Eine fragile Hoffnung
Die Einladung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, im September 2010 zu einem Dialog in der Kirche löste große Hoffnungen aus. Viele versprachen sich von der Ankündigung nach dem Missbrauchsskandal einen Neuanfang der Kirche in unserem Land. Doch außer der Überschrift war lange nicht klar, wie dieser angekündigte Gesprächsprozess verlaufen soll. Zwei Gesprächsgruppen zwischen dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und den Bischöfen wurden eingerichtet.
Erzbischof Zollitsch kündigte schließlich an, dass der Gesprächsprozess bis 2015 gehen solle. Im Jahr 2012 wird die Diakonia im Vordergrund stehen, im Jahr 2013 mit einem eucharistischen Kongress die Liturgie und im Jahr 2014 die Verkündigung. Der Abschluss des Prozesses sollte mit den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1965) verbunden sein.
Im April 2011 folgte die Einladung zu einer Auftaktveranstaltung in Mannheim am 8. und 9. Juli unter dem Motto "Im Heute glauben - wo stehen wir?". Die Diözesen wurden gebeten, Delegierte zu entsenden, ebenso das ZdK, kirchliche Verbände, Orden, geistliche Bewegungen, die katholisch-theologischen Fakultäten und auch der Deutsche Caritasverband (DCV). Es ist äußerst positiv zu bewerten, dass die verbandliche Caritas als wesentliche Grundaufgabe der Kirche eigene Delegierte benennen konnte. Aus den unterschiedlichen Bereichen und Regionen vertraten Regina Hertlein, Vorstand des Caritasverbandes Mannheim, Bernd Kettern, stellvertretender Diözesan-Caritasdirektor von Trier, Maria Loers, Vorsitzende der Caritaskonferenzen, Schwester Edith Maria Magar, Vizepräsidentin des DCV, Elisabeth Maskos, Vorsitzende des SkF Bayern, Franz Jorgol, ehemaliger Diözesan-Caritasdirektor von Magdeburg, sowie Ulrike Kostka aus der Zentrale des DCV, Generalsekretär Georg Cremer und ich als Präsident den Deutschen Caritasverband.
Die Erwartungen an den Gesprächsprozess waren durchaus zwiespältig. Auf der einen Seite haben sich viele einen intensiven Dialog mit den Bischöfen zu zentralen Themen gewünscht und erhofft. Andere befürchteten jedoch eher einen Schein-Dialog. 300 Teilnehmende aus ganz Deutschland diskutierten letztendlich nach einer sehr spannenden Methode in einer großen Halle des Mannheimer Kongresszentrums, darunter viele Bischöfe und Weihbischöfe. Dass nicht alle Diözesen durch Bischöfe oder Weihbischöfe vertreten waren, ist schade.
Zunächst konnten offen Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen geäußert werden. In Gruppen, die je nach Herkunft beziehungsweise Gruppenzugehörigkeit besetzt waren, wurden Stärken und Schwächen benannt. Viele waren beeindruckt, wie deutlich auch die Gruppe der Bischöfe die Stärken und Schwächen ihrer Zusammenarbeit benannte. Der erste Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen im Garten des Kongresshotels, das sehr viel informelle Begegnungen und Gespräche ermöglichte, und einem eindrucksvollen Abendgebet, als Lichtfeier gestaltet.
Am zweiten Tag wurde dann ein Zukunftsbild der Kirche im Jahr 2015 entworfen und es wurden dringende Handlungsbedarfe benannt. Drei zentrale Themen kristallisierten sich heraus:
- die Sprachfähigkeit der Kirche in der Gesellschaft,
- die Partizipation in der Kirche und
- der Umgang mit Brüchen in Biografien von Menschen wie zum Beispiel wiederverheirateten Geschiedenen.
Alle Themen, die genannt wurden, sind seit Jahrzehnten bekannt - und doch war es bemerkenswert, wie diese miteinander erarbeitet wurden. Die Ergebnisse sollen auch im Internet dokumentiert werden (siehe unter www.dbk.de).
Die Deutsche Bischofskonferenz wird im Herbst die Ergebnisse von Mannheim diskutieren. Erzbischof Zollitsch wird zusammen mit den Bischöfen Franz-Josef Bode, Franz-Josef Overbeck und Kardinal Reinhard Marx dem Papst im August darüber berichten. Er stellte in Aussicht, dass in den nächsten Jahren weitere Foren zu den entsprechenden Themen durchgeführt werden. Es war ein mutiger und notwendiger Schritt, diesen Dialog zu führen. Viele waren darüber erleichtert und gleichzeitig blieb die Sorge, ob die angesprochenen Themen nun wirklich weiter bearbeitet und einer Lösung zugeführt würden. Es wäre zu wünschen, dass sich aus der fragilen Hoffnung von Mannheim konkrete Wege für eine zukunftsfähige Kirche in unserem Land ergeben.