Viele miteinander statt jeder für sich
Dampfender Kaffee und frische Brötchen stehen auf dem Tisch. So beginnt der Tag im Franziskushaus der Caritas in Bensheim. Doch das frühere Kloster lockt nicht nur wegen seines Cafés viele Menschen an. Silvia Schneider kommt zum Beispiel, weil sie sich für Wunsch-Großeltern interessiert. Ihre Familie ist aus beruflichen Gründen an die Bergstraße gezogen. Jetzt sucht sie Kontakte in der Gegend: "Ich wünsche mir eine ältere Frau für meine Mädchen: So eine Oma hat mehr Geduld beim Spielen und wäre auch für mich zum Reden schön."
Kontakte knüpfen und einander helfen
Vielen jungen Familien und älteren Menschen geht es ähnlich: Verwandte wohnen weit weg oder fehlen ganz. Der Bund fördert deshalb die Idee der Mehrgenerationenhäuser. Wie in einer Großfamilie sollen sich darin Menschen jeden Alters begegnen, austauschen und gegenseitig unterstützen. 500 solcher Häuser knüpfen in Deutschland am sozialen Netz ihrer Stadt.
Etwa für hoch betagte Kranke: Einmal die Woche besucht Helga Kubasta ehrenamtlich eine 97-Jährige. Sonst sieht die gehbehinderte Frau meist nur den Putz- und Mahlzeitendienst. "Entsprechend tränenreich sind die Abschiede", sagt Kubasta, "aber die Frau ist so lieb. Ich gehe gerne hin". Wie sie besser mit den Tränen umgehen kann, bespricht die Ehrenamtliche manchmal mit den anderen Leuten vom Besuchsdienst im Franziskushaus.
Keiner isst alleine
Gegen Mittag füllt es sich dort: Lehrer und Geschäftsleute kommen ebenso zum Essen wie ein Mann im abgetragenen Sakko. An den Tischen mischen sich die Leute und kommen oft ins Gespräch. Die einen gönnen sich einen Espresso dabei; andere hoffen auf einen Nachschlag. "Wer den braucht, bekommt ihn auch", verspricht Cornelia Tigges-Schwering, Koordinatorin im Mehrgenerationen-Haus. Die Besucher schätzen das etwas andere Café: Die Geschäftsleute sponsern ab und an eine Autorenlesung oder ein Konzert im Saal. Oder sie fragen nach Hilfen für Leute mit Burn-Out in ihrem Betrieb - die Caritas hat alle Beratungsstellen im Haus.
Nach dem Essen wird es ruhiger. Die Senioren gehen zum Computer-Kurs, Kinder zum Judo in die Turnhalle. Im Café setzen sich acht Frauen zum Spielen hin; die älteste ist 90, die jüngste 60 Jahre alt. Bald wird eifrig geknobelt und flott gelegt. Da spähen Lina und Nadja ins Café. Die Mädchen kommen aus Afghanistan, wohnen in der Nachbarschaft und spielen auch gerne, etwa Maulwurf-Company. Zwei Frauen haben Lust auf das Brettspiel und machen mit. "Du bist dran", "so darfst Du nicht ziehen", "jetzt ich": Schnell geht es laut und fröhlich zu. Wer wie alt ist, spielt da keine Rolle mehr.
- Informationen und Adressen von Mehrgenerationenhäuser