„Beratungs-Know-how der Caritas ist unerlässlich”
Ein Anker symbolisiert Halt und Sicherheit. Wie viel davon haben Ankereinrichtungen?
Ankereinrichtungen haben in der Form überhaupt nichts mit einem Anker zu tun. Der Begriff "AnkER" ist die Abkürzung für Ankunft, Entscheidung und Rückführung. Damit ist der Fokus klar: In den Einrichtungen soll möglichst schnell geklärt werden, wie geflüchtete Menschen wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt werden können.
Wie war Ihr persönlicher Eindruck?
Alle Beteiligten vor Ort bemühen sich, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, das Bestmögliche zu erreichen. Aber das Bestmögliche ist in diesem Fall grenzwertig. Besonders, wenn man an den gesellschaftlichen Wohlstand und die humanitären Werte Deutschlands denkt.
Hatten Sie Gelegenheit, mit geflüchteten Bewohnerinnen und Bewohnern ins Gespräch zu kommen?
Ich konnte mit zwei jungen Familien und einer alleinerziehenden Mutter sprechen. Unisono klagten sie über die mangelnde Privatsphäre. Die gibt es dort aufgrund des baulichen Zustands kaum. Zudem klagten die Menschen über die Verpflegung. Denn in den Einrichtungen gilt das Sachleistungsprinzip: Damit haben die Bewohnerinnen und Bewohner nicht die Möglichkeit, selber zu kochen. Sie sind auf das Essen angewiesen, das ihnen ausgeteilt wird. Das ist vor allem für die Versorgung von Babys ein riesiges Problem. Die Menschen, die ich getroffen habe, möchten etwas lernen, eine Ausbildung beginnen und einen Job aufnehmen. Das können sie aber aufgrund ihrer unklaren Bleibeperspektive nicht. Das ist eine große psychische Belastung, die sich auch auf das gesundheitliche Befinden auswirkt.
Vor Ort gibt es eine Sozialberatung der Caritas. Was haben Ihnen die Mitarbeitenden berichtet?
Die Kolleginnen und Kollegen machen eine ausgesprochen gute und von einer hohen Wertschätzung getragene Arbeit. Besonders bei der Alltagsbewältigung der Menschen sind sie sehr stark gefragt. So unterstützen sie bei der Orientierung in den Einrichtungen und beim Umgang mit den Behörden. Zudem setzen sie sich bei den Hausleitungen für Verbesserungen ein. Dieses Engagement und das Beratungs-Know-how der Caritas-Mitarbeitenden sind unerlässlich.
Was muss sich in den Ankereinrichtungen ändern?
Zum einen die räumlichen Bedingungen: die Sanitäreinrichtungen, die Privatsphäre und der Schutz schutzbedürftiger Gruppen wie Frauen und Kinder. Ein zweiter Punkt ist die Dauer der Verfahren: Zwei Jahre Aufenthalt und länger sind keine Seltenheit, zumindest für Menschen mit unklarer Bleibeperspektive. Allein die räumliche Präsenz aller Behörden in den Einrichtungen garantiert nicht automatisch die Zusammenarbeit. Drittens können viele der Kinder und Jugendlichen keine Regelschule oder Kita besuchen. Das muss sich dringend ändern.
Kann unter diesen Umständen Integration gelingen?
Die Ankereinrichtungen haben nicht den Auftrag, Menschen zu integrieren. Hinzu kommt, dass sich die Frage der Integration ganz anders stellt, wenn viele Menschen aus Ländern kommen, bei denen faktisch keine Bleibeperspektive gegeben ist. Dennoch verdienen die Menschen in den Ankereinrichtungen einen menschenwürdigen Umgang und Asylverfahren, die ihre Rechte ernst nehmen und sicherstellen. Das scheint mir nicht in allen Fällen gewährleistet zu sein.