans-Jörg Milies, den Finanzvorstand des Deutschen Caritasverbandes, steht außer Frage, dass sich auch die Caritas in soziale Medien einbringen muss. Die Meinungsbildung junger Menschen laufe heute vor allem über diese Kanäle. "Wir betrachten Social Media als Chance: Wir erläutern, was wir machen, beziehen Position und erklären zum Beispiel Spendern, was wir mit ihren Geldern tun". Für dieses dialogorientierte Engagement müsse der Verband die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
Aus Sicht von Ansgar Mayer ist die Haltung entscheidend, mit der sich ein Unternehmen oder eine Organisation in soziale Medien einbringt. "Wer das Ganze als weiteren Kommunikationskanal für Pressemeldungen nutzen will, wird scheitern. Es geht darum, sich auf Gespräche einzulassen. Wer das tut, hat gute Chancen, im Netz ernst genommen und auf Augenhöhe behandelt zu werden."
Am Ende der Talkrunde fordert NPO-Beraterin Reiser von den Verantwortlichen der Caritas mehr Engagement in Sachen Netzpolitik. Mit Blick auf die Macht von Facebook und anderen US-amerikanischen Anbietern im Netz sagt sie: "Man muss nicht mit den Plattformen vorlieb nehmen, die da sind. Der gemeinnützige Sektor in Deutschland hätte schon vor zehn Jahren bürgerschaftliche, stiftungsbasierte Plattformen aufbauen können, die uns den Datenschutz geben, den wir uns wünschen."