Haushaltshilfen legal beschäftigen
Für die Arbeit dieser Frauen in Deutschland müssen die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen und Mindeststandards eingehalten werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Arbeitskraft direkt beim Pflegehaushalt angestellt ist oder von einer Agentur entsandt wird. Rechtlich vorgeschrieben ist eine regelmäßige tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden, die Einhaltung einer täglichen Mindestruhezeit von elf Stunden und ein freier Tag pro Woche sowie bezahlter Urlaub. Für die Bezahlung hat das Bundesarbeitsgericht im Juni 2021 in einem Urteil festgestellt, dass der Mindestlohn gezahlt werden muss - und zwar für die tatsächlich geleisteten Stunden, auch wenn im Arbeitsvertrag weniger vorgesehen sind. Zur Arbeitszeit zählen dabei auch die Zeiten, die die Arbeitskraft im Haushalt verbringen muss, um jederzeit aktiv werden zu können, sobald die betreute Person das wünscht oder braucht. Arbeitsverhältnisse, die das nicht berücksichtigen, sind nicht legal.
Menschenhandel hat viele Formen – Arbeitsausbeutung im Privathaushalt
Die meisten der geschätzt 150.000 bis 800.000 mittel- und osteuropäischen Frauen, die in Deutschland als Haushaltshilfe arbeiten, können von solchen legalen Arbeitsbedingungen nur träumen. Für sie ist die Gefahr groß, in ausbeuterischen Verhältnissen beschäftigt zu werden. Denn es wird häufig ausgenutzt, dass sie die Sprache nur schlecht beherrschen, ihre Rechte nicht kennen oder im Heimatland in einer sehr prekären finanziellen Situation leben. Vielen Menschen in Deutschland ist dabei nicht bewusst, dass eine derartige Tätigkeit im Privathaushalt die Tatbestandsvoraussetzungen von Menschenhandel erfüllen kann. Das ist dann der Fall, wenn, wie in vielen dieser Settings, die Arbeitskraft zu ausbeuterischen Bedingungen beschäftigt wird, indem ihre wirtschaftlich prekäre Lage oder ihre ausländerspezifische Hilflosigkeit, die sich schon aus mangelhaften Deutschkenntnissen oder sozialer Isolation ergeben kann, ausgenutzt wird (§ 232 StGB).
FAQ: Arbeitsausbeutung in der häuslichen Betreuung erkennen
Menschenhandel schadet zuerst den Opfern. Doch Menschenhandel und Arbeitsausbeutung schaden auch der Gesellschaft, indem Menschen und ihre Tätigkeit entwertet werden. Bei der Betreuung von Pflegebedürftigen wird besonders deutlich, dass sich die Entwertung von Arbeit nicht von der Entwertung von Menschen trennen lässt. Die folgende FAQ ermöglichen es Angehörigen bei der Betreuung von Pflegebedürftigen in ihrem Haushalt (Live in care) eine Abgrenzung zwischen legaler Betreuung und Arbeitsausbeutung vorzunehmen.
Das kann nicht legal sein, denn die tägliche erlaubte Arbeitszeit darf in der Regel zehn Stunden nicht überschreiten. Außerdem hat jede Arbeitskraft Anspruch auf einen komplett freien Tag pro Woche. Ein regelmäßiger und deutlicher Verstoß gegen diese Vorgaben ist Ausbeutung.
Wenn nein, ist das illegal. Bei einer deutlichen Unterschreitung auch Ausbeutung.
Wenn nein: Sobald der Stundenlohn die Untergrenze des Mindestlohns pro tatsächlich gearbeiteter Stunde unterschreitet, ist das illegal. Bei einer deutlichen Unterschreitung auch Ausbeutung.
Wenn nein: Finger weg. Hier handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ausbeuterische Arbeitsverhältnisse.
Prüfen Sie, ob Sie wirklich eine Person suchen, die selbstständig über ihre Arbeitsinhalte und Ihre Arbeitszeit entscheidet. Das Risiko der illegalen Scheinselbständigkeit ist groß und kann für Sie erhebliche Nachzahlungen des Lohns und der Sozialversicherungsbeiträge bedeuten. Außerdem darf auch von Selbständigen nicht erwartet werden, dass sie rund um die Uhr deutlich unter dem Mindestlohn arbeiten. Das ist sittenwidrig und Ausbeutung.
