Lichtblick für kranke Obdachlose
Das Leben auf der Straße ist hart. Noch schlimmer wird es, wenn eine Krankheit dazu kommt.
"Die meisten Patienten leiden unter Hauterkrankungen, Wunden - häufig aber auch unter Lungenerkrankungen, die ein hohes Fieber mit sich bringen", sagt Till Bork, Leiter der Caritas-Krankenwohnung. "Eine Grippe ist für jeden kräftezehrend. Aber auf der Straße wird sie schnell lebensbedrohlich". In Berlin fallen viele hilfsbedürftige obdachlose Menschen durch die Maschen des Hilfenetzes. Die meisten schämen sich schlicht, zum Arzt zu gehen - und eine Krankenversicherung ist für sie ohnehin ein Fremdwort. Krankenhäuser behandeln sie nur im absoluten Notfall. Deshalb hat die Caritas vor 26 Jahren eine Ambulanz zur medizinischen Versorgung von Wohnungslosen am Bahnhof Zoo eingerichtet. Später kam dann das Caritas-Arztmobil dazu. Es fährt dorthin, wo Obdachlose sich aufhalten: unter Brücken, an Suppenküchen und Wärmestuben. Die Kranken werden medizinisch so gut versorgt wie es geht - danach sind sie wieder Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt. Eine denkbar schlechte Voraussetzung, um gesund zu werden.
Seit November 2018 gibt es endlich einen Lichtblick: Die Caritas-Krankenwohnung in der Turmstraße in Berlin-Moabit. Auf einer Etage eines ehemaligen Krankenhauses stehen 15 Betten bereit. Pflegekräfte und eine Sozialarbeiterin betreuen und versorgen hier kranke Wohnungslose rund um die Uhr. Ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte ergänzen das Team. Wundinfektionen, Hauterkrankungen und Bronchitis können genauso auskuriert werden wie eine Lungenentzündung oder Erfrierungen. Bis zu vier Wochen dürfen die Kranken hier bleiben. Diese Zeit wird gezielt dazu genutzt, Hilfen zu vermitteln, um die Obdachlosigkeit zu überwinden.
Bernd Lange ist Schlaganfallpatient und kam mit körperlichen Einschränkungen aus der Obdachlosigkeit in die Krankenwohnung, nachdem er bereits fünf Jahre ohne Wohnung gelebt hatte. Hier in der Turmstraße konnte er sich erholen. Das Team verfolgte unterdessen das Ziel, ihn in eine passende therapeutische Wohneinrichtung vermitteln zu können, die ihm ein selbstständiges Leben ermöglicht. "Ich bin dankbar dafür, dass es die Leute in der Krankenwohnung gibt", sagt Lange, "ich stehe wieder auf eigenen Beinen. Vorher konnte ich nicht mehr laufen."
Für Frauen, die einen besonderen Schutzraum brauchen, gibt es Einzelzimmer in der Krankenwohnung. Christina Schmidt war schwer erkrankt aus dem Krankenhaus gekommen. Sie konnte durch die Hilfe des Caritas-Teams eine langfristige, hausärztliche Versorgung zugesichert bekommen. Heute lebt sie in einem Wohnheim in Berlin-Spandau, dort ist sie auch medizinisch betreut.
Da viele Obdachlose aus anderen EU-Ländern kommen, sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Englisch, Spanisch, Polnisch und Russisch. Sebastian Piotrowski zum Beispiel stammt aus Polen und kam nach einer starken Kopfverletzung in die Krankenwohnung. Nachdem sich der gelernte Tischler erholt hatte, konnte er wieder in sein Heimatland fahren und dort eine Beschäftigung suchen. Die Vorstellungsgespräche hatte er mit Hilfe der Sozialarbeiterin Barbara Pasnicki bereits von der Krankenwohnung aus organisiert. "Geholfen hat mir in der Krankenwohnung neben den Medikamenten vor allem die Atmosphäre, um mich wieder auszukurieren", erzählt Piotrowski.
Doch die Finanzierung der Krankenwohnung stand zum Start auf wackeligen Füßen vonseiten des Berliner Senats - aber gute Fachkräfte, Miete, Medikamente - all das kostet. Ab Januar 2020 muss außerdem ein neuer Standort gefunden werden. "Unser Ziel ist es, nicht nur für dieses Jahr eine Lösung zu haben, sondern die Krankenwohnung auf Dauer zu finanzieren", sagt Caritasdirektorin Ulrike Kostka. Damit spricht sie den hilfsbedürftigen Menschen ganz sicher aus dem Herzen.
Helfen und Spenden
Es werden dringend noch ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte gesucht, die sich stundenweise für Obdachlose engagieren möchten.
Telefon: 0152 53 00 06 71
E-Mail: krankenwohnung@caritas-berlin.de
Spenden
Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE31 1002 0500 0003 2135 00
Verwendungszweck: Krankenwohnung