Die Genitalbeschneidung an Mädchen und Frauen (FGM_C)
Eine Praktik, zwei Begriffe
Die englischen Fachbegriffe Female Genital Mutilation (FGM) und Female Genital Cutting (FGC) werden oft als weibliche Genitalverstümmelung beziehungsweise Genitalbeschneidung übersetzt. Zutreffender ist es, von Verstümmelung/Beschneidung weiblicher Genitalien zu sprechen. Ob man von Genitalverstümmelung oder -beschneidung spricht, wird international kontrovers diskutiert. Die Bezeichnung Genitalverstümmelung (FGM) wurde von Aktivistinnen und Aktivisten geprägt, um auf die Tragweite des Eingriffs aufmerksam zu machen. Viele Betroffene lehnen diese Begriffsverwendung jedoch ab. Sie fühlen sich vom Bild der "verstümmelten Frau" stigmatisiert und bevorzugen deswegen die neutralere Bezeichnung Beschneidung.
Was sich hinter dem Begriff FGM_C versteckt, fasst die Weltgesundheitsorganisation wie folgt zusammen: FGM_C umfasst alle Praktiken, bei welchen die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht medizinischen Gründen teilweise oder vollständig entfernt beziehungsweise verletzt werden. Bei FGM_C handelt es sich um eine schwere Menschenrechtsverletzung, da sie gegen das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit der Betroffenen verstößt.
In Deutschland (k)ein Thema
Die Beschneidung weiblicher Genitalien wird oft in Verbindung mit afrikanischen Ländern gebracht. Es gibt zwar viele Länder in Afrika, in denen manche Volksgruppen die Praktik durchführen. Schaut man auf Karten, in denen die betroffenen Länder markiert sind, erkennt man einen Gürtel von den im Westen liegenden Staaten Mauretanien, Gambia und Guinea-Bissau bis an die Ostküste befindlichen Länder Ägypthen, Sudan und Somali. Trotz dessen lässt sich die Praktik der Beschneidung nicht mithilfe von Ländergrenzen lokalisieren und auch nicht durch religiöse Zugehörigkeit. So wird sie im vorwiegend christlich geprägten Äthiopien und ebenfalls im überwiegend muslimischen Indonesien durchgeführt. Vielmehr kommt es auf die jeweiligen Gesellschaften, Dorfstrukturen oder Stammesriten an. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit bis zu 200 Millionen Mädchen und Frauen davon betroffen.
Doch auch in Deutschland spielt das Thema eine zunehmend größere Rolle. Warum? Ein Grund für die stärkere Beachtung des Themas ist die Tatsache, dass die Zahl betroffener Frauen und Mädchen in Deutschland vor dem Hintergrund von Flucht und Migration gestiegen ist. So ist die Zuwanderung von Betroffenen aus Ländern, in denen die weibliche Genitalbeschneidung besonders verbreitet ist von Ende 2014 bis Mitte 2016 um 40 Prozent gestiegen. Damit lag die Zahl der in Deutschland lebenden Frauen, die Opfer von FGM_C geworden sind, im Jahr 2016 bei knapp 50.000. Nach Schätzungen waren bis zu 5.700 Mädchen, die in Deutschland leben, davon bedroht.
Was kann man als Berater_in tun?
Wenn sich betroffene Frauen und Mädchen – oft aus anderen Gründen – an Beratungsstellen wenden, kann es zu großen Unsicherheiten aufseiten der Fachkräfte kommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Fachkraft der Schwangerschaftsberatung, Asylverfahrensberatung oder Flüchtlingssozialarbeit handelt oder aber um Fachkräfte der Kindertageseinrichtungen oder Schulsozialarbeit. Weibliche Genitalverstümmelung beziehungsweise -beschneidung kann in jedem Fachbereich schnell zum Thema werden. Doch wie kann ich als Fachperson wissen, wie und ob ich das Thema FGM_C ansprechen soll? Wie kann ich als pädagogische Fachkraft die Gefährdungslage eines Mädchens richtig einschätzen, wie mit den Eltern darüber sprechen? Welche Präventionsangebote sind möglich und wie kann ich die Betroffenen am besten erreichen? Einige Antworten haben wir für Sie im folgenden Video und einem Podcast zusammengestellt.
Außerdem beziehen Expertinnen in den hier bereitgestellten Videos Position zum Thema, geben Empfehlungen und führen in bestimmte Sachverhalte ein. So gibt Anna Lena Götsche Einblicke in die Bedeutung von der weiblichen Genitalbeschneidung innerhalb des Asylverfahrens.