FAQ: Empfehlungen für die Anstellung einer Haushaltshilfe
Wer selbst eine Haushaltshilfe beschäftigen will, hat einiges zu beachten. Hier einige Punkte zur Hilfestellung:
Anders als in einem Pflegeheim kann die Haushaltshilfe keine Rund-um-die-Uhr Versorgung erbringen. Zu den Zeiten, zu denen die Haushaltshilfe frei hat, muss die Betreuung des Pflegebedürftigen anders abgesichert werden. Daher ist es notwendig, dass Angehörige oder ein soziales Netzwerk vor Ort sind, die beispielsweise im Notfall Ansprechpartner für den Hausnotrufdienst sind, den Pflegebedürftigen an dem freien Sonntag der Haushaltshilfe betreuen oder an den freien Nachmittagen der Haushaltshilfe beim Pflegebedürftigen nach dem Rechten schauen. Verschaffen Sie sich einen Kostenüberblick und stellen die Finanzierung sicher. Wenn Sie selbst Arbeitgeber werden, müssen Sie neben dem Bruttogehalt auch den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung berücksichtigen. Es können auch weitere Kosten entstehen z.B. für Hausnotrufdienst.
Sie müssen eine angemessene Unterkunft oder Zimmer für die Haushaltshilfe bereitstellen. Darüber hinaus sollten Sie prüfen, ob ein Internetanschluss beantragt werden sollte. Zudem sollten Sie darüber nachdenken, einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen, der mindestens einmal die Woche eine fachgerechte Pflege sicherstellt. In manchen Fällen kann die Beauftragung eines Hausnotrufdienstes sinnvoll sein. Wenn Sie selbst Arbeitgeber werden, müssen Sie eine Betriebsnummer beantragen, die Hilfskraft zur Sozialversicherung bei der Krankenkasse und der gesetzlichen Unfallversicherung anmelden und, soweit gewünscht, die Betreuungskraft bei einer Berufshaftpflichtversicherung anmelden sowie klären, ob die Haushaltshilfe in der Haftpflichtversicherung des Pflegebedürftigen mitversichert ist.
In einigen Regionen Deutschlands bietet die Caritas in dem Modell „CariFair“ Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen und der ausländischen Arbeitskräfte an. Dafür arbeitet ein Caritasverband einer Region in Deutschland mit einem Partner-Caritasverband in einem der östlichen EU-Staaten zusammen und steht dem Pflegebedürftigen bei der Vermittlung der Haushaltshilfe und während des Einsatzes mit Rat und Tat beiseite. Zu Beginn des Einsatzes wird beispielsweise nach Absprache mit der Familie bzw. dem Pflegebedürftigen, der Koordinatorin und der Haushaltshilfe ein Wochen- bzw. Tagesplan erstellt. In dem Plan werden die Aufgaben und freien Zeiten der Haushaltshilfe beschrieben.
Fachlich ist es sinnvoll, wenn die Betreuung durch die Haushaltshilfe von einem ambulanten Pflegedienst - beispielsweise einmal wöchentlich - begleitet wird, um die Qualität sicherzustellen. Zudem kann die Caritas vor Ort den Pflegebedürftigen Kurzzeitpflege vermitteln, für die Zeit, in der die Haushaltshilfe ihren Urlaubsanspruch geltend macht. Oder Angebote der Tagespflege oder zum Hausnotrufdienst empfehlen.
Einige Caritasverbände und Dienste vermitteln im Rahmen des Projekts "CariFair“ geeignete Arbeitskräfte. Außerdem können Sie auch Anzeigen in Zeitungen oder digitalen Medien schalten.
Hintergrund: Wann spricht man von Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung?
Nach der strafrechtlichen Definition (§§ 232 ff. StGB) liegt Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung vor, wenn eine Person unter Ausnutzung einer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, durch eine Beschäftigung ausgebeutet werden soll. Eine solche ausbeuterische Beschäftigung liegt vor, wenn sie zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer_innen stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen. Das gilt erst recht, wenn die Arbeitsbedingungen so schlecht sind, dass aus der einheimischen Bevölkerung niemand die Tätigkeit aufnehmen würde – es also keine vergleichbaren Beschäftigten gibt. Menschenhandel ist, anders als oft angenommen wird, nicht unbedingt mit Menschenschmuggel und/oder illegalen Aufenthalt verbunden. Es sind deshalb nicht nur Ausländer_innen aus Nicht-EU-Staaten betroffen, sondern auch EU-Bürger_innen, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen.