Neuankömmlinge können sich sagen: Unser Leid hat jetzt ein Ende
Das Ehrenamt geschieht in Mentoring-Gruppen, die Wohnraum bereitstellen und bei Aufgaben des täglichen Lebens unterstützen.
Herr Alhusaini, vor wenigen Jahren sind Sie nach Deutschland gekommen. Wie war der Start hier für Sie?
Der Start in Deutschland war schwierig. Alles war fremd - fremdes Land, fremde Sprache, fremde Gesichter. Als ich in Deutschland ankam, erinnere ich mich, dass ich mit dem Zug zu einem Freund fahren wollte. Aber nur ein Ticket zu kaufen, hat schon ein paar Stunden gedauert. Ich hatte Glück, auf Personen zu treffen, die Englisch sprachen und hilfsbereit waren. Nach vielen Nachfragen fand ich die beschriebene Flüchtlingsunterkunft, und vor Ort wurde mir erklärt, was die nächsten Schritte sind, um Asyl zu beantragen. Im Laufe der Zeit habe ich Deutsche getroffen, die ehrenamtlich in der Flüchtlingsunterkunft tätig sind und Geflüchtete beraten und beim Deutschlernen unterstützen.
Mittlerweile sind Sie in einer NesT-Mentoring-Gruppe aktiv und unterstützen Menschen, die aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Wie kamen Sie zum Entschluss, ehrenamtlich aktiv zu werden?
Ich komme aus einem Land, in dem eine schwierige Situation herrscht. Das bedeutet, ich weiß genau, wie schwer es ist, in solchen Ländern zu leben. Außerdem hatte ich einen besonders schweren Anfang in Deutschland erlebt und daher immer die Motivation, anderen zu helfen. Deswegen war meine Antwort sofort "ja", als eine Freundin mich fragte, ob ich an der Mentoring-Gruppe teilnehmen will.
Wen begleiten Sie in Ihrer Mentoring-Gruppe - wie reagieren die eingereisten Personen auf die Unterstützung?
Mit unserer Mentoring-Gruppe unterstützen wir seit Anfang des Jahres eine Familie, die sich zuvor in einem Flüchtlingslager des UNHCR im Norden Kenias befand. Die Familie reagiert sehr positiv auf die Unterstützung. Sie freut sich immer auf die Besuche und auf die Angebote, die wir für sie finden, wie zum Beispiel Freizeitaktivitäten. Sie zeigen auch Kraft und Mut beim Lernen der Sprache und beim Verstehen der neuen Gesellschaft. Die Kinder gehen schon zur Kita und zur Schule. Ich bin beeindruckt von dem, was sie in dieser kurzen Zeit geschafft haben. Ich glaube, das ist auch ein Zeichen, dass wir als Mentoren-Gruppe auf dem richtigen Weg sind beim Begleiten der Familie.
Wie kann ich mir Ihr Engagement bei NesT vorstellen? Was ist für Sie das Besondere an NesT?
Als NesT-Mentor hat man keine bestimmten dauerhaften Aufgaben. Sie sind immer unterschiedlich. Bevor die Familie, die wir betreuen, ankam, gab es andere Aufgaben als jetzt. Wir haben zum Beispiel die Wohnung eingerichtet, und jeder von uns hat eine Aufgabe übernommen, die zu seinen Stärken passt. Ich habe geholfen, die Möbel und die Sachen in die Wohnung zu bringen, und auch beim Montieren. Die Familie spricht meine Muttersprache, daher erkläre ich manche Sachen, wenn es in Englisch nicht möglich ist. Außerdem wohnt die Familie in meiner Nachbarschaft. Sollte etwas sein, bin ich da, um zu helfen. Ich glaube, dass die Vielfalt in unserer Gruppe sowie die gelebte Toleranz Stärken sind, die unsere Gruppe großartig und erfolgreich machen. Das Ziel unserer Gruppe ist, dass die Familie gut in Deutschland zurechtkommt und sich wohlfühlt. Das Besondere an NesT ist für mich, dass für die Personen, die in Deutschland ankommen, kein neues Leid beginnt. Sie fahren sofort vom Flughafen "nach Hause", haben eine bezugsfertige Wohnung und können sich sagen: "Unser Leid hat jetzt ein Ende." Das ist für mich das schönste Gefühl, das wir ihnen geben können.
Welche Aspekte Ihrer Tätigkeit würden Sie als herausfordernd beschreiben - welche Aspekte als besonders schön?
Es gibt verschiedene Schwierigkeiten für uns als Mentoren. Für mich besteht eine Schwierigkeit in der zeitlichen Verfügbarkeit. Ich bin im Moment Student und gleichzeitig Vater von zwei Kindern. Deswegen ist meine Zeit ein bisschen knapp. Ein anderer Aspekt ist, dass ich selbst Ausländer und erst seit ein paar Jahren in Deutschland bin. Daher finde ich es manchmal schwierig, mit den organisatorischen Angelegenheiten umzugehen. Aber dafür ist die Gruppe da - wir unterstützen nicht nur die Familie, sondern wir unterstützen uns auch gegenseitig. Der schönste Aspekt ist meiner Meinung nach, wenn wir sehen können, wie die Familie ein neues Leben anfängt. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Möglichkeiten jetzt für sie verfügbar sind, und dass die Kinder eine normale Kindheit und später hoffentlich eine gute Zukunft haben können.
Was ist Ihnen selbst in Ihrem Engagement wichtig?
Es ist mir wichtig, dass die aufgenommenen Personen nicht dieselben Erfahrungen machen müssen, die ich in meiner Anfangszeit hier durchmachen musste. Zudem möchte ich zeigen und beweisen, dass wir als Ausländer:innen, die nach Deutschland als Flüchtlinge oder auf anderen Wegen gekommen sind, aktiv und hilfsbereit sein können. Durch mein Engagement will ich zeigen, dass wir nicht nur von der Gesellschafft nehmen, sondern ein aktiver Teil von ihr sind. Und ich hoffe, dass mein Weg ein Ansporn für andere sein kann, sich zu engagieren, damit mehr Personen unterstützt werden können. Denn je mehr Menschen sich in solchen Programmen engagieren, desto mehr Personen, die wirklich Hilfe brauchen, kann geholfen werden. Ich wünsche mir, dass das NesT-Programm sich stärker verbreitet und erweitert, damit noch mehr Leute es kennenlernen, denn es kann einen großen Unterschied im Leben vieler machen!
Sie wollen sich engagieren oder sich weiter über NesT informieren, dann besuchen Sie bitte: https://www.neustartimteam.de/.