Qualität sorgsam gestalten – Bundesrahmenhandbuch für stationäres Hospiz
Handlungsleitend bei der Erstellung dieses Bundesrahmenhandbuches (BRH) für die Qualitätsentwicklung stationärer Hospize war, den Kern der stationären Hospizarbeit, der alle Hospize verbindet, zu erfassen, die Ideen der Gründergeneration zu bewahren und stationären Hospizen eine Orientierung zu geben, mit welchen Inhalten sie sich bei der Bewahrung und Weiterentwicklung ihrer Qualität auseinandersetzen sollten.
Diese dem BRH vorangestellten leitenden Gedanken wurden in Zusammenarbeit mit einer Fokusgruppe formuliert und unter Beteiligung vieler Hospize im Rahmen der zur Entwicklung dieses Bundesrahmenhandbuches durchgeführten Dialog- und Hospizforen diskutiert und angepasst.
Das BRH baut auf die Inhalte und Anforderungen der Rahmenvereinbarung nach § 39a Abs. 1 SGB V auf und stellt darüber hinaus Themen dar, die für das Führen von Einrichtungen sinnvoll und nützlich sind.
Das BRH
- soll Werkzeug, Ideengeber und Leitfaden sein, sowie Orientierung bei der Erstellung und Weiterentwicklung eines individuellen Qualitätsmanagementsystems geben.
- formuliert Fragen und Anforderungen im Sinne von Empfehlungen, mit denen sich stationäre Hospize auseinandersetzen sollten. Antworten auf diese Fragen und Anforderungen können nur individuell von jedem stationären Hospiz gegeben werden.
- fordert stationäre Hospize durch Fragen auf, in Selbstreflexion zu überlegen, wie sie Qualitätsanforderungen derzeit umsetzen oder zukünftig umsetzen.
Das Bundesrahmenhandbuch – ein Rahmen, der auch zu kleinen Einrichtungen passt!
Bei der Erstellung des BRH wurde von Anfang an zwischen folgenden Fragen abgewogen: Was ist sinnvoll und nützlich, um stationäre Hospizarbeit darzustellen? Was ist wichtig für stationäre Hospize? Was ist von stationären Hospizen als kleine Einrichtungen leistbar?
Demzufolge wurde in vielen Teilkapiteln darauf verzichtet, schriftliche Regelungen zu fordern. Damit erhalten stationäre Hospize den größten möglichen Gestaltungsspielraum, ihr Qualitätsmanagementsystem individuell auszugestalten und selbst zu entscheiden, wie und in welcher Form sie Anforderung umsetzen, gestalten und nachweisen wollen.
Das Bundesrahmenhandbuch – ein Rahmen, der die hospizspezifische Qualität betont!
Die Bedürfnisorientierung ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal der stationären Hospiz-arbeit: Hospizgäste stehen mit ihrem subjektiven Erleben - zusammen mit ihren Zugehörigen - im Mittelpunkt des Handelns. Als kleine Einrichtungen mit personalintensiver Ausstattung sollten stationäre Hospize in der Lage sein, diesem Anspruch gerecht werden.
Die Haltung, mit der Mitarbeiter_innen und Ehrenamtliche den Hospizgästen begegnen, und der Aufbau sowie die Gestaltung tragfähiger Beziehungen sind wesentliche Bausteine zur Umsetzung dieses Anspruchs. Viele Momente in der Begegnung mit schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Zugehörigen sind im Hospizalltag weder vorhersehbar noch planbar. Sie bedürfen einer situativen, empathischen Handlungskompetenz der Mitarbeiter_innen. Die Wirkung und Sinnhaftigkeit dieser bedürfnisorientierten Handlungen sollten darum nicht nur im Nachhinein sondern kontinuierlich und im Kontext des jeweiligen Moments reflektiert bzw. evaluiert werden.
Ein hospizspezifisches Qualitätsmanagementsystem muss dies berücksichtigen. Viele Teilprozesse und Abläufe können nicht linear geplant und gesteuert werden, sondern müssen aus dem Moment heraus gestaltet werden. Daher sollte das Qualitätsmanagementsystem einen Gestaltungs- und Orientierungsrahmen bieten, der Handlungsspielräume für die einzelnen Mitarbeiter_innen eröffnet und ihre situative Handlungskompetenz fördert und stärkt.
Das Bundesrahmenhandbuch – ein Rahmen, der die gemeinsame Arbeit organisiert, fokussiert und präzisiert!
Ein gutes Qualitätsmanagementsystem stellt kurz, knapp und präzise dar, welche Eigenschaften und Abläufe das individuelle stationäre Hospiz auszeichnen und wie es "tickt". Damit ist es ein Instrument, das stationäre Hospiz systematisch zu leiten und zu lenken. Es ist sozusagen das kondensierte gemeinsame Verständnis, welche Dinge wichtig sind und wie die Arbeit erledigt werden soll.
Aus diesem Grund sollte das einrichtungsindividuelle Qualitätsmanagementsystem gemeinsam mit dem Team in einem lebendigen Prozess entwickelt werden. Die gemeinsame Bearbeitung der Themen dient dazu, die der Hospizarbeit zugrunde liegenden Werte und Haltungen im Team zu reflektieren, ein gemeinsames Verständnis für die eigene Arbeit zu entwickeln und die Strukturen und Abläufe nicht nur praxistauglich sondern auch im Sinne der Hospizidee zu gestalten und zu überprüfen.
Das Qualitätshandbuch des einzelnen Hospizes ist das Ergebnis dieses sich immer wiederholenden Prozesses. Es dient als "Gedächtnis" der Einrichtung, kann zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter_innen und Ehrenamtlichen genutzt werden und unterstützt dabei, die selbst definierte Qualität in die Praxis umzusetzen.
Das Bundesrahmenhandbuch mit dem Titel "QUALITÄT SORGSAM GESTALTEN" wurde in einem dreijährigen Prozess in einer Arbeitsgruppe durch die drei maßgeblichen Spitzenverbände der Hospizarbeit (Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Hospiz- & PalliativVerband e.V. und Diakonie Deutschland, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.) gemeinsam erarbeitet.
Die drei Spitzenverbände präsentieren das Bundesrahmenhandbuch am 28.02.2020 in Berlin der Öffentlichkeit und machen es im Anschluss allen stationären Hospizen für die weitere Arbeit verfügbar. Sie finden es unten zum Download.